Dienstag, 31. August 2010

Der letzte Kampf des Sarrazenen: Thilo schafft sich ab


Sarazenen ist ein Begriff, der ursprünglich einen im Nordwesten der arabischen Halbinsel siedelnden Volksstamm bezeichnete. Im Gefolge der islamischen Expansion wurde der Begriff im christlichen Europa als Sammelbezeichnung für die muslimischen Völker verwendet, meist in angstgeprägtem Sinn. Die Bedeutung wurde seit der Spätantike sukzessive erweitert und dann im Laufe der kriegerischen Auseinandersetzungen mit maurischen und arabischen Armeen in Europa auf die islamischen Völkerschaften schlechthin. In dieser erweiterten Bedeutung wurde das Wort seit der Zeit der Kreuzzüge auch in die europäischen Volkssprachen übernommen. Besonders in Frankreich und der Schweiz ist noch heute der Familienname Sarrazin verbreitet. Vorläufer solcher Namen ist im Mittelalter ein vielfach dokumentierter Name oder Beiname Saracenus, der in vielen Fällen wegen einer „sarazenischen“ Herkunft des Trägers oder zur Hervorhebung einer besonders dunklen Haut- oder Haarfarbe entstand. Sofern der Name erst im Spätmittelalter in Gebrauch kam, ist auch mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er im Hinblick auf die mögliche Bedeutung „Zigeuner“ gewählt wurde. Gegenwärtig prominentes Beispiel in Deutschland ist Bundesbankvorstandsmitglied und SPD-Politiker Thilo Sarrazin. (Quelle: Wikipedia)

Nun, der moderne Sarrazin zigeunert zur Zeit durch die Gazetten und Talkshows. Und er provoziert. Besonders seine alten Genossen. Oder er erfreut, besonders Freunde von der NPD, die er wahrscheinlich nie haben wollte.

Wer sein Buch gelesen hat, und das scheinen immerhin schon einige Journalisten getan zu haben, was wenig verwundert, da Thilo’s Ökonomie-Schinken von 464 Seiten zu 22,90 € schließlich schon alle aktuellen Bestsellerlisten erobert hat, reibt sich verwundert die Augen am Kontrast eines relativen Ökonomen-Langeweilers zu den öffentlich verkündeten politischen Provo-Thesen.

Nun sind nicht alle Thilo-Thesen wirklich neu, noch sind sie, auf das ökonomische reduziert besonders radikal oder entscheidend für das Deutsche Staats-Dilemma. Das einzige Problem bei so einem Buch ist, das es sich normalerweise kaum verkaufen ließe. Für Fachbücher, zumal bei klassischen Ökonomenschinken von denen es tausende gibt, finden sich nur wenige Interessierte bereit, stattliche dreiundzwanzig Euro auszugeben und nach getaner Arbeit abends im Bett, die vierhundertvierundsechzig Seiten bei herunterklappenden Augendeckeln wirklich zu lesen.

Warum Thilo Sarrazin also so offensiv in Steilvorlage geht, dürfte in der Tat ökonomisch begründet sein. Weniger für Deutschland, als für seine eigene Haushaltskasse. Das hat er auch schon kund getan, als er bei Beckmann zugab "Ich hab noch keine Pläne, sondern jetzt bin ich erstmal dabei, die Auflage zu steigern". In der Tat hat das nachvollziehbare Gründe. Wer selbst Fachbücher schreibt weis, wie wenig die im allgemeinen einbringen. Da zahlt der Autor sogar drauf, denn bei wenigen hundert verkauften Exemplaren mit Autoren-Margen von zwei Euro sind die Erstellungskosten nie herein zu holen. Wer da richtig verdienen will, der muss Belletristik schreiben und sich mit Harry-Millionenauflagen reich Pottern.

Es sei denn man ist abgemeldeter Politpromi mit Versorgungsposten im Bundesbankvorstand. Denn dann kann man die Auflage eines solchen Buches von einigen hundert leicht um das tausendfache steigern. Sarrazins Autorenmarge dürfte locker bei 5 Euro pro Buch liegen. Ohne Medienzirkus würde er davon vielleicht 2000 Stück verkaufen, wobei nach gegebener Zeit diese Mindestauflage auch noch in der Grabbelkiste einer Kaufhalle landen würde. Von seiner Marge könnte er dann nicht mal seine Eigenkosten decken.

Nun aber hat er die realistische Aussicht mehrere hunderttausend Stück zu verkaufen. Und nun rechnen sie mal: 200.000 Exemplare bringen ihm wenigstens 1.000.000 Euro aufs Konto, eine halbe Million Exemplare schon mindestens 2,5 Millionen Euro, plus noch die ganzen Talkshows, Lesungen etc. pp. Mal ehrlich, dass sind doch bessere Aussichten als ein bisschen Riesterrente oder Beamtenpension? Zumal letztere sowieso noch hinzukommt, denn rausschmeißen kann man ihn ja schließlich nicht so einfach. Jedenfalls nicht beim Arbeitsgeber Bundesbank. Und ein Parteiausschlussverfahren bei der SPD ist auch kaum zu befürchten, zumal ihm die Mitgliedschaft dort sowieso nicht viel einbringt. Ehr im Gegenteil, denn es garantiert noch zusätzliche Publizität, und, damit Einnahmen. Wer würde, wenn er mit geschickt gezielten Verbalgepolter so einen feinen Gewinn einstreichen könnte, nicht selbst schwach werden?

Nach dem die Medien also den Mohr gegeben haben, er hat seinen Dienst getan und kann also gehen. So zitiert der Focus das Rückrudergeschäft von Thilo: „Sarrazin hatte zuvor bei der Vorstellung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ seine umstrittenen Thesen zur Integrationsunwilligkeit muslimischer Einwanderer und deren angeblich vererbter Dummheit verteidigt. Nach Bekanntgabe des Parteiausschlussverfahrens drückte Sarrazin schriftlich sein Bedauern über „Irritationen und Missverständnisse“ aus. Mit seinen Äußerungen zur Genetik sei „keinerlei Werturteil verbunden“.“

Na dann ist ja alles in Ordnung.

Dienstag, 24. August 2010

Die Kernspaltung der Gesellschaft

Jüngst erregt der dramatische Appell von 41 Wirtschaftsführern an die Regierung Aufsehen, von der Besteuerung der Unternehmensgewinne der Atomindustrie abzusehen, die aus der vorgesehenen Verlängerung der Laufzeiten veralteter Reaktoren entstehen.

Nun, Jammern gehört bekanntlich zum Geschäft, erst recht wenn die Geschäfte so richtig dick sind. Konkret geht es um die Abwehr der so genannten Brennelementesteuer und der Erhöhung der Ökosteuer, jeweils vom erwarteten Umfang in Höhe von etwas mehr als 2 Milliarden, zusammen also knapp 5 Milliarden Euro jährlich. Die Debatte resultiert daraus, dass man den bereits 2002 beschlossenen Ausstieg rückgängig macht und damit der Atomindustrie durch die bereits vollständig abgeschriebenen Atommeiler einen gigantischen Zusatzverdienst als Geschenkpaket serviert.

Altruistische Dankbarkeit der solchermaßen Beschenkten, in Form eines Anteils am unverhofften Gewinn für den Staat, und damit im Effekt für den Durchschnittsverdiener und Steuerzahler, darf man natürlich nicht erwarten. In höheren Kreisen, wozu sich keineswegs nur die unmittelbar Begünstigten Energiemanager zählen dürfen, sondern selbstverständlich Deutschlands größter Vermögensverwalter Ackermann sowie etliche abgehobene Politgrößen, aber weniger selbstverständlich Nationalfußballmanager Bierhoff, so zu sagen als einziger quasi-Vertreter des kleinen Mannes, dort schaut man dem geschenkten Gaul selbstverständlich erstmal gründlich tief ins Maul bis zum finalen Darmausgang.

Plötzlich soll die ganze Industrie, durch den vorgesehenen Anteil an der Beute für die Allgemeinheit, in ihren pekuniären Grundfesten erschüttert sein. Wieder einmal werden Otto-Normalverbraucher und seine Volksvertreter gründlich dummgeschwätzt mit der durchsichtigen Absicht, das fette Geschenk so groß wie möglich zu machen. Der Erfolg der schmierigen Männerbande ist absehbar, ihr Adlatus Westerwelle schwenkt schon bereit willig auf Linie ein und auch Frau Merkel wackelt bereits bedenklich in den Knien: „Denn geradezu beiläufig erklärte Kanzlerin Angela Merkel, wenn in der brisanten Atomfrage eine andere Form als die Brennelementesteuer gefunden werde, "ist es auch gut". Diese "andere Form" soll ein Vertrag mit den Konzernen sein.“. Dieser Vertrag soll nach deren Vorstellung letztlich in einen großen Geldtopf münden, aus dem sich selbige Energiekonzerne dann wieder zur Begleichung von Betriebsausgaben, etwa der Forschung nach erneuerbaren Energien, möglichst frei bedienen können. Zur Verwaltung dieses Topfes, gegen kleine Unkostenbeteiligung des Bürgers versteht sich, bietet sich der selbstlose Josef von der Deutschen Bank an. Netter Kerl eben.

Klar, jeder der durch Solidaritätsbeiträge irgendwelcher Art bedroht ist, darf sich dagegen wehren, wenn er möchte. Das Ackermann der Meinung ist, das Gewinne grundsätzlich privat und Schulden öffentlich sind, ist seinem Berufsverständnis klar geschuldet. Was aber treibt den National-Oliver hier an? Ist er einfach nur „dumm wie eine Schnitte Brot mit ohne was drauf“ sich so unverschämt einspannen zu lassen? Nun, so dumm sieht er nicht aus und ist es auch nicht. Bierhoff’s Gründe sind privater Natur, sein Vater gehörte zum Führungskreis der RWE AG. Als Privatperson hat er natürlich das Recht zur freien Meinungsäußerung, er unterschrieb die Anzeige allerdings mit seinem Titel „Manager Deutsche Fußball-Nationalmannschaft“. Und das ist vielleicht nicht dumm, aber jedenfalls ausgesprochen dreist.

Genauso verlogen, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen, ist ein Hr. Fuchs, der selbigen Aufruf mit „Dr. Michael Fuchs, Unternehmer“ unterschrieb. In Wahrheit ist er nicht weniger als der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union: “ Für seine Beteiligung an dem energiepolitischen Appell gerät Fuchs nun in den eigenen Reihen in die Kritik. „Das verletzt die ungeschriebene Regel, wonach sich ein Mitglied der Bundestagsfraktion auf diese Weise nicht äußert“, sagte der Obmann der Union im Umweltausschuss, Josef Göppel (CSU), den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. „Das ist so außerhalb des Anstandes und der Solidarität mit den Kollegen, dass man das nur verurteilen kann“, so Göppel weiter. So etwas habe er, seit er im Bundestag ist, noch nicht erlebt.....Kritik kam auch von Fraktionsvize Christian Ruck (CSU): „Ich halte es für seltsam, dass sich Herr Fuchs mit einem Appell an die eigene Kanzlerin wendet“, sagte er. Dies sei schon „etwas skurril“.“

Das ist etwa so, als wenn ein Abteilungsleiter eines Unternehmens in einem öffentlichem Aufruf seinem Arbeitgeber seine Geschäftspolitik um die Ohren schlägt. Konsequenzen hat es in diesem Fall natürlich nicht, denn Merkel schlug unterdessen einen mäßigenden Ton an: „Es sei wichtig, dass sich die Befürworter der Kernenergie zu Wort meldeten, sagte sie der „Bild am Sonntag“.“ Anders natürlich sieht das Grünen-Chef Cem Özdemir „...warf den großen Energiekonzernen hingegen vor, im Kampf um den Erhalt ihrer Pfründe „immer unverschämter aufzutrumpfen“ und der Bundeskanzlerin auf der Nase herumzutanzen....Die Energiekonzerne griffen zu allen Mitteln, um Druck gegen das Gemeinwohl auszuüben. Der Grünen-Chef kritisierte außerdem scharf, dass die Bundesregierung die Entscheidung über die Brennelementesteuer verschoben habe, die jährlich 2,3 Mrd. Euro bringen soll. Kanzlerin Merkel werde von der Atomlobby regiert, bilanzierte er. Es räche sich nun, dass die Atomindustrie sehr große Privilegien genieße. Die bisher gezahlten Subventionen summierten sich seit den 1950er-Jahren auf geschätzte 164 Mrd. Euro.“

Yep, genau die 164 Milliarden, deren Zins und Zinseszins auch von Ottonormalbürger aufgebracht werden müssen und die die bereits abgeschrieben Gelddruckmeiler wesentlich mitfinanziert haben. Da dürften nicht nur die Energieriesen, sondern auch der Hr. Ackermann einmal Dankeschön sagen und auch dem Oliver sein Pappi. „Die Energie-Monopolisten, ihnen eng verbundene Manager und Lobbyisten werfen der Gesellschaft den Fehdehandschuh hin“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion, Ulrich Kelber, Handelsblatt Online. „Mit aller Macht wollen sie ihre kurzfristige Gewinnmaximierung gegen die volkswirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Interessen Deutschlands durchsetzen.“.

Nun, ich persönlich bin gar nicht so grundsätzlich gegen Atomkraftwerke oder auch die Verlängerung von Laufzeiten. Gerade weil ich von Dreck und Leid der Braunkohleförderung persönlich betroffen bin, betrachte ich diese Frage etwas vorsichtiger als diejenigen, die ihren grünen Strom nur aus der rosaroten Steckdose beziehen und ihre Texte auf biologisch 100% abbaubaren Tastaturen daddeln.

Das hier offen klaffende Problem ist jedoch die Kernspaltung der Gesellschaft zwischen der Oberschicht, die sich regelmäßig erfolgreich gegen Belastungen wehren kann und im Gegenzug sogar weitere Geschenke, wie etwa die Mehrwertssteuersenkung der Hoteliers, einstecken darf, während der fast alles zahlende Mittelstand klaglos seiner Ausplünderung gegenüber steht und scheinbar keinen ernsthaften Versuch unternimmt, dies zu verändern.

Man muss sich darüber im klaren sein, dass in einer Gesellschaft, in der alle Finanzhaushalte überstrapaziert sind, jedes Geschenk an den Einen nur durch eine Belastung des Anderen zu finanzieren ist. Wohl gesagt, es geht hier im speziellen Fall sogar nur um einen Anteil an einem riesigen Geschenk, nicht etwa um eine zusätzliche Belastung einer sowieso schon öffentlich begünstigten Industrie. Der Bürger wird letzten Endes selber schuld sein, wenn er sich solchermaßen an der Nase herum führen lässt. Unter Aufstand gegen die Verhältnisse versteht er bisher leider nur, das man bei der nächsten Landtagswahl der Regierung mal so richtig einen einschenkt, indem man dann das Kreuzchen statt beim Teufel beim Beelzebub unterbringt. Nicht nur Banker und Politiker, auch Energieriesen und sonstige Nationalfuzzies wissen soviel revolutionäre Energie zu schätzen.

Freitag, 13. August 2010

2,2%: Chinesische Verhältnisse in BRD?

Das Statistische Bundesamt hat gerade ein Wachstum von 2,2% im zweiten Quartal 2010 berechnet. Würde das so weiter gehen dann kämen sagenhafte 9,1% Wachstum auf Jahresbasis zustande, quasi Verhältnisse wie in China zur Zeit auch bei uns. Scheinbar Grund genug für alle Gazetten wieder einmal das Ende der Talsohle und Aufschwung ohne Ende auszurufen. Nur, was ist davon tatsächlich zu halten? Zunächst mal ist der Wert natürlich sehr erfreulich und zumindest kurzfristig ist kaum mit größeren Industriepleiten und Entlassungswellen zu rechnen.

Allerdings wäre es naiv, jetzt das Ende aller Probleme auszurufen. Denn das mächtige Plus verdankt Deutschland erst einmal seiner außerordentlichen Stellung im Weltwirtschaftsgefüge. So ist die BRD neben China der Exportweltmeister und profitiert, weit mehr als andere Volkswirtschaften, von anziehender Industrienachfrage in den Schwellenländern, nicht zuletzt beim direkten Konkurrenten China. Die BRD ist zudem von den alten Big-Playern der klar am besten aufgestellte Mitspieler, weit besser als USA, Japan und der Rest der EU, von Britannien ganz zu schweigen. Wir sind also der alte Hecht im Karpfenteich, wenn gleich auch die Junghechte aus den Schwellenländern langsam bedrohliche Größe erreichen.

Trotzdem: Der Karpfenteich ist weiterhin völlig überdüngt und die Anzahl der Fressfische bedenklich geschrumpft. Der deutlich überproportionale Ausschlag des deutschen BIP in den letzten drei Monaten wird mit Sicherheit nicht zum Dauerereignis der kommenden Jahre, er passt aber in die Reihe der erratischen Ausschläge der Börsen, Rohstoffen und Edelmetallpreisen. So stieg der Dax ab März von etwa 5500 auf mehr als 6200 im April (+13%) um im Mai dann wieder auf etwa 5650 zu fallen (-10%) und flugs bis August wieder auf bis zu 6350 zu steigen (+12%). Das Brent Crude Rohöl stieg im etwa gleichen Rhythmus von 70 auf 88,8 USD pro Barrel (+27%), fiel wieder auf 70 (-21%) und stieg dann wieder auf 83 (+19%). Selbst der vergleichsweise stabile Währungsindikator Gold legte eine entsprechende Rally hin, vom Höchststand am 8.6. bei 1043 Euro/Unze sank es auf 889 am 28.7. (-14,8%) um dann wieder am 12.8. auf 945 (+6,3%), Tendenz steigend, zu klettern. Dito selbstverständlich die Dollar zu Eurorelation.

Das sind alles Anzeichen von größter Marktnervösität, und selbst die ominösen 2,2% sind mehr Symptom der Krise als ein Zeichen der aufgehenden Sonne. Glücklicherweise aber können wir in Deutschland auf vergleichsweise hohem Niveau jammern und wir werden auch zu den letzten gehören, den die Hunde beißen. Aber, sie werden beißen.

Die BRD hat einen kräftigen Exportüberschuss, der Schub für die deutsche Industrie resultiert aus der Nachfrage und Konsum in den Schwellenländern, aber auch andernorts, so auch in Europa und den USA. Dementsprechend ist der Binnenkonsum bei uns nicht so tragend, während Länder mit einem Handelsdefizit, allen voran die USA, natürlich vom Binnenkonsum stark abhängig sind. Während das Hauptexportprodukt der Deutschen hochwertige, teils einzigartige, Industrieware ist, ist das Hauptexportprodukt der Amerikaner seit zwei Jahrzehnten Papier. Es sind schlichtweg Schulden. Und keineswegs im übertragenden Sinne, es sind tatsächlich US-Staatsanleihen, Bonds, Hypotheken und Zertifikate wie die von Lehman-Brothers, deren Kollaps die 2008er Finanz-Katastrophe befeuerte, und insbesondere von deutschen Kreditinstituten händeringend nachgefragt und gekauft wurden und immer noch werden, die die Handelsbilanz der immer noch weltweit größten Volkswirtschaft ausgleichen müssen und deren größtes und „wertvollstes“ Exportprodukt darstellen.

Und solche Schulden sind der Grund, warum sämtliche Aufschwünge der letzten 10 Jahre nicht beim deutschen Durchschnittsbürger und Konsumenten angekommen sind.
Auch der jetzige kleine Aufschwung wird es nicht. Das zusätzliche Geld fließt erstmal in Gewinne und von dort aus auf die Konten der Kapitalgeber und nicht in eine Runde von Lohnerhöhungen und Neueinstellungen, die nach Abzug der Steuer-, Gebühren und Abgabenerhöhungen zu einer größeren durchschnittlichen Kaufkraft führen würde. Seit 10 Jahren lassen sich die Gewerkschaften mit den immer gleichen Argumenten abspeisen, man hat Lohnzurückhaltung geübt, man hat steigende Abgaben auf sich genommen, Entlassungen hingenommen, die Arbeitszeit erhöht und vieles mehr. Immer mit dem Versprechen, dass das in absehbarer Zeit durch neue und besser bezahlte Arbeitsplätze, und durch Nachholen der Einkommen, wieder ausgeglichen würde. Geschehen ist das Gegenteil, immer mehr rechtssichere Volleinstellungen werden abgelöst durch immer mehr Teil- und Zeitarbeitsverträge, Outsourcing unter dem Existenzminimum, HartzIV-Aufstockung und die Verweigerung eines menschenwürdigen Mindestlohns.

In den nächsten Lohnrunden werden die gleichen Argumente wieder ziehen: Der „Aufschwung sei noch nicht stabil genug“ (was stimmt), der“ internationale Kostendruck durch Billiglohnanbieter sei zu groß“ (was auch stimmt), die „Rohstoffpreise steigend“ (was meistens auch stimmt) und die „drückenden Kapitalkosten“ keine großen Sprünge erlaubten (was im allgemeinen, außer für Vorstände und Banker, auch stimmt), und, immer wieder gerne genommen, „Die Lohnnebenkosten zu hoch wären“ (was auch stimmt) und deswegen statt dem Arbeitgeber nun überproportional den Arbeitnehmern ans Bein geklebt werden sollen. Garniert wird das Süppchen mit der Forderung des Institut der deutschen Wirtschaft für eine Ausweitung der Arbeitszeit bis zum 70. Lebensjahr. Was in der Praxis lediglich auf eine erhebliche Senkung der Rentenbezüge, und damit Senkung der Binnenkaufkraft, hinausläuft.

Freuen wir uns also über eine sommerliche Erholung, nicht nur am Strand, sondern auch an der Industriefront. Wie immer nach der Erholung, kommt dann aber die harte Arbeit zurück: So die Umschuldungsprobleme Europas, die Refinanzierung der EURO-Banken, der drohende China-Crash als GAU-Fall der Weltwirtschaft, die frisierten Bilanzzahlen der Amerikaner, die Wachstumsraten suggerieren, die gar nicht existieren, sondern eine Dauerkrise darstellen, die den US-Mittelstand als Konsummotor der Welt längst in aussichtslose Enge getrieben hat. Und die Immobilienblase ist weder in den USA vorbei, noch wird sie an China vorbeigehen. Und die Krise der Gewerbeimmobilien, nicht nur in den USA steht noch bevor. Da diese in den Boomjahren 2007 und 2008 meist mit nur 3 bis 5-jährigen Krediten aufgelegt wurden, beginnt diese noch größere Bombe ab 2011 in den Bankbilanzen zu glimmen.

Und die BRD? Die wird zu ihren eigenen Problemen und Verbindlichkeiten noch weitere hinzu bekommen, denn mit jedem kriselnden EURO-Land werden die Deutschen überproportional zur Kasse gebeten. Denn die selbst schwächelnden oder gar kollabierenden Partnerländer können (oder wollen) nicht die Kosten der noch kränkeren Nachbarn übernehmen. In absehbarer Zeit werden sich diese „Sondervermögen“ zu einem gewaltigen Paket ansammeln.

Denn, den Letzten beißen die Hunde.