Freitag, 23. April 2010

Euro ade, schulden tut weh!


Nun ist es soweit, Griechenland IST pleite. Heute kam der erwartete Notruf, den man glaubte bis über den Tag der NRW-Wahl hinausschieben zu können. Nun wird Geld von IWF und EU angefordert, denn die vom Kapitalmarkt geforderten Zinsen übersteigen inzwischen schon die astronomische 10% Marke.

Das vorher zu sagen war natürlich so wenig schwierig, wie vor einem Jahr die Griechenlandpleite als solche. Und auch die nächsten Kandidaten stehen Schlange, man kann sich nur über die Reihenfolge und den Zeitpunkt streiten, nicht aber über die Tatsache an sich.

Dem völlig konträr gegenüber steht die politische Rhetorik, letztes Jahr sollte niemals ein EU-Staat pleite gehen, vor kurzem war die Hilfezusage Merkels und der EU nur für den "völlig unwahrscheinlichen Fall" der Insolvenz behauptet worden. Alles Larifari, genauso wie die jetzt eingeredete Überzeugung, das die griechischen, und auch sonstigen Schulden der Staaten, zurückführbar, ja wenigstens bedienbar, seien.

Das sind sie natürlich nicht, sie sind nur für den Preis noch höherer Schulden umzufinanzieren. So bedeuten 7,2% Zinsen eine Verdoppelung der Schuld in nur 10 Jahren. Die geforderten Zinsen von 10,5 % für griechische Anleihen würde bedeuten, das in nur 10 Jahren aus 330 Mrd. mehr als 895 Mrd. Euro Schulden werden. Zwar muss Griechenland nicht alles sofort refinanzieren, dieses Jahr nur so um wenigstens die 40 Mrd., und dann sukzessive den Rest, aber das ändert nur geringfügig die Zeitschiene. Da kann sich der Staat soviel tot sparen wie er will, die Schulden steigen gnadenlos weiter.

Und natürlich auch für die restlichen PIIGS, aber auch für Deutschland, ja selbst die USA und China. Denn die Bondkrise, sprich die Notwendigkeit die exponentiell gestiegenen Anleihenmengen regelmäßig zu rollieren, betrifft alle gleichermaßen. So sind es nicht nur die offenen Beihilfen, welche nichts anderes als Schuldenübernahmen ohne Aussicht auf ein Ende sind, sondern auch die indirekten Kosten die auf die noch solventen Schuldner überschwappt: So stiegen in letzter Zeit natürlich auch die Refinanzierungszinsen der BRD.

Der Grund ist einfach: Auch Deutschland muss dieses Jahr mindestens 440 Mrd. Euro durch neue Anleihenemissionen rollieren. Und da hat in der Logik des Marktes die faktischen Hilfszusagen der EU und der BRD einen Ketteneffekt: Erstens muss Deutschland nach dem EU-Schlüssel rund 27 % der Refinanzierung Griechenlands übernehmen, sei es nun direkt oder via IWF und sonstiger Konstruktionen, und das sind von 40 Mrd. schon mal knapp 11 Milliarden. Wobei das wohl nicht das Ende der Fahnenstange ist, denn die Haushaltskommision der EU findet in Athen ständig weitere Löcher, das Defizit dürfte in Wahrheit nahe der 15% Marke liegen.

Zweitens aber ist der Bondmarkt inzwischen völlig überfrachtet, die USA etwa müssen jährlich um die 1500 Mrd. Euro refinanzieren. Deutschland steht jetzt mit seiner Bondrendite von um die 3% in direkter Konkurrenz u.a. zu den 10% Bonds der Griechen. Die sie selbst garantiert, und wegen diese Sicherheit selbstverständlich selbst etwas mehr auf den Tisch legen muss. Kein Wunder sonst, wenn die Griechenanleihen zuletzt mehrfach überzeichnet waren. Nicht trotz, sondern wegen der hohen Aufschläge in Verbindung mit, letztlich Merkels, Sicherheitsgarantien, denn es sind ja sichere Megagewinne. Gegenüber der letzt jährigen Rendite dürfte dann Deutschland im Laufe seiner eigenen Emissionen jetzt rund 2% zusätzlich herausrücken müssen, von 440 Mrd. sind das weitere knapp 9 Mrd. Euro. Und damit alleine 20 Mrd. für diese Jahr, Tendenz steigend, und auch nur wenn vorläufig nicht viel mehr passiert.

Nun gibt es noch das beliebte Märchen, dass man Schulden zum Verschwinden bringen könnte. Man kann sie zwar, scheinbar, zurückzahlen, aber eben volkswirtschaftlich niemals zum Verschwinden bringen. Bestenfalls gelangen sie nämlich in andere Hände. Zum Verschwinden bringt man Schulden nämlich nur, wenn eine Anleiheemittent tatsächlich keinen Pfennig mehr zahlt oder bezahlt bekommt.

Andernfalls sind die Summen aller volkswirtschaftlichen Schulden, öffentliche wie private, zum prinzipiellen Wachsen verdammt. Denn unser Geldsystem ist einfach so konstruiert. Schulden und Geld, und damit Vermögen, sind absolut identisch! Auf dem Dollarschein steht es daher auch explicitis verbis: „This note is legal tender for all debts, public and private“. Geld wird heute alleine durch Schulden eines Anderen gedeckt.


Will man also Schulden zum Verschwinden bringen, so geht das ausschließlich durch Vermögensvernichtung.


Warum das so ist, dazu muss man sich klar machen, wie Geld entsteht und wie es verschwinden kann. Also Geldschöpfung und Geldvernichtung, wie funktioniert das? Für die Geldschöpfung gibt es zwei Methoden, einmal durch die Produktion von Waren und Dienstleistungen, via Kreditvergabe, und andererseits durch Anleiheemissionen von Staat, Banken und Firmen.


Dazu zunächst die bekanntere Methode, durch Schaffen von handelbaren Güter. Auf obigem Bild sind A und B zwei oder mehrere Banken, C ist ein Produzent handelbarer Güter. Letzterer ist ein Kreditkunde, es kann auch ein Arbeiter und Konsument sein, und der einen Kredit wünscht. Damit finanziert etwa ein Betrieb neue Maschinen um mehr und besser zu produzieren, und demnächst daher den Kredit C0 plus Zinsen zurück zu zahlen.

Dabei ist immer zu beachten, dass die Bilanzen der Beteiligten mittelfristig ausgeglichen sein müssen. Für den Produzenten bedeutet das, dass er bis zum Fälligkeitstermin mehr und besser schafft, um den höheren Betrag C0+Zins zurück zahlen zu können. Bei den Banken bedeutet es, das Aktiva (Kredite etc.) und Passiva (Einlagen der Kunden, Eigenkapital etc.) ausgeglichen sein müssen.

Was passiert nun? Bank A gibt C einen Kredit C0. Dadurch ist seine Aktivaseite um C0 gewachsen, indem er einfach von seinem Haben (Passiva, Eigenkapital oder Einlage eines alten oder neuen Kunden) den Betrag C0 auf die Soll (Aktiva) Seite geschoben hat. Der Produzent oder Konsument C wiederum gibt dieses Geld aus, sei es zum Kauf von Investitionsgütern oder zum Konsum. Oder indem er es selbst auf eine Bank als höher verzinstes Anlagekapital legt. Wichtig dabei ist lediglich: Letztlich landet der ganze Betrag C0 auf irgendeinem Bankkonto, denn jeder neue Besitzer von Geld macht das so, von einer kleinen Cashreserve in der Hosentasche mal abgesehen.

Die Bank B nun (B können auch mehrere Banken oder sogar wieder selbst A sein), hat nun aber eine ebenfalls nicht mehr ausgeglichene Bilanz: Bei ihr steigt die Passivaseite um C0 an. Dafür muss sie jetzt auf der Aktivaseite neue Kunden für einen Kredit in dieser Höhe finden. Um beide Bilanzen wieder auszugleichen, können die Banken neue Kunden anwerben, oder alte Kredite einziehen, oder auch ein Interbanken-Geschäft machen. Bei letzterem legt im einfachsten Fall die Bank B das Geld C0 bei der Bank A als Einlage ab, dann ist sowohl bei A als auch B die Bilanz wieder ausgeglichen. Nach der vereinbarten Zeit zahlt dann C seinen Kredit zurück plus der vereinbarten Zinsen. Die Gesamtgeldmenge ist dann um diesen Zinsbetrag gewachsen, gedeckt durch die zusätzliche Produktion oder Arbeitsleistung des Produzenten bzw. Konsumenten.

Wichtig ist: Selbst wenn C seinen Kredit gar nicht zurück zahlt, wird volkswirtschaftlich gar kein Geld vernichtet! Im schlimmsten Fall muss das Geldsystem auf die Zinsen verzichten, mehr aber nicht. Dumm ist das nur für die Bank A, denn ihr Geld C0 ist nicht weg, sondern es hat einfach nur ein Anderer. In unserem Fall also Bank B. Und die sorgt sich selbstverständlich damit um neue Kreditkunden und Zinsen.


Etwas weniger bekannt, und finanztechnisch noch Wichtigere, ist der zweite Mechanismus der Gelderzeugung: Nämlich durch Anleihemission, auch unter dem Namen Bonds, und vieler Wortschöpfungen wie Schatzbreife etc. pp. bekannt. Im Falle von gesetzlich gesicherten Bonds, wie Pfandbriefen, nennt man sie auch „Covered Bonds“. Die werden nun keineswegs nur von Staaten ausgegeben, auch Banken und Firmen der Industrie können das machen.

Eine Sonderrolle spielen hierbei die Banken: Denn egal wer die Dinger ausgibt, das Geschäft läuft immer über diese Geschäftsbanken und die verdient dabei immer mindestens kräftige Gebühren. Denn die Anleihe darf sie bei sich erstmal unter Aktiva, also dem Haben buchen. Denn als Geschäftsbank hat sie das Privileg, diese Anleihe eines Emittenten zur (ggf. staatlichen) Zentralbank zu tragen. Dort bekommt sie für diese Sicherheiten nun frisch gedrucktes Zentralbankgeld, mit dem die Bank nun umgehend den Emittenten mit einem frischen Kredit in dieser Höhe bedient.

Gedeckt ist das frische Geld durch das Schuldversprechen des Emittenten. Bei einer Firma der Industrie etwa durch das Versprechen noch mehr zu produzieren und zu verdienen, bei den Staaten dadurch, noch mehr Steuern aus Gewerbe und Konsum einzufordern, oder sich das Geld von den Rippen ab zu sparen. Letzteres passiert aus anderen Gründen so gut wie nie. Jedenfalls ist nachher sowohl die Geldmenge, als auch die Schulden und Vermögen in gleichem Maße gewachsen.

Ein besonderes Geschmäkle hat das in letzter Zeit durch die Zentralbankpolitik, voran getrieben durch die amerikanische FED, bekommen. Denn die Zentralbank leiht den Geschäftsbanken frisches Geld für lausige Zinsen, zur Zeit zwischen 0 und 1 Prozent. Anleihen bringen selbst aber so zwischen 3 und 10 %, je nach Lage. Da ist es natürlich ein lohnendes Geschäft möglichst viele solcher Anleihen zu handeln, denn die gewaltige Differenz darf sich der Investor, i.d.R. die Bank selbst, in die Tasche und Boni stecken. Zumal man als Bank sogar gleich selbst solche Anleihen auflegen darf.

So explodieren jetzt also die Schulden und Vermögen, um so mehr wie der Druckunterschied zwischen Anleiherendite und Zentralbankgeldzins beträgt. Wie bei jeder Dampfmaschine steigt damit die Drehzahl bis der Druck am Ventil so groß geworden ist, dass man es nicht mehr geschlossen bekommt. Dreht man nämlich die Geldmaschine zurück, hebt etwa die Leitzinsen an, dann steht den Staaten und dem BIP ganz schnell das Wasser bis zum Halse, da die Schulden Refinanzierung dann erst recht nicht mehr machbar ist.


Der einzige Ausweg aus dem Dilemma ist Schuldenvernichtung. Und zwar Vernichtung, und nicht nur einfach die weitere Umverteilung der Schulden. Denn dadurch sind sie niemals weg, sondern einfach nur in anderen Händen. So wie jetzt die Schulden Griechenlands in die BRD und auch nach Frankreich wandern werden, und in absehbarer Kürze die von Portugal und Spanien auch.

Wie kann man also Schulden beseitigen? Natürlich nur durch echte Vernichtung von Vermögen. Dazu die letzte Grafik. Schulden verschwinden nur, wenn ein Anleiheemittent tatsächlich nichts mehr zahlt, und auch keine anderer für ihn einspringt. Das funktioniert so, dass der Emittent seine Insolvenz erklärt und die Anleihe zum vereinbarten Termin nicht zurückzahlt. Dann muss nämlich die Bank, die diese Anleihe als Sicherheit bei der Zentralbank hinterlegt hat, der Zentralbank das Geld zurück zahlen. Und das muss sie dann aus ihren Passiva entweder ihren Kunden oder sich selbst aus dem Eigenkapital abzwacken.

Die Zentralbank schmeißt dass zurück fließende Geld einfach in den Papierkorb, das Geld, die Vermögen und die zugehörigen Schulden sind dann zum ersten mal tatsächlich verschwunden.

Nur passiert letzteres viel zu selten. Was vor allen Dingen daran liegt, dass sämtliche Regierungen von Merkel bis Obama eben alles Erdenkliche unternehmen, um genau das, auf Kosten des Steuerzahlers, zu verhindern. Denn da Schulden und Vermögen identisch sind, kann keinem wirklich Vermögendem oder Vermögensverwalter daran gelegen sein, das Schulden, egal ob privat oder staatlich, auch nur um einen Euro sinken. Im Gegenteil, nur Schuldenwachstum ermöglicht Vermögenswachstum. Und Letztere sind genau diejenigen, die in den politischen Beraterstäben von Berlin bis Washington sitzen. Dadurch wachsen die Schulden aber zwangsläufig ins Unermessliche, bis die Dampfmaschine endgültig explodiert. Was nicht mehr allzu lange dauern wird. Und wundern darf sich dabei, trotz aller gegenteiligen Behauptungen, wirklich Niemand.

Kinder hören jeden Abend gerne immer wieder die gleichen Märchen, um danach beruhigt einschlafen zu können. Auch wenn sie genau wissen, dass sie nicht wirklich stimmen. Beim Bürger und Wähler, glaubt man zumindest, ist es genauso. Und vom Gegenteil bin auch ich noch nicht überzeugt worden. Achten wir also mal auf das Ergebnis am 9. Mai in NRW. Auch wenn der Wähler nur die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub hat, es sollte sich wenigstens zeigen, dass so Einige Bürger in der Nacht aufgeschreckt sind.

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