Donnerstag, 29. Januar 2009

Und ewig grüßt die Talsohle

Zum erneuten Male wird die Talsohle begrüßt. Angeblich, wieder einmal, ist sie jetzt endlich in Sicht. "Die deutsche Wirtschaft könnte sich bereits im Sommer stabilisieren," zitiert Die Zeit den Ökonom Michael Hüther. Na Gott sei dank, das sind ja keine fünf Monate mehr, und ich habe schon gedacht wir hätten ein Problem. So einfach ist das also.

Im gleichen Artikel wird der angebliche Grund, die US-Immobilienblase, als Verursacher ausgemacht. "Wo ist das ganze Geld geblieben?" ist dieser Abschnitt tituliert. Nun, leider ist es ja nicht weg, es wird lediglich hin- und her geschoben. Wäre es wirklich weg, so hätten wir, als Steuerzahler, gar kein nennenswertes Problem. Das Problem hätten dann andere, die vielleicht den einen oder anderen Privatjet veräußern müssten, um ihre Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen.

Es wird, auch unter einem Teil der Ökonomen, immer noch nicht realisiert, dass wir nicht nur eine Finanzkrise, sondern eine echte Systemkrise haben. Die Immobilienblase ist nur ein Symptom, aber bei Leibe nicht die tiefere Ursache: nämlich die exponentiell angewachsenen Bankenaktiva, die das viel zu kleine BIP längst weit hinter sich gelassen haben.

Schauen wir uns dazu einmal die tatsächliche Lage und deren Entwicklung seit der Nachkriegszeit an. Zunächst einmal die Entwicklung des Zuwachs des Bruttoinlandprodukts, ergo Wirtschaftswachstum (1951-2004):

Das stagniert längst im langfristigen Mittel, die Steigerungsraten nähern sich alternierend der Nulllinie. Lediglich kleinere Auf- und Abschwünge führen zu Abweichungen vom langfristigen Trend, die uns jeweils als Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Regierung verkauft werden. In Wirklichkeit liegt längst eine Sättigung vor.

Und nun zur Staatsverschuldung (1960-2006):

Diese nimmt dagegen stetig zu, fast schon exponentiell. Von einem relevanten Schuldenabbau darf man träumen, er ist aber de facto völlig unrealistisch. Schon eine Eindämmung der Neuverschuldung wäre ein Erfolg, aber selbst das hat sich immer nur als eine fata morgana erwiesen.

Und nun die eigentliche Crux, die Aktiva der gesamten deutschen Kreditwirtschaft (1950 bis August 2008):

Diese wächst tatsächlich nach einem exponentiellen Gesetz. Die Graphik endet im August bei 7800 Mrd., im Oktober 2008 erreichte sie bereits unglaubliche 8093 Mrd. Euro, im November 2008 sank sie zum ersten mal geringfügig auf 8045 Mrd. Euro (Stand letzte Daten der Bundesbank).

Das Problem wird ganz deutlich, wenn man die Entwicklung auf das jeweilige BIP normiert (1950 grün, 1970 gelb, 2008 rot) darstellt:

Es sind diese Verhältniszahlen, die die dahinter steckende Systemkrise beschreiben: War 1950 die Welt noch in Ordnung, und selbst in 1970 war sie es noch, so ist sie Ende 2008 völlig aus den Fugen geraten. Die unglaublich fahrlässige Finanzpolitik Georg Bushs hat diese gravierende Schieflage deutlich beschleunigt, aber Sie ist keineswegs die alleinige Ursache. Die Ursache ist prinzipieller Natur und wiederholt sich regelmäßig mit der Alterung einer Gesellschaft.

Die kaum zu stemmende Problemlösung besteht nun darin, diese Verhältniszahlen wieder auf die Uhr von 1950, oder wenigstens von 1970, zurückzustellen. Die wichtigste Verhältniszahl Aktiva/BIP war in 1970 nur 0,4 und ist in 2008 auf 3,3 geklettert. Nur wenn man das zurück gedreht bekommt, haben wir eine langfristige Chance.

Denn Geld ist nichts anderes als Gutscheine auf BIP. Allein das BIP übernimmt nach Abkehr vom Goldstandard die Deckung. Und diese Deckung nimmt immer rapider ab. Im Klartext: Diese Luftmilliarden müssen weitgehend ersatzlos gestrichen werden. Alles andere ist bestenfalls Zeitgewinn bis zur fälligen Währungsreform.

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