Dienstag, 30. März 2010

Der LHC beginnt zu feuern


Heute wurde bekannt gegeben, dass der Large Hadron Collider (LHC) beim CERN bei Genf den Wirkbetrieb wieder aufgenommen hat. Mit Spannung warten Teilchenphysiker auf erste neue Ergebnisse. Andere dagegen erwarten mit Spannung den selbst induzierten Weltuntergang: "...Kurz vor einem mit Spannung erwarteten Experiment im weltgrößten Teilchenbeschleuniger bei Genf hat das europäische Atomforschungszentrum CERN erneut Einwände von Kritikern zurückgewiesen. CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer sagte im Deutschlandradio Kultur, durch die ab heute geplanten Protonen-Zusammenstöße bei bislang nie erreichten Energien würden keine schwarzen Löcher erzeugt. Im Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) könnten eventuell lediglich „mikroskopische schwarze Löcher“ entstehen. Diese würden aber sofort wieder zerfallen." schreibt heute die WELT.

Da am LHC eventuell winzige schwarze Löcher oder seltsame Materie erzeugt werden könnte, gab es Bedenken vor möglichen Risiken. So reichten besorgte Bürger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage ein. Der damit verbundene Eilantrag wurde abgewiesen, das Hauptsacheverfahren steht aber noch aus. Ebenfalls das Bundesverfassungsgericht wurde angerufen, es lehnte die Annahme einer Verfassungsbeschwerde aber bereits im Februar 2010 ab.

Die Ängste der Bürger sind verständlich, aber aus physikalischer Sicht erscheinen sie unbegründet. Dem folgten bislang auch die Gerichte. Denn eines der Hauptargumente gegen diese Befürchtungen ist die Tatsache, dass die Energien, die im LHC erreicht werden können, zwar sehr hoch sind, aber im Vergleich zu der energiereichsten überhaupt bekannten Strahlung doch ausgesprochen gering ausfällt.

Bei letzterer Strahlung handelt es sich um eine natürliche Strahlung, deren Ursprung teilweise noch ungeklärt ist: Die kosmische Strahlung. Besonders Energiereich sind dabei extragalaktische Teilchen mit Energien von bis zu 10Hoch20 eV. Das bislang energiereichste Teilchen, dass man messen konnte, hatte eine Energie von 3,2·10hoch20 eV. Und selbst solche Ereignisse sind vermutlich noch nicht das Ende der Fahnenstange. Das ist also mindestens 10000 mal stärker als die möglichen LHC Strahlenergien von 14 TeV für Protonen oder 1150 TeV für Bleikerne (ca. 10hoch 13 bis 10hoch16 eV). Zudem finden solche kosmischen Kollisionen von Atomen und Elementarteilchen täglich Millionen-fach auf der Erde statt.

An der Stelle muss man sich natürlich fragen, warum man diese viel stärkere natürliche Strahlung nicht als Experimentierquelle nutzt, sondern ein 3 Milliarden Euro schweres Geschütz in den Schweizer Alpen verbaut? Der Grund ist der, dass diese hochenergetischen Teilchen bereits in den höchsten Atmosphärenschichten unkontrolliert kollidieren und zerplatzen. Am Erdboden kommen daher nur noch gewaltig ausgedehnte Trümmerschauer der Zerfallsprodukte an. Die Detektoren für diese Schauer erstrecken sich beim größten Observatorium dieser Art zur Zeit daher über eine Fläche von 3000 Quadratkilometer. Zur technischen Nutzung der unmittelbaren kosmischen Strahlung müsste man schon die gigantischen Teilchendetektoren, wie sie beim LHC Verwendung finden, ins All transportieren um dann nach dem Zufallsprinzip auf einfallende Teilchen unterschiedlichster Art zu warten.

Das also im CERN der Weltuntergang ausgelöst werden könnte, liegt damit sehr fern. Die Angst vor seltsamer Materie oder kleinen schwarzen Löcher sind sicher unbegründet, da sie uns bereits ständig um die Ohren fliegen, ohne viel Aufsehen zu erregen. Allerdings wird eine gewisse Wechselwirkung mit dem Erdklima diskuttiert. Und für Flugreisende, insbesondere das Boardpersonal, aber erst recht für Astronauten stellt sie eine reale Gefahr da: Denn mit der Höhe und dünner werdender Atmosphäre nimmt ihre Intensität deutlich zu. So wird Flugpersonal mit Strahlendosen belastet, die man kaum einem Mitarbeiter eines Kernkraftwerkes zumuten würde. Ganz zu schweigen von Astronauten, die zuweilen in die unfreiwillige Rolle eines der gigantischen Teilchendetektoren am LHC schlüpfen müssen, wenn wieder mal ein kosmischer Wasserstoff-Kern in ihrer Magengrube detoniert.

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