Mittwoch, 13. Januar 2010

Liquidität und Inflation

Die Standardbehauptung der Staatsbanker, die derzeit das Weltfinanzsystem mit billigem Geld überfluten, ist, dass die rasant zunehmende Liquidität keinen besonderen Einfluss auf zukünftige Inflationsraten habe, sondern lediglich die Geldverfügbarkeit (Liquidität) des Finanzsystems fördern würden. Des weiteren wird behauptet, dass man die überschüssige Liquidität später wieder abschöpfen könnte.

In einem gewissen Sinne ist dies gar nicht so verkehrt. Denn die riesigen Vermögen die auf den Bankkonten vor sich hin dümpeln, und daher gar nicht in den Konsum und auch kaum in Investitionen gehen, sollten mangels tatsächlich ausgeübter Kaufkraft keinen negativen Effekt auf die Inflationsraten haben. Die Aktiva/Passiva der Banken an und für sich haben keinen Einfluß, es sind lediglich die Renditen die sich negativ auf das BIP auswirken. Denn diese müssen letztendlich, sei es direkt oder indirekt, aus dem aktuellen BIP gedeckt werden. Solange das Verhältnis Renditen zu Wachstum (BIP) einigermaßen ausgeglichen ist, ist auch das o.k. Problematisch wird es erst, wenn die absoluten Renditeforderungen an das BIP dessen Wachstum übersteigen. Vor der DotCom-Krise betrugen diese Renditeforderungen bis zum 12-fachen des Wachstums der Realwirtschaft.


So sind es zunächst mal auch nur diese Renditen, die die Inflation befeuern. Dazu schauen wir uns wieder die Daten der Bundesbank (Aktiva/Passiva) und des Statistischen Bundesamt (BIP) seit 1950 an. Die erste Doppel-Graphik zeigt das nominelle Wachstum der Aktiva und das des Bruttoinlandsproduktes (BIP), die untere Teilgraphik ist das effektive Wachstum nach Abzug der offiziellen Inflationsrate. Wir sehen dabei drei Dinge: 1.) Das effektive prozentuale Wachstum der Vermögen übertrifft jederzeit das Wachstum des BIP, von zwei geringfügigen Ausnahmen abgesehen: Einmal Ende der 1960er Jahre und einmal Ende der 1980er Jahre. 2.) Das Wachstum des BIP folgt dem Wachstum der Aktiva in geringem Abstand. Das ist kein Wunder, denn das Wachstum der Renditen korreliert auch mit Kreditvergaben an die Realwirtschaft, die sich spätestens im Folgejahr mit entsprechenden Zuwächsen bedankt. 3.) Der positive Abstand der Renditen vom BIP-Wachstum war Anfangs des Wirtschaftswunders enorm, bis zu 16%-Punkte, und nahm später tendenziell immer weiter ab.


Die nächste Graphik zeigt nun den Zusammenhang zwischen der Differenz aus Vermögenswachstum und BIP-Wachstum zur offiziellen Inflationsrate. Wie man überdeutlich sieht, folgt die Inflationsrate dieser Differenz auf dem Fuße mit etwa einem Jahr Abstand. Denn die Differenz der Renditen korreliert letztendlich mit dem durch das BIP nicht gedeckten Anteil der Renditen, die nur durch Inflationierung gedeckt werden können. Diese Graphik hat allerdings noch einen Mangel: Der Liquiditätszuwachs ist nicht einfach von der prozentuallen Änderung, sondern vor allem vom zunehmenden Volumen der Vermögen betroffen.


Daher multiplizieren wir das effektive prozentuale Aktiva-Wachstum mit dem zugehörigen Aktiva/BIP-Verhältnis und erhalten die nächste Graphik. Im Vergleich mit der absoluten Wachstumraten erkennt man den Inflationsstau, der sich besonders in jüngster Vergangenheit aufgebaut hat.

Anhand dieser Daten lässt sich also belegen, dass der Liquiditätszuwachs tatsächlich die Inflation befeuert, wenn auch zunächst „nur“ über die Renditen. Für diese sind aber vorwiegend die Investmentbanker verantwortlich, denn mit normalen Kreditgeschäft ist für die Banken kaum noch ein Blumentopf zu gewinnen. Investmentbanking, dass ist heute vor allem das so genannte Eigengeschäft unter den Banken. Dabei werden zwischen den Banken Derivate, also aus Krediten abgeleitete Produkte, gehandelt, statt das die Bank klassisch nur als Makler zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer auftritt.

Desweiteren erkennen wir in der ersten Graphik interessante Effekte. So nahm die Spreizung zwischen Gewinnen aus Vermögen und Gewinnen aus Produktion von 1950 bis 1969 immer weiter ab, um am Ende sogar negativ zu werden. Das klassische Bankgeschäft des Kreditvermittlers hatte sich regelrecht totgelaufen. Das dann 1971 die anteilige Goldbindung aufgehoben und eine reine Schuldenbindung eingeführt wurde, ermöglichte dann eine neue Runde der Gewinnmitnahmen. Diese beiden Jahresdaten korrelieren ganz bestimmt nicht zufällig, sondern der Druck der Banker auf die Politik musste genau in diese Richtung zielen, um das eigene Geschäft wieder flott zu machen. Trotzdem vermindert sich die Spreizung bald wieder zu Null und wurde 1990 sogar wieder negativ.

Ergo brauchte man die nächste Stufe, nämlich die Zunahme des Investmentbankings und die Erlaubnis, auch den Eigenhandel unter den normalen Geschäftsbanken durchzuführen. Schon seit dem Ende der 1980er Jahre war eine zunehmende Übernahme von Investmentbanken durch Universalbanken zu beobachten. So wurde 1999 der Glass-Steagall Act von 1933, der nach der Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre eingeführt wurde, aufgehoben und erlaubte nun auch offiziell den Banken ihr eigenes Spielcasino zu betreiben. Daraufhin explodierte das Geschäft schlagartig und mündete schnell in die DotCom-Krise. Kaum hatte man sich 2003 davon erholt, wurde die nächste Sau durchs Dorf getrieben, diesmal die unseeligen Subprime-Derivate. Der Crash folgte spätestens Ende 2008. Diesmal konnten die Banker aber die Verluste nicht mehr selbst auffangen, da sie ihre relativ zum Gesamtvolumen immer dünner gewordene Eigenkapitalbasis deutlich überstrapazierten. Der Staat hat es gerichtet und das klebt nun dem Steuerbürger wie Blei an den Füßen; und die nächste Sau jagt schon längst wieder durch die Gassen. Auch die wird bald krepieren, das mit kostenlosen Liquiditätsspritzen gemästete Nutztier heißt jetzt vor allem CarryTrades.

Es ist in der Tat das Investmentbanking, dass das wesentliche Problem darstellt. Denn es lässt sich zeigen, dass das klassische Bankgeschäft bei gesättigten Volkswirtschaften uninteressant wird, weil die Zinsen für normale Kredite wegen des zunehmenden Überangebots an Geld langsam gegen Null laufen. Aber dazu mehr in einem späteren Artikel.

Und das Überangebot wird über kurz oder lang in Sachwerte fließen, und die Inflation dann erst richtig befeuern. Denn die überschießende Liquidität kann, etwa von der FED, gar nicht wie behauptet effektiv vom Markt genommen werden. Dafür müsste man nämlich einerseits die Zinsen wieder merklich anheben, was aber die CarryTrades der letzten Monate erdrutschartig in Bewegung setzt. Zweitens müsste man die Staatsanleihen, die man in letzter Zeit massenweise zur Geldvermehrung zurück gekauft hat, wieder an Interessenten bei den Bankern und Anlegern abstoßen. Die werden aber vermutlich den Teufel tun.

Und die Vertrauenskrise in die Wertbeständigkeit der Bankkonten nimmt langsam Fahrt auf, wie das Manager-Magazin schreibt: „..."Die Inflationserwartung an den Märkten nimmt sowohl für die USA als auch für den europäischen Raum seit Monaten zu", sagt Stefan Freytag, Vorstand der Wilhelm von Finck AG. "Im Januar 2009 spiegelte sich in der Bewertung der inflationsgeschützten Bundesanleihe mit fünf Jahren Laufzeit noch ein Erwartungswert von durchschnittlich 0,4 Prozent Geldentwertung pro Laufzeitjahr. Im Juli vergangenen Jahres waren es schon 0,85 Prozent." Inzwischen, so der Vermögensverwalter, ist der Wert auf 1,45 Prozent angestiegen. Tendenz: weiter steigend... Noch nie in der Geschichte wurden ähnliche "Abermilliardenbeträge" in das Weltfinanzsystem gepumpt wie in den vergangenen Monaten. Es sei daher denkbar, "dass am Ende - insbesondere, wenn die derzeit eifrig diskutierten Exitstrategien der Notenbanken auf sich warten lassen - doch noch inflationäre Tendenzen aufkommen....“

Das Ende allen Unglücks wird schließlich durch eine so genannte Kaufhausse ausgelöst, die dann entsteht, wenn die Marktbeteiligten ihren Anlagen nicht mehr vertrauen und diese gegen Sachwerte aller Art eintauschen möchten. Selbst nur ein Bruchteil der Passiva=Vermögen überfordert dann aber die Volkswirtschaft komplett, so wie 1923 schon einmal praktiziert.

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