Freitag, 17. Februar 2012

Downgrade: Der erwartet überraschende Rücktritt


Der Antrag auf Aufhebung der Immunität hat das Fass zum überlaufen gebracht – Wulff tritt zurück. Etwas früher als erwartet, aber unvermeidbar. Unmöglich wäre es gewesen, mit einer solchen Liste der Verfehlungen fünf Jahre Präsident aller Deutschen zu bleiben. Natürlich werden seine Freunde, ja auch da gibt es ja noch einige, demnächst über die „Pressemeute“ herziehen, die angeblich ihren integren Mann zu Fall brachte. Aber was wir nun erleben ist der Fakt, das in der BRD die Demokratie noch funktioniert. Nicht immer perfekt, aber immerhin.

Natürlich, ohne freie Presse wäre Wulff mühelos fünf Jahre im Amt geblieben. Keine Frage. Aber das ist Aufgabe der Presse, alle die Unstimmigkeiten auf den Tisch zu bringen, die uns die Träger der offiziellen und privaten Macht so gerne verheimlichen wollen. Und es macht den Unterschied aus, das ein Wulff gehen muss, und ein Assad in Syrien trotz Massenmorden immer noch im Amt ist. Aber auch ein Putin oder Berlusconi, beide stützen bzw. stützten sich auf eine mit unterschiedlichen Methoden drangsalierte Presse.

Christian Wulff und seine Frau müssen sich allerdings nicht fürchten, nun auf Hartz IV ab zu gleiten. Denn jedem ehemaligen Bundespräsidenten steht lebenslang der „Ehrensold“ von 200.000 Euro pro Jahr zu. Sogar über den Tod hinaus, sofern seine Witwe ihn überlebt, denn die lässt man natürlich deswegen nicht im Regen stehen. Allein diese Regel sollte bei der Wahl eines Bundespräsidenten eigentlich schon eine Rolle spielen, denn es ist nicht gerade sinnvoll einen BP in den 40ern zu wählen. Denn da stehen im allgemeinen 50 Jahre Zahlungen der öffentlichen Hand im Raume, selbst wenn der Kandidat nur 1 Tag im Amt war.

Ein BP sollte schon wenigstens die 60er-Marke gerissen haben. Dann hat er nicht nur mehr Lebenserfahrung und eine besser bekannte Vergangenheit, er hat meist auch mehr Demut und Abgeklärtheit einen so wichtigen Posten auszufüllen. Und muss sich nicht immer mit dem Gedanken und der Vorbereitung seiner weiteren Karriere nach der Amtszeit beschäftigen.

Innerhalb kürzester Zeit haben nun zwei BP's hingeschmissen, Köhler aus eigenem Antrieb weil er nicht weiter den Grüß-Gott-August für Merkel spielen wollte, und der zweite weil er zu einem geworden war. Nun dürfte das Gezänke um den nächsten Kandidaten/in wieder losgehen.

Der sehr schnelle Rücktritt Wulffs kam sicherlich einem mehr oder weniger offenen Rücktrittsbefehl der eisernen Kanzlerin zuvor. Denn die Order wäre angesichts der anstehenden Wahl im Mai in Schleswig-Holstein unumgänglich geworden. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung ist wahrscheinlich nur vor dem 5. Mai die Durchsetzung eines weiteren Merkelkandidaten möglich.

Angesichts des BP-Desasters der letzten Jahren, und damit der völligen Marginalisierung des BP's, wäre jetzt aber nur ein wirklich überparteilicher Kandidat/in aller Deutschen noch eine letzte Rettungsmöglichkeit für das Ansehen dieses Postens. Oder auch eine Verfassungsrechtliche andere Stellung, was aber in der Kürze gar nicht machbar ist.

Die nächsten Wochen werden zeigen, welchen Weg man bereit ist zu gehen. Machtspiele oder Demokratie, was wird im Vordergrund stehen? Schaunmermal.

2 Kommentare:

  1. Ja ja, die freie Presse. Da frage ich mich wieso Demokratie nur in diesem Fall funktioniert und nicht z.B. bei Josef Fischer der offensichtlich trotz schwererer Vergehen absolute Narrenfreiheit hatte (und noch immer hat). Ein absoluter "Freie-Presse-Liebling". Auch Schäuble rangiert auf meiner Dubiositätsskala noch vor Wulff wurde aber sogar kurz als dessen Nachfolger gehandelt. Nicht dass mir Wullf sympathisch gewesen wäre aber ich denke er wurde abgesägt.

    Aus Wikipedia "Pressefreiheit": In einem Leserbrief im Spiegel vom 5. Mai 1965 schrieb Paul Sethe, einer der fünf Gründungsherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

    „Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten… Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher…"

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  2. Hallo MR,

    ja, da ist einiges dran. Der Mainstream sitzt in der ökonomischen Falle. Im Beitrag http://tandemvipera.blogspot.com/2010/12/von-journalisten-assangisten-und.html hatte ich dazu auch schon mal den Medienwissenschaftler Prof. Weischenberg zitiert:

    „[…] die öffentliche Aufgabe, die [Journalismus] nach höchster Rechtsprechung wahrnehmen soll, [ist] inzwischen mit der Lupe [zu] suchen. Im gesamten Journalismus wird zunehmend mehr die Kritikerrolle zur Disposition gestellt. Die Krise des Journalismus […] erweist sich vor allem als Krise seiner Kritikfunktion; sie wird obsolet, wenn die Distanz fehlt und die Relevanz sowieso. Dies gilt schon traditionell für den strukturell korrupten Motor- und Reisejournalismus sowie einen Teil der Wirtschaftspublizistik. […]“ Bezahlte Journalisten seien, um ihre immer knappere Arbeit zu behalten, wegen der Einschaltquoten und der Werbungs-Abhängigkeit, tendenziell wie in der PR mehr am Mainstream orientiert. Unabhängiger Fach- und Bürgerjournalismus sei investigativer.“

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