Donnerstag, 26. Februar 2009

Barbarische Kritik: Thierse-Rücktritt gefordert.


Der Berliner Anwaltsverein fordert den Rücktritt von Bundestagsvizepräsident Thierse. Dieser hatte es riskiert, das aktuelle Emmely-Urteil als "barbarisch" anzuprangern.

Nun, war es das tatsächlich? Aus rein juristischer Sicht sicherlich nicht, denn nach Gesetzeslage konnte das Gericht in der Sache garnicht anders entscheiden. Es handelt sich nämlich um Arbeitsrecht und eben nicht Strafrecht. Und da kommt es nicht auf den Wert eines Gutes an, ja noch nicht einmal darauf, ob überhaupt etwas unterschlagen wurde. Es reicht für die fristlose Kündigung alleine der begründete Verdacht des Unternehmens.

So begründet das Arbeitsgericht Berlin: "Das oft gebrauchte Argument der „Unschuldsvermutung“ greife hier im Übrigen nicht; es gehe nicht um eine Verurteilung aufgrund des Strafrechts, vielmehr werde das (arbeitsrechtliche) Kündigungsrecht vom „Prognoseprinzip“ beherrscht, das danach frage, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts dringender Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Straftat des Arbeitnehmers noch zumutbar sei oder nicht. .....Zu ihren Lasten allerdings sei ins Gewicht gefallen, dass sie als Kassiererin unbedingte Zuverlässigkeit und absolute Korrektheit zeigen müsse. Der ihr obliegende Umgang mit Geld, Bons etc. setze absolute Ehrlichkeit voraus, der Arbeitgeber müsse sich bei einer Kassiererin auf diese unabdingbaren Voraussetzungen verlassen können.... Durch eine entsprechende Tatbegehung einer Kassiererin entstehe ein irreparabler Vertrauensverlust. Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass gerade dieser Vertrauensverlust gegenüber der als Kassiererin beschäftigten Klägerin, nicht aber der Wert der Sache (1,30 €) maßgeblicher Kündigungsgrund sei...."

Das Problem taucht erst beim Blick über den Tellerrand des Gerichtsaals auf: Denn dieses, nicht gerade Arbeitnehmer freundliche Gesetz, findet ja gerade nur Anwendung auf wirklich kleine Fische. So etwa schon im berühmten "Bienenstich-Urteil" von 1984. Da hatte eine Bäckereiverkäuferin nach Feierabend heisshungrig einen übrig gebliebenen Bienenstich verschlungen. Der wäre zwar am nächsten Arbeitstag nur noch für die Tonne gewesen, oder vielleicht hätte der Bäcker in auch gerne selbst einverleibt, jedoch das Gericht entschied hart: Der Bäcker durfte seine Mitarbeiterin fristlos feuern wegen dieser verderbten Tat an fast verderbtem Eigentum.

Wie sieht es nun jenseits, und oberhalb, des Tellerrandes aus? Da gibt es Banker und Vorstände von Landesbanken oder privaten Geldhäusern, die Milliardensummen auf Kosten des Steuerzahlers verbrennen. Und als wäre das nicht schon genug, zahlt man sich trotzdem Millionenboni aus, finanziert ebenfalls vom Steuerzahler, der gerade selbige Banken vor dem Bankrott retten musste. Die Verantwortlichen könnte man auf Grund des gleichen Gesetzes ebenfalls fristlos, und ohne Boni, feuern. Aber da ist ja gar kein Arbeitgeber, der genau das einfordern würde. Im Gegenteil, es sind genau diese Leute die für sich natürlich eine Unschuldsvermutung geltend machen, so als ob ihr Verhalten keine Zweifel an "unbedingter Zuverlässigkeit und absoluter Korrektheit" in Geldangelegenheiten aufkommen liesse. Entstand hier etwa kein "irreparabler Vertrauensverlust"?

Nun, wo kein Kläger, da kein Richter. Thierse sagte der Berliner Zeitung: "Das ist ein barbarisches Urteil von asozialer Qualität." Dass eine Angestellte nach 31 Jahren wegen einer Nichtigkeit in die Arbeitslosigkeit gestoßen werde, verletze das Gerechtigkeitsempfinden. Das Gericht hätte durchaus anders entscheiden und ihre langjährige Arbeit berücksichtigen können.". Und da hat er im Prinzip recht.

Zwar wäre das Gericht um eine Anerkennung der Kündigung nicht herumgekommen, aber es hätte ohne weiteres auf diese soziale Schieflage des Gesetzes, und insbesondere seiner hochaktuellen ungleichen Anwendung hinweisen können. Es hätte ihm klar sein müssen, dass das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung empfindlich gestört wird. Und es hätte, statt eine Berufung beim Bundesarbeitsgericht abzulehnen, gerade dort eine Überprüfung dieser unsozialen Merkwürdigkeiten anregen können.

Der Ausdruck "barbarisch" bzw. "Barbar" stammt aus dem griechischen und bezeichnete ursprünglich diejenigen, die kein oder schlecht Griechisch sprachen. Es bedeutet soviel wie der "Stammler" bzw. stammeln, lallen. Für die Römer waren Barbaren die Völker, die nicht über die gehobene Kulturstufe Roms verfügten. Es waren die Völker jenseits des römischen Tellerrandes. Im modernen Sprachgebrauch wird der Begriff abfällig in der Bedeutung „unzivilisierte, ungebildete Menschen“ verwendet.

Dienstag, 24. Februar 2009

Absurdistan in BRD: Das Emmely-Exempel


Endlich mal ein Exempel (Der Spiegel: Gericht bestätigt Kündigung wegen 1,30 Euro) statuierte ein deutsches Gericht jetzt wegen Unterschlagung von Wirtschaftsgütern. „Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die 50-jährige Berliner Kassiererin Barbara E., genannt "Emmely", Pfandbons im Wert von 1,30 Euro in betrügerischer Absicht verwendete.“ Als wären die Billionen der letzten Monate nicht genug, erdreistete sich also Emmely doch tatsächlich, Pfandgutscheine in Höhe von 1,30 Euro zu unterschlagen.

Da wurde es für eine Machtwort höchste Zeit. Das wird auch bei der Macht- und Geldelite unserer Republik für Unruhe sorgen. Keiner kann sich nun mehr sicher sein, dass ein Diebstahl von Bruttoinlandsprodukt ungesühnt bleibt.

„Die Arbeitgeber warfen ihr vor, zwei Kundenpfandbons im Wert von 48 und 82 Cent nicht korrekt abgerechnet zu haben. Alle Besitzerwechsel eingerechnet arbeitete die Frau 31 Jahre lang in dem Unternehmen.“. Ja, da kann auch Herr A. von der D.B. nicht mehr ruhig schlafen, die Härte des Gesetzes sitzt ab sofort ihm und seinesgleichen unerbittlich im Nacken, „Emmely“ war sicher nur der Anfang.

„Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass der Vertrauensverlust durch die Einlösung der Pfandbons der maßgebliche Kündigungsgrund sei, nicht aber der Wert der Sache in Höhe von 1,30 Euro. Die sonst in Strafverfahren gültige Unschuldsvermutung greife hier nicht.“. Da müssen auch die Vorstände der deutschen Kreditinstitute zittern, denn es ist klar wohin dieses Exempel zielen soll. Hier wird mit der moralischen Verkommenheit der New-Ökonomie abgerechnet, dass ist unübersehbar.

„Im Herbst 2007 organisierte sie [Emmely] als Gewerkschaftsmitglied in ihrer Filiale in Berlin einen Mitarbeiterstreik gegen die Streichung von Schichtzulagen. Die Frau sieht einen Zusammenhang von diesem Streik und dem wenige Wochen später erfolgten Vorwurf, sie habe die beiden Pfandbons vor den Augen einer Kollegin falsch abgerechnet.“ Ja, auch solche dreisten Schutzbehauptungen können in Zukunft Niemanden mehr vor dem Zugriff der Gerechtigkeit schützen. In den nächsten Monaten ist ohne Zweifel mit Massenverhaftungen in den deutschen Chef-Etagen der Finanz-, Wirtschaft- und Politikwelt zu rechnen. Wenn das jetzt mal keinen Massenexodus provoziert?

Freitag, 20. Februar 2009

Die Mutter aller Blasen: Warum diese Krise keine normale Blase ist.

Vor gut einer Woche sah ich bei Kerner ein Interview mit den beiden Wirtschaftsprofessoren Rürup und Homburg. Beide vertraten recht gegensätzliche Ansichten zur Bewältigung der momentanen Krise.
Rürup, immerhin einflussreicher Berater der Bundesregierung, vertrat die bekannte Ansicht: Es sei eine außergewöhnliche Krise und der Staat müsse jetzt sehr viel Geld in die Hand nehmen und die Banken um fast jeden Preis zu stützen. Homburg dagegen meinte, es gebe eigentlich gar keine Krise, jedenfalls keine außergewöhnliche. Genau wie bei anderen Blasen solle man die Beteiligten pleite gehen lassen, um dann mit einem bereinigten Markt wieder gut wirtschaften zu können.

Nun, Homburg steht mit seiner Meinung leider auf recht verlorenem Posten. So werden jetzt, nicht zuletzt Dank beratender Wirtschaftsweiser wie etwa Rürup, die Staatsschulden in immer brisantere Rekordstände getrieben und gleichzeitig die Bankenaktiva hochgehalten. Das BIP kümmerts derweil wenig, wir stürzen trotzdem weiter ab. Gleichzeitig kommt der Euro mächtig unter Druck, und die Übernahme einer Euro-Land Pleite durch die BRD droht auch schon im Hintergrund. Andererseits schien aber auch Homburg nicht ganz den Kern des Problems gesehen zu haben: Denn er vermittelte mir den Eindruck, man könne diese Blase genauso aussitzen wie all die anderen Bläschen und Blasen der letzten Jahre.

Das dieses aber jetzt sicher nicht mehr der Fall ist, dass möchte ich an den folgenden Grafiken veranschaulichen. Zunächts einmal die tatsächlichen Zahlen der statistischen Bundesämter zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Banken Aktiva (Kredite/Derivate) und Passiva(Vermögen) gleicher Höhe.

Die Grafik zeigt die Entwicklung von 1950 bis Oktober 2008. Die obere rote Linie sind die Bankenaktiva/passiva, die untere dunkelblaue Linie das BIP. Alle Werte sind in 5-Jahresschritten geplottet, letztere 2005-2008 ist ein 3-Jahreschritt. (Das glättet die Kurven etwas und bei den Wachstumsraten führt dies zu den Summenwerten der Jahresschritte statt der Werte eines einzelnen Jahres. Inhaltlich hat es keine Bedeutung.) Die hellblaue Linie ist das Wachstum der Aktiva und die gelbe Linie ganz unten das Wachstum des BIP im jeweils gleichen Zeitraum.

Wir sehen sofort: Die Entwicklung von BIP und Aktiva laufen etwa seit den 1970er Jahren rasant auseinander. Auch ist die Wachstumsrate des BIP weit geringer als die der Aktiva.

Im zweiten Bild sehen wir den gleichen Plot, jetzt aber in logarithmischer Darstellung, Das hat den Vorteil, dass man die Entwicklung über einen weiten Zeitraum hinweg deutlicher erkennen kann. Wie wir sehen, war das Wachstum der Aktiva schon seit den 1950er Jahren höher als das BIP-Wachstum. Allerdings war lange Zeit das jährliche BIP größer als die Summe der Aktiva! Erst ab etwa 1965 begannen letztere das jährliche BIP mehr und mehr zu überholen („Break Even“). Heute (Bezug 10/2008) betragen die hinter den Aktiva stehenden Vermögen etwa das 3,3 fache des BIP. Das bedeutet, damit könnte man theoretisch das ganze jährliche BIP und sämtliche noch nicht abgeschriebenen Werte vergangener BIPs, also praktisch die ganze BRD, aufkaufen.

Was man auch sieht, ist dass sich die Aktiva etwa wie eine Exponentialfunktion entwickeln, während das BIP langfristig nur etwa linear anwächst. In obiger Grafik werden daher BIP und Aktiva mit angepassten Idealfunktionen verglichen. Besonders auffällig: Die tatsächlichen Aktiva haben ab etwa dem Jahr 2000 einen deutlichen Einbruch („Break 2000“). Zwar wachsen sie immer noch weit stärker als das BIP, bleiben aber hinter der exponentiellen Erwartung, die nach dem normalen Zinseszinsgesetz zu erwarten wäre, zurück.

Das zeigt sich auch bei der genaueren Betrachtung der Wachstumsraten. In obiger Grafik sehen wir ganz oben das nominelle Wachstum der Aktiva (hellrot in Mrd. Euro) und das nominelle Wachstum des BIP (grün in Mrd. Euro). Interessant ist der Vergleich mit den jeweils neuen Zinsforderungen, die sich allein aus den Steigerungsbeträgen der Aktiva ergeben. Diese Erreichen nämlich um das Jahr 2000 („Break 2000“) herum die gleiche Größenordnung wie das vollständige Wachstum des BIP. Hierbei wurde eine jährliche Zins von nur 7,5 % für diese Mischung aus Krediten aller Art und Derivaten angesetzt.

Was dies bedeutet ist simpel: Etwa ab der Jahrtausendgrenze übersteigen allein die Zinsforderungen aus dem Zuwachs(!) der Aktiva den gesamten noch möglichen Zuwachs aus BIP. Was dies für den Durchschnittsbürger bedeutet, hat man in den fetten Aufschwungsjahren nach 2000 gut sehen können: Der Aufschwung kam nicht mehr beim Arbeiter und Angestellten an. Und das trotz aller Verzichte und Rücknahme von Sozialleistungen. Denn ab dem Break 2000 streiten sich Vermögen und Schaffende um den Zuwachs aus dem BIP. Da die Banken aber definitiv am längeren Hebel sitzen, kam der Aufschwung nicht mehr unten an, weil er über Finanztricks aller Art abgeschöpft wurde.

Mathematisch sieht man den Effekt auch daran, dass sich die Aktiva früher praktisch unabhängig vom BIP extrem nach oben entwickelten. Seit dem Break 2000 ist die Entwicklung aber ganz deutlich aneinander gekoppelt, denn Aktiva/Passiva zanken sich mit den Schaffenden um den erwirtschafteten BIP-Zuwachs.

Letzte Grafik zeigt die allgemeine Belastung des BIP (grün) durch Zinsforderungen aus Vermögen (blau) gegen das BIP. Diese stiegen prozentual (rote Linie) von nur 4 % in 1950, auf etwa 10% in 1965 und auf zuletzt rund 33 % (bei Annahme einer durchschnittlichen Zinserwartung von 10% aus Krediten und Derivaten) in 2008 an. Dies bedeutet, dass inzwischen von jedem verdienten Euro über Steuern, Abgaben, Krediten, Derivatkosten (z.B. Massenentlassungen zur Steigerung des Aktienwertes, An- und Verkauf und Zerschlagung von Firmen etc.pp.) mehr als 30 Cent auf die Konten der Vermögenden transferiert werden.


Nun, das historisch immer wiederkehrende Problem ist, das Vermögen/Kredite bei BIP/Aktiva-Verhältnissen nicht wesentlich größer als 1 bis 2 durchaus gutes bewirken. Steigt das Verhältnis aber weiter an, was es wegen der Zinseszinsentwicklung immer tut, so erreicht man sehr bald eine Größenordnung, die das BIP zunehmend erdrückt. Der Ausweg aus diesem Szenario ist schwer zu bewältigen. Denn einzig eine grundlegende Währungs- und Vermögensreform kann das BIP/Aktiva-Verhältnis wieder auf eine vernünftige Basis zurückstellen. Alles andere läuft längerfristig entweder auf die Einrichtung eines Dauerelends und/oder auf einen Staatsbankrott zu.

Wenige Ökonomen haben das bislang ausreichend realisiert, so etwa der Ökonom Henrik Müller heute im Managermagazin. Seine vier Varianten kommen mir recht bekannt vor.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Keltengold im Tunnel: Raubgräberei


Raubgräberei aus purer Lust am Nervenkitzel vernichtet inzwischen eine Großzahl an archäologisch-historischer Information. Es ist alleine dieser unwiederbringliche Informationsverlust, der die Angelegenheit tragisch macht. Gefördert wird dieser Raub am Gemeinwohl durch die weite Verbreitung zunehmend billiger Metalldetektoren, wobei heute selbst Geräte unterhalb der 100 Euro Marke bereits gute Suchleistungen erbringen.

Der pekuniäre Wert der unsachgemäß geplünderten Artefakte ist meist vernachlässigbar, denn selbst schöne und legale antike Stücke lassen sich auf Ebay zum Schleuderpreis erwerben. Nach dem sich Ebay des Problems angenommen hat, ist die Anzahl der illegalen Stücke dort zudem um 75 % zurück gegangen.

Ein seit 20 Jahren auffälliger Raubgräber in NRW trieb sein kriminelles Hobby auf die Spitze: Er buddelte u.a. einen 30 Meter langen Tunnel unter fremde Grundstücke, um an die begehrten Preciosen zu kommen. Mal abgesehen davon, dass sich der lebensgefährliche Aufwand kaum lohnt, hat er seine Funde noch nicht einmal nach Fundorten sortiert und somit selbst den minimalsten Informationsgehalt der Stücke vernichtet.

Wegen einer Besonderheit des Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen, das derzeit einen Bodenfund je zur Hälfte dem Finder und dem Grundstückseigentümer zuspricht, lag die Beweislast bei der Beschlagnahme der Funde beim Land. Erst nach 13-jährigem Rechtsstreit konnte dieser Prozess beendet werden.

In anderen Bundesländern gelten dagegen so genannte Schatzregale. Dort sind Bodenfunde automatisch Landeseigentum. Eigentlich sollte die NRW-Ausnahme potentielle Raubgräber zu einer Zusammenarbeit mit offiziellen Stellen bewegen können, denn die mit offizieller Genehmigung gefundenen Gegenstände gehen nach Begutachtung regelmäßig in den Besitz der Finder über. Neben der Befriedigung des Sammlertriebs geht das dann mit einer guten Tat für die Frühgeschichte des Landes einher und der Staat übernimmt sogar die nicht ganz einfache und korrekte Bestimmung des Fundgutes.

Der vorliegende Fall ist nur die Spitze eines Eisbergs. Er zeigt, dass trotz der großzügigen NRW-Regelung etlichen Schatzsuchern nur ihr Hobby, aber nicht das Gemeinwohl, am Herzen liegt. Wer diesem in der Tat interessanten Hobby fröhnt, sollte aber unbedingt, ob allein oder im Verein, mit offiziellen Stellen Kontakte pflegen und nutzen. Das nutzt dann ihm selbst und der Gemeinschaft gleichermaßen.

Im LVR-LandesMuseum Bonn sind die Funde nun zu sehen.

Wahljahr 2009: Qual der Wahl oder Wahl der Qual?


2009 ist Superwahljahr und damit reiches Futter für jeden politisch interessierten. Begonnen hat es mit der Hessenwahl am 18.01., als nächstes kommt die Wahl des Bundespräsidenten am 23.5., dann die Kommunalwahlen in etlichen Bundesländern am 07.06., die Landtagswahl im Saarland, Sachsen und Thüringen am 30.08. und schließlich die Landtagswahl in Brandenburg zusammen mit der Bundestagswahl am 27.09.2009 als absolutes Highlight.

Hessen hat den ersten Trend markiert (Union 37,2 SPD 23,7 FDP 16,2 Grüne 13,7 Linke 5,4 %) und die neueste Forsaumfrage von Anfang Februar bestätigt ihn (Union 34 SPD 23 FDP 18 Linke 11 Grüne 10 %). Wäre also jetzt die Wahl, so wäre eine klare Mehrheit für Union/FDP 52 % gegen SPD/Linke/Grüne mit 44 % gegeben. Die Fortsetzung einer großen Koalition hätte sogar 57 % vorzuweisen.

In den kommenden 7 Monaten fließt aber noch viel Wasser den Rhein herunter. Eine Verschiebung von nur 4 % Punkten zwischen den Lagern würde diese Prognose dann schon auf den Kopf stellen. Niemand kann sich also beruhigt zurück legen, entsprechend lustig wird der Wahlkampf noch werden.

Im Mittelpunkt wird ohne großen Zweifel die Finanzkrise und die Lösungsangebote der Parteien stehen. In diesem so wichtigen Punkt aber unterscheiden sich alle Parteien zur Zeit nicht wesentlich. Gestritten wird nur darüber ob man mehr oder weniger die Banken oder Firmen und Bürger unterstützen soll, und wie diese Programme in Details und Höhe ausgestaltet werden sollen. Finanziert werden sollen sie aber ausnahmslos über eine Orgie an neuen Staatsschulden, zumal in gleichen Atemzug auch noch Steuerleichterungen für die eine oder andere Klientel gefordert werden.

Egal wen man wählen möchte, mit diesen Programmen knackt die Staatsverschuldung gegen Ende des Jahres die 100 % BIP Marke. Im Zusammenwirken mit steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Steuereinnahmen kehren dann griechische Verhältnisse auch in Deutschland ein. Denn der Staat kann dann nur noch durch Herunterfahren seiner Aufwendungen für den Bürger seinen Hals über Wasser halten.

Ich erinnere mich noch gut an die 70er Jahre. Die damalige SPD/FDP-Koalition begann nach dem Ende der Wirtschaftswunderjahre, die über zweistellige Wachstumsraten verfügten, mit ersten größeren Staatsverschuldungen, um dem natürlicherweise sinkenden Wachstum des BIP nachzuhelfen. Zu Recht ereiferte sich damals die Union mit vehementen Warnungen vor einer drohenden Schuldenfalle des Staates. Obwohl der Plan vorsah, die Schulden in besseren Jahren zu tilgen, blieb dies auch in den folgenden, teils Boom-Jahren der Kohlregierung eine fata morgana. Im Gegenteil erreichten sowohl die staatliche als die private Verschuldung ungeahnte Größenordnungen, die uns die schönen 70er zurück wünschen lassen. An eine ernsthafte Schuldentilgung denkt keiner mehr, kann keiner mehr denken, sie ist schlicht unmöglich geworden. Tilgungspläne sind inzwischen reine Augenwischerei, nur eine Beruhigungspille für den Wähler, geworden.

Aber erst jetzt ist eine Marge erreicht worden, die zu einer nicht mehr korrigierbaren Belastung des BIP geworden ist. Alle jetzigen Maßnahmen zielen auf mehr oder weniger Zeitgewinn. Die mahnenden Stimmen sind nur im Hintergrund zu hören, so etwa 15 CDU Abgeordnete, die den jüngsten Beschluss zum ersten Nachtragshaushalt nicht so ohne weiteres mittragen wollten. Genutzt hat es natürlich nichts, die Orgie läuft einer Tsunamiwelle gleich weiter. Aber die Mahner werden stärker werden, und vielleicht ist dann die Wahl nicht mehr so klar, wie es jetzt erscheint.

Dienstag, 10. Februar 2009

Island: Ein schrecklich kleiner Modellfall für Europa?


Was zur Zeit im kleinen 320.000 Einwohnerstaat Island vor sich geht, wirft ein bezeichnendes Bild auf das, was uns im großen vielleicht noch droht.

"Erst mussten alle drei großen Banken des Landes durch Verstaatlichung gerettet werden. Dann musste der Staat selbst gerettet werden, mit einer milliardenschweren Finanzspritze des Internationalen Währungsfonds (IWF)." berichtet der Spiegel heute. Bank oder Staat, das ist immer die Frage, wenn man den Teufel mit dem Beelzebub austreibt. Und was dann droht ist ebenfalls sympthomatisch: "....Danach erschütterten in kurzen Abständen gewalttätige Proteste das Land. Ende Januar schmiss der konservative Ministerpräsident Geir Haarde hin..."

Islands Präsident Grimsson wird zitiert mit: "...Die Isländer hätten durch die Finanzkrise 'alles verloren'. Man könne ihnen nicht vermitteln, dass sie 'jetzt auch noch für die Verluste deutscher Sparer aufkommen müssten'...." und da kann man ihm im Grundsatz beipflichten, was hat denn der hart schuftende isländische Fischer eigentlich mit deutschen Kapitalanlegern zu tun? Nichts, ausser das sich seine, inzwischen teilweise abgetretenen Volksvertreter und deren Banker, aber auch die vom isländischen Zins verzückten Anleger, an ihrer Gier verschluckt hatten.

Der isländische Einlagensicherungsfonds sollte nun die Schulden in Höhe von gut 300 Millonen Euro an die deutschen Kunden zahlen. Da dieser Fonds allerdings selbst im freien Fall ist, gewährte das deutsche Finanzministerium Island genau so einen 308-Millionen-Euro-Kredit und versprach den deutschen Anlegern ihr Geld zurück.

Ein Sprecher der isländischen Kaupthing-Bank kritisierte den deutschen Finanzminister dafür: "...Wir verstehen nicht, warum die deutsche Seite eine Entschädigung über Islands Einlagensicherungsfonds abwickeln will...", und ist stattdessen für eine direkte Auszahlung in Deutschland, da diese viel schneller erfolgen könnte.

Seit 1994 ist Island Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), aber kein Mitglied der EU. Trotzdem, so ist das, wenn im europäischen Wirtschaftsraum die Lichter nach einander ausgehen. Dann ist es Deutschland, das als finanzieller Kapitän zu letzt das sinkende Schiff verlassen darf.

Futurologie II: Psychologie und scheue Rehe


Was haben wir nun die nächsten Monate und Jahre zu erwarten? Von den Wirtschaftsweisen wird uns regelmäßig erzählt, Geld wäre grundsätzlich gut und ein scheues Reh, das man hegen und pflegen müsse. Außerdem sei die Börse und Wirtschaft zu 50% Psychologie und ergo mit erneuerter Zuversicht alle Probleme in relativer Kürze vergessen.

Leider sind diese Weisheiten inzwischen so oft wiederholt worden, dass sie als Allgemeingut gar nicht mehr hinterfragt werden: Geld ist nämlich genauso gut oder schlecht wie Rehe, wenn es nicht zu viele sind. Andernfalls wird Geld genauso wie Rehe zur Plage und ein Fall für die Flinte. Auch ist Psychologie ein guter Teil der Wirtschaft, mittelfristig aber sind die technischen Werte bei weitem entscheidender. Und da spielen Geldflüsse, Zinsen und Gelddeckung viel wichtigere Rollen.

Nun, wie sieht die reale Welt jetzt jenseits der Wohlstandsphantasien der letzten Jahre aus? Die Modelle A-E sind bereits recht konservativ gerechnet, in Wahrheit wird es noch etwas problematischer werden. Zunächst einmal das BIP: Das wird im Verlaufe dieses Jahres kräftig einknicken, eine Pleitewelle ist schon im Gange. Mal wurde nur 1,2 %, dann nur 0,2 % Wachstum verkündet, schließlich –0,2% und jetzt ehr –2%. Vermutlich werden es aber –10% werden. Verhindert man derweil den Absturz der Banken, dann steigt alleine damit das BIP/Aktiva Verhältnis schon von 3,3 auf mehr als 4. Daraus folgt, dass die Zinsansprüche von ¼ auf 1/3 des BIP ansteigen und der Würgegriff des Kapitals verstärkt. Gleichzeitig steigen natürlich die Ausgaben des Staates für Sozialleistungen und Sicherheit wegen der galoppierenden Arbeitslosigkeit dramatisch an. Die können wiederum nur mit erhöhter Neuverschuldung gestemmt werden, zumal irrwitziger Weise allseitig im Wahljahr Steuererleichterungen gefordert werden. Allein damit dürfte man bis Jahresende den Staat in eine finanzielle Handlungsunfähigkeit gleiten sehen. Irgend welche Schuldenbremsen, ob gesetzlich festgeschrieben oder nicht, sind reine Makulatur bevor sie überhaupt auf dem Papier landen.

Aber es kann noch schlimmer kommen: Sollte derweil ein EU, oder gar EURO-Land in den Staatsbankrott schlittern, dann müssen faktisch die Nettozahler der Union das finanziell auffangen, wenn man die Union nicht auflösen will. Der einzige wesentliche Nettozahler ist mit Abstand aber Deutschland. Dann kämen locker noch einmal 2000 Mrd. Euro Kredite auf den Staatshaushalt, wenn man nicht die Notenpresse anschmeißt. Und damit wären wir in absehbarer Zeit schon bei einem Faktor BIP/Aktiva von 5.

Und damit in kürzester Zeit genauso verschuldet wie die USA! Die haben aber einen großen Vorteil gegenüber uns, denn mit dem Dollar verfügen sie über die wesentliche Weltwährung. Da der Dollar bislang überall in der Welt als Zweitwährung existiert, können und konnten die USA ihren Greenback ganz wesentlich durch ausländisches BIP stützen. Der Dollar macht z.Z. immer noch etwa 2/3 der weltweiten Devisenreserven aus, der EURO immer hin schon etwa 1/3. Andere Währungen spielen eine untergeordnete Rolle. Für Deutschland sieht es noch düsterer aus, denn es ist zwar Hauptfinanzier der EURO-Zone, hat aber seine Kompetenz in geldpolitischen Fragen an die Europäische Zentralbank abgeben müssen, und kann somit gar nicht mehr eine eigenständige Geldpolitik führen.

Wenn nun der EURO durch den Konkurs eines EURO-Landes, und auch der faktischen Gelddruckerei, noch tiefer in Misskredit gerät, dann werden die ausländischen Devisenhalter zuerst den EURO liquidieren, bevor sie mit dem Dollar den wesentlichen Bestand ihrer Devisenvermögen vernichten. Dann strömen diese Euroreserven zurück ins Euro-Europa, vorwiegend nach Deutschland, und wollen dann für ihr Geld natürlich wiederum Gegenwerte sehen. Das BIP/Aktiva-Verhältnis steigt dann möglicherweise auf den astronomischen Faktor 6.

Mit dem Rausgang aus dem EURO würde dessen Wert aber ebenfalls gewaltig unter Druck geraten und die Inflationsspirale so richtig in Fahrt bringen, mit allen hässlichen Folgen für das BIP. Unter solchen Umständen ist der EURO nicht mehr zu halten.

Dann geht nur noch Modell E, die Währungsreform. Vorläufig wurstelt man dagegen mit den altbekannten Modellen A-D herum, mit der mittelfristigen Folge der Handlungs- und Zahlungsunfähigkeit des Staates. Erst wenn wirklich nichts mehr geht, und die Barrikaden wie jüngst in Athen brennen, dann wird man den entscheidenden Schritt E ins Auge fassen. Und dann wird es entscheidend auf Zeitpunkt und Details der Umsetzung ankommen. Mutig wäre es natürlich, den absehbaren Folgen vorweg zu laufen, und gleich tabula rasa zu machen. Wer am schnellsten handelt, ist in der neuen Weltordnung der erste Gewinner. Erfahrungsgemäß dürften das aber ehr die US-Amerikaner sein, sobald Obama oder sein Nachfolger erkennen, wohin der Hase läuft.

Wann wird es soweit sein? Das ist schwer vorher zu sagen, vielleicht in drei Monaten, vielleicht in drei Jahren? Es hängt davon ab, ob sich die Dinge schnell zu spitzen oder wir eine Dauerkrise knapp oberhalb des Existenzlimits bekommen.

Goldener Reiter: Das Ende des Kaisers



Im Jahre 9 befand sich Germanien zwischen Rhein und Elbe auf dem Weg der Provinzialisierung und Eingliederung ins römische Reich. Ein bereits ausgebauter Zivilmarkt befand sich an der Lahn zwischen Wetzlar und Gießen, die Stadtanlage Waldgirmes.

Als Ende September/Anfang Oktober des Jahre 9 Varus 200 km nördlicher den Tod fand, wurden auch alle anderen Siedlungen und Stützpunkte Roms zwischen Main und Wiehengebirge gestürmt und geplündert. Nach den vielen Bruchstücken in und um Waldgirmes zu urteilen, befand sich dort ein vergoldetes Reiterstandbild des Augustus. Es wurde in tausende Stücke zerhauen und unter den Germanen als Wertgegenstand oder Andenken verteilt. Dem Denkmal des Kaisers erging es nicht anders als jüngst dem Herrscherdenkmal von Bagdad.

Ein schönes 118g schweres Stück davon präsentieren nun Altertumsforscher der Friedrich-Schiller-Universität aus Jena.

Futurologie I: Wat Nu?

Im Nachhinein über Fehlentwicklungen zu meckern, ist eine Sache, sie korrekt vorher zu sagen eine andere. Von denen, die es schon immer wussten, zitiert der Focus heute Hr. Shiller und gestern Hr. Roubini. Das Blasen immer irgend wann platzen, haben beide richtig erkannt, was fehlt ist aber die langfristige und nachhaltige Lösung des Problems.

Aber hängen wir uns mal aus dem Fenster, und prognostizieren die Entwicklung der nächsten Zeit. Wie bei jeder Prognose ist die größte Schwierigkeit der Vorhersage die Zeitschiene, denn es spielen zu viele Faktoren mit, zu denen natürlich auch die Psychologie der beteiligten Akteure eine gewichtige Rolle spielt. Die folgende Grafik ist daher auch mit 2009 ff. für fortfolgende Jahre betitelt.

Die Ist-Situation war Ende 2008, gerundet, etwa: BIP 2400 Mrd., Staatsverschuldung 1600 Mrd., Bankenaktiva/passiva 8100 Mrd. Euro. Die Staatsverschuldung ist natürlich ein Teil dieser Aktiva. Für die weitere Entwicklung seien einige Modelle angeführt:

Modell A, Talsohle bald erreicht: In den letzten Monaten sind hunderte von Mrd. Euro in der BRD auf die Schiene gesetzt worden, 550 Mrd. für das Bankenrettungspaket, 93 Mrd hat alleine schon die Hypo Real Estate gefressen, ungefähr 20 Mrd. für WestLB und Bayerische Landesbank, über 50 Mrd. das Konjunkturpaket, steigende Arbeitslosigkeit und damit Sozialausgaben etc. pp. Gleichzeitig wird geschrien, dass dies alles viel zu wenig sei, es ist mit Sicherheit nur der Anfang. Aber selbst wenn wir annehmen, dass nichts weiteres notwendig wäre, so steigt die Staatsverschuldung dieses Jahr um 600 Mrd. Euro auf tatsächlich 2200 Mrd. Gleichzeitig sinkt das BIP um schätzungsweise 10% auf 2160 Mrd. Euro. Das ist auch dann so, wenn man das Bankenrettungspaket schönfärberich als Sondervermögen in der Bilanz versteckt. Ganz richtig, wenn der Staat Schulden übernimmt, nennt er das Vermögen.

Modell B, Bankenrettung: Man entscheidet sich für eine Rettung der Banken. Vorsichtige Schätzungen des Finanzministeriums gehen von 1000 Mrd. fauler Derivate aus, es ist aber viel mehr. So etwa bei der Hypo, wo alleine schon 400 Mrd. lauern. Mit 2000 Mrd. dürfte die Fahnenstange immer noch nicht zu Ende sein, denn mit jedem Tag der Krise werden die faulen Anlagen mehr. Rechnen wir also 2000 Mrd., wobei es ziemlich egal ist, wie man die versteckt, sei es als direkte Zahlungen, Bad Banks, Garantien, Versicherungen etc. pp. Dann steigt die Staatsschuld auf exorbitante 3600 Mrd. an, während die Bankenaktiva erhalten bleiben.

Modell C, Firmenrettung: Man lässt die Banken komplett hängen, und stützt statt dessen die Konjunktur durch massive Kredite und Subventionen. In einem geschlossenen Wirtschaftsraum ist der Unterschied nicht wirklich groß, dafür benötigt man fast genauso viel Geld, dass man sich wieder bei den Banken leihen muss. Nehmen wir trotzdem nur 1000 Mrd. dafür an, begleitet von einem moderaten Rückgang der Bankenaktiva für nicht mehr haltbare Derivate. Die Staatsschuld steigt auf 2600 Mrd. Euro an.

Modell D, Geld drucken: Ende 2008 schuldete der Staat den Vermögen (Bankenpassiva) 1600 Mrd. Euro. Die Anzahl der faulen Kredite der Banken (Aktiva) ist in der gleichen Größenordnung. Wenn die Banken jetzt also genauso viel Geld von uns Steuerzahlern haben wollen, so könnten wir die einfach gegen die Schulden austauschen. Dafür kauften wir einfach die ganzen Staatsobligationen mit frisch gedrucktem Geld zurück. Danach wäre der Staat praktisch schuldenfrei, und die Banken hätten frisches Geld zum arbeiten und könnten die faulen Kredite ablösen. Die Staatsschulden sinken dabei auf einen Restbetrag von 200 Mrd. Euro. Die Bankenaktiva sinken moderat.

Modell E, Währungsreform: Der schnellste, aber unbeliebteste, Weg aus der Krise ist eine echte Währungsreform. Etwa wie 1948. Das alte Geld wird für ungültig erklärt, neues Geld, etwa die gute alte D-Mark, wird ausgegeben. Und zwar in ungleichen Verhältnissen, nämlich etwa Löhne, Gehälter, Mieten 1:1 und Aktiva(Kredite)/Passiva(Vermögen) im Verhältnis 1:10. Ein einfache Ummünzung reicht natürlich nicht, denn dann werden die alten Verhältnisse lediglich neu zementiert. Nehmen wir dabei ein kräftiges Sinken des BIP auf 2000 Mrd. Euro an, so wären aber die Staatsschulden danach mit 160 Mrd. und die Bankenaktiva/passiva mit etwa 800 Mrd Euro wieder im grünen Bereich, etwa auf dem Niveau der Wirtschaftswunderjahre. Erst danach sind diese nämlich wieder unterhalb der neuralgischen Grenze des BIP, der die Deckung übernimmt (fette Linie).

Tatsächlich macht man weltweit zur Zeit einen Mischmasch aus diesen Möglichkeiten, vor allen der Modelle A bis D. Diese haben aber alle den Nachteil, dass sie das Grundproblem der erdrückenden Bankenaktiva nicht beseitigen. Denn private Schulden sind genauso schädlich, wie staatliche Schulden. Das wird immer verkannt. Der Unterschied besteht nur im Vollstrecker der daraus resultierenden Zinsschuld: Während die Verzinsung der Staatsschulden über den Staat sofort vom kleinen Mann eingezogen und auf die Konten der Finanziers transferiert werden, besorgen das bei den privaten Vermögen die Finanzjongleure. Der Zinsbedarf der 8000 Mrd. Bankenaktiva beträgt nämlich 5 – 10 % und somit durchschnittlich etwa 600 Mrd. Euro die jährlich auf verschiedenen Wegen dem BIP entzogen werden müssen. Mit einfacher Kreditwirtschaft geht dies aber schon lange nicht mehr, denn soviel Geld wie da rumliegt braucht kein Mensch, jedenfalls nicht zum arbeiten.

Also entwickelte man immer neue Derivate, von denen die klassische Aktie die scheinbar harmloseste Variante ist. Da kitzelte man die Verzinsung zum Teil mit Massenentlassungen heraus, um den Kurswert zu steigern und die gegenüberstehenden Kosten via Sozialabgaben dem Steuerzahler zu überlassen. Ganz zu schweigen von den Schrottderivaten, die jetzt das Problem darstellen sollen. Sie sind aber nur die absurdeste Variante eines viel größeren Grundproblems.