Sonntag, 22. April 2012

Schöner Gruß von Grass: Es kann nicht sein, was nicht sein darf...


Die immer noch nicht abgeklungene künstliche Aufregung über Grass wird nun aktuell durch neuerliche Aufregungen um Familienministerin Schröder überdeckt. Auch Frau Schröder hat sich auf ideologisch vermintes Gelände gewagt, die Frauenrechte, bzw. eher wohl in die Domäne, wer denn nun zu bestimmen hätte was eine „richtige“ Frau sein soll. Natürlich hätte Sie wissen müssen dass diese Deutungshoheit ausschließlich der Feministischen Kaiserin Alice Schwarzer und ihren Adjudantinnen zusteht. Denn die ist ja, ganz im Gegensatz zu unser fraulichen Familienministerin, eine kinderlose, unverheiratete und verklemmt-ungeoutete lesbische Karrierefrau im allerbesten Alter. Also eben die ganz typische Durchschnittsfrau mit entsprechender Lebenserfahrung, die viel besser wissen kann, wie Anna-Normalo-Frau fühlt und leidet. Leiden muss, schließlich wird dieses hilflose arme Geschöpf ständig geschlagen und drangsaliert von stoppelbärtigen Monstern, die man, Verzeihung frau, manchmal auch verächtlich „Männer“ nennt.

Das wissen auch inzwischen die fähigsten Köpfinnen der Nation, so auch die Grüne Claudia Roth, deren Vita in den typischen Grundzügen mit der von Schwarzer gut vergleichbar ist :Grüne fordern Kanzlerin Merkel zur Entlassung von Schröder auf: ...Roth warf Schröder ein Familienbild von vorgestern vor. „Kristina Schröder ist nichts anderes als eine reaktionäre Kulturkämpferin“, sagte sie. Die Chefin der Grünen kritisiert Schröder nicht nur, weil sie für das Betreuungsgeld verantwortlich zeichnet. Die Ministerin ist auch gegen eine gesetzliche Frauenquote. Für Roth ist sie in ihrer gesamten Politik daher „die Trägerin einer frauenfeindlichen Restauration.“... .

Nun, wenn man der Nation seit Jahrzehnten eingeredet hat, dass Karriere taugliche Schwule- und Lesben eben die normalsten aller Normalos seien, dann kann es natürlich nicht sein, das ausgerechnet eine Familienministerin das einseitig aufgehängte Bild wieder gerade zu rücken versucht. Daran sind schon andere gescheitert, etwa Eva Herman die Kopf- und Kragen riskierte und prompt ihren gut bezahlten Journalistenjob beim NDR gekündigt bekam. Noch 2003 galt Herman nach einer Emnid-Umfrage als „beliebteste Moderatorin Deutschlands“. Aber 2006 musste Sie nach dem tiefen Tritt ins Frauenrechtnäpfchen von ihrer Position zurücktreten. In vorderster Front der Brutusbande, natürlich, unsere Alice Schwarzer. Ihr wesentlicher Kritikpunkt war der gleich wie bei Familienmnisterin Schröder: „In ihrem Buch Das Eva-Prinzip (2006) machte Herman den Feminismus für aus ihrer Sicht unvereinbare Rollenanforderungen an Frauen verantwortlich.“. Gekündigt wurde Sie natürlich nicht deswegen, sondern weil man ihr, wie es in solchen Fällen fast regelmäßig der Fall ist, Nähe zu Nazis mit ihrem traditionellen deutschen Familienbild unterstellte.

Schönen Gruß von Grass...und was sagte Familienministerin Schröder in ihrem heftig kritisierten Buch: „Mutter, Karriere, Geliebte. Das erschlägt Frauen: ...Schröder: Dieses Thema reizt viele. Wenn Sie die Betreuungsgelddebatte nehmen, dann wird hier von Herdprämie gesprochen und damit der Lebensentwurf von 60 Prozent der Familien abgewertet. Und andererseits gibt es oftmals immer noch negative Reaktionen, wenn man nicht in Berlin-Prenzlauer Berg, sondern zum Beispiel in ländlichen Regionen wohnt und dann früh nach der Geburt wieder zur Arbeit geht. Das habe ich doch ähnlich selbst erlebt. In Zuschriften hieß es, ich solle mich schämen und dass man hoffe, dass ich das erste Wort meiner Tochter verpasse, das erste Lächeln und die ersten Schritte....“.

Nun, genau da liegt der Hase im Pfeffer: Natürlich sei es jeder Frau und überhaupt jedem Menschen gegönnt, eine Karriere anzustreben. Aber muss man deswegen den 99% der Frauen und(!) Männer, die das entweder nicht tun oder gar nicht können, suggerieren sie seien sowieso nur zweite Wahl und eines Buches und einer Diskussion im Grunde genommen gar nicht würdig? Selbstverständlich ist es für Kinder am schönsten in einer klassisch geregelten Familie auf zu wachsen, dass hat durchaus biologische Gründe, und natürlich, dass beißt sich mit Karrierestreben, was nun wirklich kein Wunder ist und auch gar nichts mit Frauen- und oder Männerfeindlichkeit zu tun hat.

Es hat lediglich etwas damit zu tun, welche Ansprüche Unternehmen und auch Behörden an ihre überdurchschnittlich bezahlten Spitzenkräfte stellen: Praktisch unlimitierte Verfügbarkeit, kein blödes Gerede wegen Überstunden, und jederzeit auch kurzfristig für anfallende Dienstreisen nach Überall zur Verfügung stehend. Ohne besonderen Ausgleich, weder in Geld noch in Zeit, versteht sich. Das ist die Realität auf Karriereposten und wird nicht von „gender“-Denken, sondern von den, gerade in den letzten Jahrzehnten weiter gestiegenen, Renditeanforderungen der Unternehmen diktiert. Und wenn da bei einer Einstellungsentscheidung auf solch hochbezahlten Posten in Einzelfällen eine Frau den Kürzeren zieht, dann liegt es nicht so sehr an Eignung oder Geschlecht, sondern besonders daran, dass der Arbeitgeber fürchtet, dass die Dame vielleicht plötzlich wieder „normal“ wird. Oder eben „unnormal“ aus Sicht militanter Feministinnen, die sich zumindest in diesem Punkt von keinem der von ihnen so angefeindeten Industriebosse unterscheiden.

Im angeblich so hinter dem Mond lebenden öffentlichen Dienst ist es übrigens längst umgekehrt. Aus der Bevorzugung der Frauen ist dort längst ein eklatanter Bremsklotz für die angestrebte neue Behördeneffektivität geworden. Denn während bis in das Jahr 2000 meist noch verdiente Mitarbeiter aus dem eigenen Behuf in die unteren und mittleren Führungsposten befördert wurden, ist es heute zumindest in Bundesbehörden so, dass solche Posten grundsätzlich bundesweit ausgeschrieben werden. Mit dem eindeutig und absolut ernst gemeinten Hinweis: Frauen bevorzugt!

Gut gemeint, aber gut gemeint ist selten gut gemacht. Die Folge: Seit Jahren steigt in diesen Behörden praktisch keiner der, in der Mehrzahl, männlichen eigenen Bediensteten mehr ins Management auf. Denn erstens ist bundesweit immer irgendwo ein formal besserer Bewerber zu finden, und darunter natürlich immer eine aus der, nach wie vor, Minderheit der Frauen. Die logische Folge ist natürlich, das der komplette Unterbau, der die wirkliche Arbeit leisten muss, über kurz oder lang „dicht“ macht. Denn nach 10 Jahren solchen Unfugs ist vielen klar geworden: Aufsteigen kann man nur in dem man wo anders hingeht, aber nicht durch Leistung die gewürdigt wird, von wenigen unkalkulierbaren Ausnahmefällen mal abgesehen. Macht man so noch 10 Jahre weiter, dann geben sich im mittleren Management der Bundesbehörden die Karrierefrauen die Klinke in die Hand, aber darunter wird man nur noch die übrig gebliebenen frustrierten Deppen, manchmal auch verächtlich „Männer“ genannt, finden. Aber Keinen mehr, der noch gerne und fleißig kompetente Arbeit leisten würde.

Das Grundschema dieser abgehobenen Debatten ist immer das Gleiche: Bei rund 40 Millionen Menschen der arbeitender Bevölkerung benötigt man halt nur maximal 400.000 echte Chefs. Die anderen 99% müssen notgedrungen halt irgend etwas darunter machen, und anders kann so eine Gesellschaft auch gar nicht funktionieren. Und von diesen haben faktisch die Chef-Chefs/innen, also etwa 40.000 das Sagen in dieser Gesellschaft und bestimmen in ihren diversen Funktionen wohin der Dampfer dümpelt. Auch das ist noch ganz normal in jeder halbwegs hierarchischen Verfassung. Das Problem ist lediglich, dass diese Eliten größtenteils die mentale Verbindung zu den 99% verloren, oder gerade in der Nachkriegsgeneration, noch nie wirklich gehabt haben.

Um so bemerkenswerter, und lobenswerter, dass unsere Familienministerin hier eine rühmliche Ausnahme macht. Heirat und Kind, unter Schmerzen selbst geboren, eine Frau die plötzlich wieder die Wurzeln menschlichen Daseins spürt, ein Gefühl das man heute nicht mehr so einfach als „Normal“ darstellen darf, ohne auf giftigste ideologisch verdrehte Kritik und Häme zu treffen. Und wenn man sie nun nicht wegen irgendeiner Nazi-Anekdote kriegen kann, dann eben wegen einem eventuellen Missbrauch von Amtsressourcen:SPD und Grüne verlangen von Familienministerin Kristina Schröder Aufklärung über die Rolle der Co-Autorin ihres Buches «Danke, emanzipiert sind wir selber!». SPD-Fraktionsvize Elke Ferner kündigte in der «Passauer Neuen Presse» eine mündliche Anfrage im Parlament an, um zu klären, ob Privat- und Dienstangelegenheiten vermischt worden seien. Co-Autorin Caroline Waldeck arbeitet demnach als Referatsleiterin im Familienministerium. Es gehöre nicht zu den Aufgaben von Ministeriumsmitarbeitern, ein privates Buch für die Ministerin zu schreiben, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast.““

Schaunmermal, wie wir auch diese „Eva“ erledigt kriegen....:“….Dabei hatten die Damen Schröder und Schwarzer sich doch erst kürzlich gegenseitig und öffentlich wärmende Worte zugeflötet. Von wegen Zickenkrieg. Vergessen war der Unfähigkeitsvorwurf von Alice an die junge Ministerin. Man darf gespannt sein, wie die Grande Dame der Emanzipation nun reagieren wird. Noch sind die Gelder zur Rettung ihres FrauenMedia Turmes in Köln nicht geflossen, sie muss sie artig, bürokratisch und vorschriftsmäßig beantragen und erstmal genehmigen lassen. Was also tun? In den aktuellen Shitstorm einsteigen und Klein-Kristina abwatschen, oder auf die Zunge beißen und haareraufend erst die Überweisung aus dem Ministerium abwarten? Sagen muss Frau Schwarzer eigentlich nichts mehr, das haben ihre Gefolgsgenossinnen schon hinreichend im deutschen Blätterwald übernommen. Breite Einigkeit herrscht darüber, die kann es nicht, sie ist zu jung, zu blöd, zu naiv, sie hat keine Lösungen, sie verrät die Frauen, sie vertritt sie nicht mehr, wenn dann höchstens noch die Mütter (sind das keine Frauen?). Sie habe keinen Mut, keine Ideen, keinen Erfolg, kein Konzept und sollte mal besser nach Hause gehen und den Platz räumen für jemanden, der weiß, was Frauen wirklich wollen. …“.

Nun Frau Schröder bleiben Sie im Amt, mit oder ohne das Betreuungsgeld, an dessen Schicksal Sie kürzlich ihr eigenes hängten. Zurück treten, dass sollten lieber die militanten Suffragetten und ewig Gestrigen/innen, deren Pionierleistungen durchaus zu würdigen sind, aber doch nun in altersbedingten Starrsinn überzugehen drohen. Denn emanzipiert, dass sind die jungen Frauen inzwischen längst selbst, genauso so viel oder auch wenig wie die Männer ihrer Generation auch. Und um zu entscheiden welcher Weg im Leben ihnen das Beste und Lustvollste gibt, dafür brauchen sie weder Karriere-Quoten noch Zickenkrieg in den Medien.



Samstag, 7. April 2012

Bis dass der Grass darüber wächst.....


Unser Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat Israel kritisiert. Naja, nicht wirklich sondern eher die aktuelle Regierung. Was er gesagt hat, lässt sich leicht nachlesen, sein recht kurzes Gedicht enthält wirklich nichts, was nicht jeder halbwegs aufgeklärte Mensch nicht schon selbst wüsste. Umso erstaunlicher, oder vielleicht auch aber erwartbar, die unisono Medienschelte, die Reflex artige Reaktion auf Israel kritische Bemerkungen, sofern sie nur von einem einigermaßen bekannten und respektierten Deutschen verfasst wurden.

Sofort der Hinweis auf seine SS-Mitgliedschaft, im zarten Alter von 17 und zwangsweise einberufen, vorgebracht von Journalisten, die überwiegend den Zweiten Weltkrieg nur als gruseliges Märchen aus fernen Zeiten kennen:. “Günter Grass sieht sich in der Debatte über sein umstrittenes Israel-Gedicht auch als Opfer der Medien. "Ich vermisse die Bandbreite der Meinungen, die kontroverse Diskussion, wie sie zur Demokratie gehört. Es gibt einen Hordenjournalismus gegen mich, bis in die Formulierungen hinein", sagte der 84-Jährige der "Süddeutschen Zeitung".


Nun, die nackte Wahrheit will halt keiner wissen. Nicht in der Finanzkrise, und erst recht nicht beim aufziehenden “Dritten” Weltkrieg. Dabei liegen die Dinge auf der Hand. Besonders schwierig dabei natürlich die absolut prekäre Situation des Staates Israel im Speziellen, und die Situation der Deutschen Nation im Besonderen. Die nackte Wahrheit hat dabei unser Grass lediglich angedeutet. In Wirklichkeit ist alles noch viel, viel schlimmer. Die nicht nur in Deutschland hysterische Reaktion auf ein eigentlich relativ belangloses Gedicht, wenn es denn nicht von einem deutschen Nobelpreisträger käme, ist genau dieser ungeheuer prekären Lage Israels geschuldet.

Und Schuld daran sind viele, nicht nur die Deutschen, viele und mächtige, die ungerne daran erinnert werden. Weder an die vergangen geglaubte Tragödie der Juden in Europa, sowenig wie an der absehbaren Fortsetzung der Tragödie in naher Zukunft. Hitler-Deutschland war nicht der Beginn der Katastrophe, sondern nur der vorläufige Abschluss derselben. Hitler-Deutschland war der verhasste Henker, Europa aber, praktisch komplett, der Richter gewesen. Und wie es bei so einem allgemeinen Justizmord üblich ist, hält sich die überwiegende Anzahl der Schuldigen vornehm im Hintergrund.

So fangen wir mal an, mit dem nackten Finger zu zeigen. Will man das ganze Ausmaß des vergangenen und noch kommenden Desasters historisch beleuchten, so hat man schon verloren, wenn man dabei mit dem Zweiten Weltkrieg beginnt. Denn die Ursachen reichen bis an den Beginn der modernen Menschheit zurück. Natürlich können wir das in der Kürze nur Blitzlicht artig beleuchten. Erst nach dem Ende der letzten Kaltzeit, vor etwa 12.000 Jahren, begann sich die moderne Kultur zu entwickeln. Der Ort ist der gleiche, an dem sich diese Entwicklung nun wieder zuspitzt: Der nahe Osten, Auch bekannt unter dem historischen Begriff “fruchtbarer Halbmond”.

Die ersten Städte entwickelten sich dort, besonders im Zweistromland, der heutige Irak, und eben gerade auch im Gebiet des heutigen Israels. Jericho ist hier einer der ältesten Städte überhaupt und etwa seit 9000 vor Christus fassbar. Aber erst um etwa 1500 vor Christus entwickelte sich die mentale, und später globale, Verirrung des Monotheismus. Während der Vielgötter Glaube der Griechen, Römer, Germanen und vieler anderer, und erst recht der philosophische Buddismus Asiens, überwiegend als tolerant und multikulturell zeigten, war das mit dem späteren Siegeszug der Monotheisten gründlich vorbei. Denn wer sich als irdischer Vertreter des Einzigen und “wahren” Gottes versteht, der versteht da und auch sonst wo, gar keinen Spaß mehr.

Die drei großen Weltreligionen die aus genau dieser Region stammen sind samt und sonders von diesem kollektiven Wahnsinn geprägt. Und alle drei sind Sekten des selben Ursprungs, nämlich der Schriften die um 1500 vor Christus als Sammelsurium der Sagen und Mythen des fruchtbaren Halbmonds genau dort aufgeschrieben wurden, und aus denen dann Juden, Christen und Islame hervor gingen. Alle beziehen sich auf den gleichen „Gott“, alle prägt natürlich der Anspruch für sich alleine die ultimative Weisheit zu vertreten.

Zumindest, wenn man sich mit dieser Aussage auf die Kleriker und ihre treuesten Anhänger bezieht, die in modernen Demokratien weitgehend ihre ursprüngliche Macht verloren haben. Und das ist auch in Europa noch nicht so lange her. Gerade diese drei Sekten gingen und gehen sich in der Geschichte immer wieder gründlich gegenseitig an den Hals, denn nichts ist schlimmer als „Besserwisser“ in den eigenen Reihen. Natürlich war die endlich zahlenmäßig kleinere Sekte, und nach der Zerschlagung durch die Römer im Jahre 73 über weite Teile der Welt verteilte und ausgedünnte Sekte der Juden immer gründlich im Nachteil, wenn es darum ging sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Und da darf man sich keine Illusionen machen: Wäre es andersherum gewesen, die Vertreter der jüdischen Sekte hätten im Mittelalter das gleiche mit Christen und Islamen gemacht, wenn sie es denn nur gekonnt hätten.

So aber mussten sie sich überall in der Welt arrangieren, so gut es eben ging, und darin wurden sie über Jahrhunderte wahre Meister, eine Notwendigkeit als kulturelle Minderheit so lange überleben zu können. Trotzdem waren sie immer wieder eine gern genommene Zielscheibe für Frust- und Wutabfuhr der christlichen oder islamischen Mehrheiten. Ob Krieg oder Pest oder nur schlechtes Wetter, der Jude war immer schuld. Nach einem gewissen Abebben der Progrome in der beginnenden Neuzeit, man war inzwischen als begehrte Experte auf verschiedensten Gebieten gerne an so manch einem Königshof gesehen, begann die alte Geschichte nach der französischen Revolution erneut zu gären an.

Zwar war mit der Aufklärung im 18. Jhd. und nach der Revolution erst recht, der rechtliche Stand der Juden normalisiert worden, allerdings eckte jetzt eine andere historische Besonderheit an: Denn gerade die enge Bindung an die jüdische Religion hat das Volk vor der vollständigen Assimilation, und damit dem kulturellen Verschwinden, über Jahrhunderte bewahrt. Nun aber warfen umgekehrt die Aufklärer Europas ihre religösen Ketten gerade vehement ab, und da passte das orthodoxe Judentum auch wieder nicht so recht ins Bild der „musterhaften“ Aufklärer und Erneuerer. Hundert Jahre später jedenfalls war ganz Europa wieder durch und durch von frischem Antisemitismus überzogen.

Nach der Dreyfus-Affäre  (1894) in Frankreich verfiel dann der Zionismus auf die Schnapsidee, das Land das man vor fast zwei Jahrtausenden an die Römer verloren hatte, zunächst per Scheckbuch, d.h. sukzessiver Landaufkäufe, wieder zurück zu bekommen. Eine Okkupations-Strategie, die früher oder später in militärische Auseinandersetzungen ausarten musste. Vorher kam es aber zum Holocaust: Als Hitler den Juden für die deutsch-europäische Finanzkatastrophe  vor hundert Jahren die Verantwortung in die Schuhe schob, und sich und das deutsche Volk zum Henker des jüdischen Volkes erkor, da konnte er sich durchaus auf den allgemeinen Richterspruch des Antisemitismus von Madrid bis Moskau, und von Rom bis London berufen. Auch im Krieg hatten weder London noch Washington ein übermäßiges Bedürfnis etwa die bekannten Konzentrations- und Vernichtungslager zu bekämpfen, was durchaus möglich war und gefordert wurde, aber auch wenig opportun erschien. Andere Kriegszeile waren den Alliierten bei weitem vorrangiger.

Und nach dem Krieg? Bemühte man sich etwa von Madrid über Paris, über Berlin, Warschau und Moskau, und von Rom bis London, seine Vertriebenen nun schnell wieder zurück zu bekommen? Nun, lediglich die Briten zierten sich zunächst etwas, weil man gegebene Versprechen an die arabische Bevölkerung nicht so einfach brechen wollte, zunächst, aber dann war man auch da bereit zu tun worüber man sonst in Europa vom Atlantik bis zum Ural ganz zufrieden war: Das Zion nach Palästina zog, statt die alten europäischen Ghettos erneut zu beziehen. Das man mit dieser „Expedition“ ein ganz neues Pulverfass in den nahen Osten transportierte, war eigentlich vielen Historikern von vorne herein klar. Und so sprach man in den siebziger Jahren schon davon, so erinnere ich mich noch sehr gut, dass der nächste Weltkrieg ganz sicher im Nahen Osten beginnen würde.

Und Israels Situation im nahen Osten ist exakt dieselbe, wie es die Situation West-Berlins mitten im Ostblock bis 1989 war. West-Berlin konnte auch nur durch massive ökonomische Hilfen und militärischer Drohung von außen auf diesem ausgesetzten Posten gehalten werden. Dasselbe gilt für Israel auf arabischem Boden: Ohne die westlichen Verbündeten und deren unumstößliche Unterstützung, die „Nibelungentreue“ wie sich Grass in einem Interview ausdrückte, ist Israel nicht zu halten.

Und bei dieser Nibelungentreue, natürlich insbesondere der Deutschen zu Israel, da liegt wahrscheinlich der machiavellistische Fehler des Grass'schen Gedichtes: Denn man kann einerseits auf „Gerechtigkeit“ und „Wahrheiten“ des Philosophen pochen, andererseits aber auch auf das pure Notwendige, um das Überleben des ersten jüdischen Staates der Neuzeit zu ermöglichen. Oder genauer, ja ihm überhaupt nur eine von Null verschiedene Wahrscheinlichkeit dafür zu geben.

Natürlich hat Grass recht, wenn er von „in dieser vom Wahn okkupierten Region redet, und sagt ich schweige nicht mehr, weil ich der Heuchelei des Westens überdrüssig bin. Natürlich ist Israel seit Jahrzehnten eine Atommacht, mit massiver Hilfe des Westen, gedeckt durch diplomatische Geheimhaltung und Heuchelei, aber was ist die machtpolitische Alternative? Israel ist mit heißer Nadel auf Kante genäht, es braucht Mauern gegen den aufgestauten Hass seiner Nachbarn, Hass für den es natürlich auch selbst verantwortlich ist. Ja, wir wissen dass. Und nur das erklärt die hysterischen Ausfälle der Verlautbarungen gegen Grass, denn es genügt eventuell nur ein kleines Loch in der Staumauer des Schweigens, um eine alles vernichtende Flut zu ermöglichen.

Trotzdem ist nicht klar, ob es so weiter gehen kann. Denn anders als West-Berlin, das von einem ökonomisch schwachem Gegner umgeben war, ist Israel in einer Umgebung, die stärker wächst als es selbst. Allein die Geburtenrate spricht Bände, und die Nachbarländer sind zwar im Durchschnitt deutlich ärmer, dafür aber wirtschaftlich bei weitem autarker. Wären sie untereinander nicht so glänzend zerstritten, das junge Israel wäre längst Geschichte.

Was man in dieser völlig verfahrenen Situation tun soll, ist tatsächlich ein heiliges Rätsel. Sowohl die „Wahnsinnigen“ im Iran als auch die in Israels politischer Spitze handeln im Grunde genommen gar nicht so verrückt wie sie klingen. Persien oder heute der Iran, war genauso wie die Türkei oder auch Saudi Arabien und Ägypten ebenso, schon immer eine bedeutende Regionalmacht in dieser Gegend. Dazu hat sich nun Israel gesellt. So lange sie alle schön zerstritten sind, halten sie sich gegenseitig in Schach. Natürlich muss der Iran auch Atomwaffen besitzen, um in diesem Zirkus noch mit spielen zu können. Natürlich leiden alle Regime dort, inklusive des demokratischen Israel, unter ihren eigenen religiös vernarrten Wahnsinnigen, die vernünftige Lösungen geradezu unmöglich machen. Und drum herum lauern noch die alten (USA, GB, EU) und neuen Weltmächte (RUS, CHN), die unbedingt in dieser nach wie vor zentralen ölreichen Schaltstelle der Welt, nicht anders als vor 10.000 Jahren, ihr Süppchen kochen müssen.

Und da steht der aggressive Netanjahu nun ziemlich blöd da. Der Angriff auf den Iran ist erst mal bis nach der Obama-Wiederwahl auf Eis gelegt, zumindest was die US-Absichten und die letzte Einigung zwischen Obama und Israel angeht. Aber Netanjahu könnte hier schnell ausscheren, er könnte die Welt zur Explosion bringen, zumal ihm auch der Einsatz von Atomwaffen zu zu trauen wäre. Und weil er davon ausgehen kann, dass die USA in jedem Fall mit ziehen muss, um im Nahen Osten nicht unterzugehen. ...mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert, ein weiteres U-Boot nach Israel geliefert werden soll, dessen Spezialität darin besteht, alles vernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist, doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will drückt sich hier Grass aus. Nun, hier hat er recht, und ist doch im zweiten Teil des Satzes naiv.

Natürlich hat der Iran die Bombe bereits. Lediglich stellt sich die Frage, ob er auch in der Lage ist, so ein Gerät in eine Mittelstreckenrakete zu packen, die dann auch noch auf 500 Meter genau trifft, was in der Tat eine sehr viel schwierigere Sache ist. Aber auch fragt man sich wie naiv Netanjahu sein kann, denn wäre es nicht besser einen atomar bewaffneten Iran zu akzeptieren, anstatt durch einen Angriff die Solidarität der arabische-persisch-türkischen Achse zu riskieren? Auch scheint ihm nicht klar zu sein, dass sich die USA und die EU in gewaltigen Turbulenzen befinden, die eine dauerhafte ökonomisch-militärische Unterstützung zunehmend unterminieren? Muss man wirklich den radikalen Orthodoxen und militanten Siedlern immer wieder nachgeben, und das Schweigen und die unbedingte Solidarität des Westens nachhaltig riskieren?

In dieser Situation kann man die Wahrheit dann also gerade noch gut gebrauchen.....und die Reaktionen sind entsprechend: „...„Der Iran, nicht Israel ist eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Welt“, erklärte Netanjahu in einer Stellungnahme zu Grass, die von seinem Büro ebenfalls als „Gedicht“ deklariert wurde. Grass habe „sechs Jahrzehnte verborgen, dass er in der Waffen-SS war“. Die Nazi-Jägerin und ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei Beate Klarsfeld griff Grass ebenfalls scharf an und rückte das Gedicht in die Nähe einer Hitler-Rede von 1939. Israel sei verpflichtet, die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm ernst zu nehmen. Der Holocaust-Überlebende Elie Wiesel fragte in der größten israelischen Zeitung: „Ist der alte Deutsche plötzlich zurückgekehrt und hat sein Haupt erhoben?“...“. Reichlich viel der Ehre für das verschwindend kleine Werk des großen Grass'.

Nun, ich wäre wirklich froh, wenn ich wüsste wie man die Kuh im nahen Osten vom Eis bekäme. Aber es sieht lang-, ja sogar schon mittelfristig, richtig duster aus. Wenn da mal nicht irgendwann das Gras darüber wächst.....und sich nach zehntausend Jahren der Kreis wieder schließt. Gott bewahre, welcher auch immer er-sie-es und überhaupt ist.