Dienstag, 10. Februar 2009

Futurologie II: Psychologie und scheue Rehe


Was haben wir nun die nächsten Monate und Jahre zu erwarten? Von den Wirtschaftsweisen wird uns regelmäßig erzählt, Geld wäre grundsätzlich gut und ein scheues Reh, das man hegen und pflegen müsse. Außerdem sei die Börse und Wirtschaft zu 50% Psychologie und ergo mit erneuerter Zuversicht alle Probleme in relativer Kürze vergessen.

Leider sind diese Weisheiten inzwischen so oft wiederholt worden, dass sie als Allgemeingut gar nicht mehr hinterfragt werden: Geld ist nämlich genauso gut oder schlecht wie Rehe, wenn es nicht zu viele sind. Andernfalls wird Geld genauso wie Rehe zur Plage und ein Fall für die Flinte. Auch ist Psychologie ein guter Teil der Wirtschaft, mittelfristig aber sind die technischen Werte bei weitem entscheidender. Und da spielen Geldflüsse, Zinsen und Gelddeckung viel wichtigere Rollen.

Nun, wie sieht die reale Welt jetzt jenseits der Wohlstandsphantasien der letzten Jahre aus? Die Modelle A-E sind bereits recht konservativ gerechnet, in Wahrheit wird es noch etwas problematischer werden. Zunächst einmal das BIP: Das wird im Verlaufe dieses Jahres kräftig einknicken, eine Pleitewelle ist schon im Gange. Mal wurde nur 1,2 %, dann nur 0,2 % Wachstum verkündet, schließlich –0,2% und jetzt ehr –2%. Vermutlich werden es aber –10% werden. Verhindert man derweil den Absturz der Banken, dann steigt alleine damit das BIP/Aktiva Verhältnis schon von 3,3 auf mehr als 4. Daraus folgt, dass die Zinsansprüche von ¼ auf 1/3 des BIP ansteigen und der Würgegriff des Kapitals verstärkt. Gleichzeitig steigen natürlich die Ausgaben des Staates für Sozialleistungen und Sicherheit wegen der galoppierenden Arbeitslosigkeit dramatisch an. Die können wiederum nur mit erhöhter Neuverschuldung gestemmt werden, zumal irrwitziger Weise allseitig im Wahljahr Steuererleichterungen gefordert werden. Allein damit dürfte man bis Jahresende den Staat in eine finanzielle Handlungsunfähigkeit gleiten sehen. Irgend welche Schuldenbremsen, ob gesetzlich festgeschrieben oder nicht, sind reine Makulatur bevor sie überhaupt auf dem Papier landen.

Aber es kann noch schlimmer kommen: Sollte derweil ein EU, oder gar EURO-Land in den Staatsbankrott schlittern, dann müssen faktisch die Nettozahler der Union das finanziell auffangen, wenn man die Union nicht auflösen will. Der einzige wesentliche Nettozahler ist mit Abstand aber Deutschland. Dann kämen locker noch einmal 2000 Mrd. Euro Kredite auf den Staatshaushalt, wenn man nicht die Notenpresse anschmeißt. Und damit wären wir in absehbarer Zeit schon bei einem Faktor BIP/Aktiva von 5.

Und damit in kürzester Zeit genauso verschuldet wie die USA! Die haben aber einen großen Vorteil gegenüber uns, denn mit dem Dollar verfügen sie über die wesentliche Weltwährung. Da der Dollar bislang überall in der Welt als Zweitwährung existiert, können und konnten die USA ihren Greenback ganz wesentlich durch ausländisches BIP stützen. Der Dollar macht z.Z. immer noch etwa 2/3 der weltweiten Devisenreserven aus, der EURO immer hin schon etwa 1/3. Andere Währungen spielen eine untergeordnete Rolle. Für Deutschland sieht es noch düsterer aus, denn es ist zwar Hauptfinanzier der EURO-Zone, hat aber seine Kompetenz in geldpolitischen Fragen an die Europäische Zentralbank abgeben müssen, und kann somit gar nicht mehr eine eigenständige Geldpolitik führen.

Wenn nun der EURO durch den Konkurs eines EURO-Landes, und auch der faktischen Gelddruckerei, noch tiefer in Misskredit gerät, dann werden die ausländischen Devisenhalter zuerst den EURO liquidieren, bevor sie mit dem Dollar den wesentlichen Bestand ihrer Devisenvermögen vernichten. Dann strömen diese Euroreserven zurück ins Euro-Europa, vorwiegend nach Deutschland, und wollen dann für ihr Geld natürlich wiederum Gegenwerte sehen. Das BIP/Aktiva-Verhältnis steigt dann möglicherweise auf den astronomischen Faktor 6.

Mit dem Rausgang aus dem EURO würde dessen Wert aber ebenfalls gewaltig unter Druck geraten und die Inflationsspirale so richtig in Fahrt bringen, mit allen hässlichen Folgen für das BIP. Unter solchen Umständen ist der EURO nicht mehr zu halten.

Dann geht nur noch Modell E, die Währungsreform. Vorläufig wurstelt man dagegen mit den altbekannten Modellen A-D herum, mit der mittelfristigen Folge der Handlungs- und Zahlungsunfähigkeit des Staates. Erst wenn wirklich nichts mehr geht, und die Barrikaden wie jüngst in Athen brennen, dann wird man den entscheidenden Schritt E ins Auge fassen. Und dann wird es entscheidend auf Zeitpunkt und Details der Umsetzung ankommen. Mutig wäre es natürlich, den absehbaren Folgen vorweg zu laufen, und gleich tabula rasa zu machen. Wer am schnellsten handelt, ist in der neuen Weltordnung der erste Gewinner. Erfahrungsgemäß dürften das aber ehr die US-Amerikaner sein, sobald Obama oder sein Nachfolger erkennen, wohin der Hase läuft.

Wann wird es soweit sein? Das ist schwer vorher zu sagen, vielleicht in drei Monaten, vielleicht in drei Jahren? Es hängt davon ab, ob sich die Dinge schnell zu spitzen oder wir eine Dauerkrise knapp oberhalb des Existenzlimits bekommen.

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