Mittwoch, 19. September 2012

Auf Krieg gebürstet...Die Zirkumzision der Demokratie

Das BVerfG hat so entschieden, wie es zu erwarten war: salomonisch, also nichts Ganzes und nichts Halbes. Der ESM Vertrag solle in Kraft treten unter der Bedingung, dass die Bundesregierung einen Vorbehalt bezüglich der maximalen deutschen Beteiligung von „nur“ maximal 190 Mrd. € beilegen solle. Der schwarze Peter für die, mit absoluter Sicherheit eintretenden Überschreitung, liegt somit wieder bei Regierung und Bundestag. Ping-Pong-Bürokratie nennt man sowas. Naja.

Quelle:  http://www.cesifo-group.de/ifoHome/policy/Haftungspegel.html 
Wobei das ganze schon jetzt gelogen ist, denn die Haftung der Bürger über die diversen inoffiziellen Nebenkanäle beträgt jetzt schon ein vielfaches davon. Und so kündigt BK Merkel, noch kaum ist hastig aufgebrachte Tinte von BP Gauck auch nur oberflächlich angetrocknet, bereits die nächste großzügige Charge an: „...[Merkel] hat weitere Schritte zur Euro-Rettung angekündigt. Im November werde ein EU-Sonderrat die mittelfristige Finanzplanung der EU bis 2014 beschließen, …..Als Themen nannte die Bundeskanzlerin die Einrichtung einer europäischen Bankenaufsicht, die Frage, ob der Fiskalpakt in der jetzigen Form ausreiche, sowie eine bessere wirtschaftspolitische Koordinierung.“. Natürlich reicht er in der jetzigen Form nicht, aber weder Karlsruhe noch kaum einer ihrer Wähler nimmt überhaupt noch wahr, wie hohl die ewigen Beteuerungen des „Bis hierher und nicht weiter!“ in der Realität nun mal sind. Auch Adlatus Schäuble sekundierte sogleich: „...Er sei den am Mittwoch in Karlsruhe weitgehend gescheiterten Klägern „dankbar“, sagte er dem Magazin „Focus“. „Denn nun hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die Hoheit über den Haushalt eindeutig beim Bundestag liegt und dieser die mögliche Haftung sogar erhöhen dürfte.““. Die übliche Behauptung, dass das natürlich niemals nötig wäre, folgt danach gebetsmühlenartig auf dem Fuße.

Wirklich gelesen hat man das Urteil allerdings nicht, wozu auch. So schreibt das „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ ganz treffend: „...Wer hat nicht alles das Urteil des BVerfG gelobt....Die FAZ schrieb zum Thema Staatsanleihekäufe durch die EZB: "So ist auch das überdeutliche Karlsruher Verdikt über die aus dem Ruder laufende EZB-Politik zu verstehen: Als Affront hat man offenbar deren nur wenige Tage vor der Urteilsverkündung verkündetes Programm zum Ankauf von Anleihen notleidender Staaten aufgefasst. Trocken entgegnet Karlsruhe: Ein Hinterlegen von Staatsanleihen durch den ESM bei der EZB als Sicherheit für Kredite sei europarechtswidrig. Und vor allem: Ein Erwerb von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch die EZB, „der auf von den Kapitalmärkten unabhängige Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielte, ist als Umgehung des Verbots monetärer Haushaltsfinanzierung ebenfalls untersagt“.....Tja, lieber Jubelchor, wir bitten Dich nun folgende beide Aussagen miteinander in Einklang zu bringen: "Ein Erwerb von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch die Europäische Zentralbank, der auf von den Kapitalmärkten unabhängige Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielte, ist als Umgehung des Verbots monetärer Haushalsfinanzierung (...) untersagt." Urteil des BVerfG, Absatz 278. Erklärt vor zwei Tagen, in Karlsruhe vom obersten deutschen Gericht. Dem gegenüber heute der Finanzminister im Deutschlandfunk: "Der geplante Ankauf von Staatsanleihen sei Geldpolitik und damit vom Mandat der EZB gedeckt, sagte Schäuble dem Deutschlandfunk. Wenn man eine Obergrenze für die Ankäufe genannt hätte, wäre dies eine Einladung an Spekulanten gewesen, unterstrich der CDU-Politiker." bzw. "Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bekräftigt sein Vertrauen in die EZB. Die unbegrenzten Anleihekäufe seien in Ordnung, um Spekulanten abzuwehren." (FTD). Wie, fragen wir Herrn Schäuble, die versammelten Mitglieder des Jubelchors, die Medien und vor allem die Personen des 2. Senats des BVerfG, sind diese beiden diametral entgegengesetzten Aussagen miteinander in Einklang zu bringen? Unsere einfache Antwort ist: Die Bedingungen des Urteils des BVerfG waren für die Galerie und für die juristische Ehrenrettung in der Nachwelt. Noch keine zwei Tage nach der Urteilsverkündung wird bereits das Gegenteil gesagt, dann getan: Die EZB wird Staatsanleihen kaufen. Unbegrenzt. Die EZB wird Staaten finanzieren. Und es ist völlig egal, was in den EZB-Verträgen steht, das BVerfG geurteilt hat oder die FAZ geschrieben hat. Das ist die Realität. Beschreibt das Wort "Diktatur" diese Realität zutreffend?...“


Das Wort Merkels von der Notwendigkeit einer „Marktgerechten Demokratie“ klingelt da noch wie Tinitus in den Ohren. Ihr ist der Sprung von der „Sozialismusgerechten Demokratie“ hierhin also ohne Bauchschmerzen gut gelungen. Dass das elementare Erfordernis einer Demokratie jedoch der „Demokratie gerechte Markt“ sein muss, dass ist zunächst noch nicht einmal ihren fleißigen ausserparteilichen Steigbügelhaltern von Rot-Grün so schnell in den Sinn gekommen. Vielleicht hier als kleine Erinnerungshilfe für Angie, Franky und Claudia: Das klassische Demokratieverständnis der BRD war ehemals die „soziale Marktwirtschaft“, also eine vernünftige Mischung aus „Demokratie gerechtem Markt“ plus „Demokratie gerechtem Sozialismus“. Wobei wir das letzte "Unwort" in entschärftem bundesdeutschem Nachkriegssprech ehemals als „Sozialstaat“ zu bezeichnen pflegten.

Nun, in Karlsruhe hat man im Einklang mit der Regierung die Lösung „Schrecken ohne Ende“ gewählt. Wobei verständlicherweise der Schrecken für den Bundesbürger bis wenigstens zum Herbst 2013 aufgespart werden soll, gepaart mit der naiven Hoffnung, dass das Ende für die „Finanzmarktgerechte Demokratie“ nicht so schnell kommen möge. Und so machten die Börsen geradezu Freudensprünge nach dem ESM-Urteil. Wobei, müßig es zu erwähnen, von Politik und Mainstream-Medien wieder die Börse mit der Realwirtschaft verwechselt wurde. Wenn sich die Börse freut, so doch darüber, dass nun der vom Steuerzahler finanzierte Renditenstrom für sämtliche Schrottanlagen weiter sprudelt. Wobei das dafür notwendige Geld, bzw. deren Renditen, effektiv den Konsumenten entzogen wird.

Und dass es danach für den Kauf von Produkten in der Realwirtschaft fehlt, das wird ausgeblendet. Europa alias BVerfG hat somit entschieden den Weg zu gehen, den die USA vorgezeichnet hat: Quantitaive Easing (QE, oder „leichtes Geld“ das im Prinzip von der FED durch US-Staatsanleihen Selbstankauf generiert wird) bis zum Abwinken. Gerechter Weise muss man sagen, dass diese Art des Gelddruckens immer noch etwas besser ist, als Austeritätspolitik (Sparpolitik) des Staates. Eine langfristige Lösung stellt aber weder dass eine noch das andere dar. Die Endstation ist bei beiden der Währungszusammenbruch, welcher sich nur wenig in Zeitablauf und Dramatik unterscheidet. Etwas undiplomatisch realistisch drückte sich der neue Chef der Deutschen Bank aus: „Inflation? Na klar.“. Allerdings macht man das natürlich unnötig teuer und kompliziert: Statt die gleiche Zentralbank mit dem gleichen teuren Personal zu nutzen, errichtet man eine zusätzliche Feigenblatt-Monsterbehörde ESM, mit einem 68-köpfigen Führungspersonal aus Gouverneuren und Direktoren und ihrer Stellvertreter aus den 17 Euroländern ausgestattet. Inklusive der in Gesetz gegossenen Legitimation dieser mit kompletter Immunität zur Selbstbedienung ausgestatteten Köpfe, unter deren Personalien wir bei Bekanntgabe der Namen sicherlich jede Menge anderswo abgehalfteter Banker und Politiker-Versorgungsfälle mit einschlägigen Vorbelastungen finden werden. 

Nun, QE könnte sogar etwas helfen, wenn der Staat auf diese einfache Art Geld generiert und es per Wirtschaftsprogramme und allgemeinen Unterstützungsleistungen an die Bevölkerung verausgaben würde, anstatt es an übersättigte und an Renditenot leidende Banken und Superreiche zu verfüttern. Denn QE sorgt für den Erhalt und die weitere Vergrößerung des Kapitalkoeffizienten, weil damit überzählige Schulden und Vermögen gestützt werden. Nicht einmal den Banken selbst kann das nutzen, denn Sie sind es ja die die inzwischen prinzipiell uneintreibbaren Zinsen für die Anleger brutal aus dem BIP würgen müssen. Eine Sisyphosaufgabe zum Nachteil Aller. Und Austeritätspolitik vermindert die Kaufkraft bei der Masse der Schaffenden, was das BIP drückt, und damit ebenfalls den Kapitalkoeffizienten nach oben treibt. 

Deutschland ist in der Welt für seine Perfektion berühmt, und betreibt die beiden Kontraproduktivprogramme in Europa somit gleichzeitig voran. Denn, wenn man schon Mist baut, dann aber auch wirklich gründlich. Kombiniert man nämlich QE mit zusätzlicher staatlicher Austeritätspolitik, dann quadriert man den schädlichen Effekt für die Realwirtschaft sogar! Auch die in Aussicht gestellte „Sterilisierung“ der jetzt aufgeblasenen Geldmenge nutzt später nichts. Denn diese geschieht, wenn sie denn überhaupt je kommt, im Prinzip dadurch, dass die Zentralbank irgendeine Art von Krediten von den Banken nimmt, um so die dort verfügbare Geldmenge zu reduzieren. Dafür zahlt sie aber wiederum Renditen, und es sind eben gerade solche Zinsen der überbordenden Geldmenge die das BIP erdrücken, und weit weniger die absolute Geldmenge. Da der Bürger für alle Lasten schließlich zur Kasse gebeten wird, sei es via Lohndumping, via erhöhter Steuern und Abgaben und via Reduzierung staatlicher Leistungen und Investitionen, ist am Ende auch die Inflation oder gar Hyperinflation unvermeidbar. Denn bei allgemein sinkender Kaufkraft und zusätzlich fehlender Staatlicher Investition und staatlichem Konsum, ist schließlich selbst bei noch soviel Sterilisierung die in Umlauf verbleibende Geldmenge locker ausreichend, um das reduzierte BIP zu verfrühstücken.

Zu Recht gehen derweil Millionen in den südeuropäischen Staaten auf die Straße. Der Deutsche Michel dagegen geht in der Mehrheit dort noch lange nicht hin, da er dem verzweifelten Glauben anhängt, ihn würde es schon nicht so schlimm treffen. Proteste gegen das ESM-Ermächtigungsgesetz fielen daher solchermaßen bescheiden aus, dass davor kein Politiker Angst oder gar Respekt bekommt. Die vermeintliche Sicherheit des Bundesbürgers ist aber nur die Sicherheit des Eisbären auf seiner schmelzenden Eisscholle. Denn nur unsere weltweit einzigartige Außenhandelsbilanz hält uns eben etwas länger als Andere über Wasser. Tatsächlich erfordert jede neue Rettungsmilliarde in unproduktive Finanzprodukte investiert gleich wieder neue Milliarden, um genau die gerade verausgabten erneut, und noch zusätzlich zu den alten Schulden, zu stützen. Eine praktisch einhaltbare Grenze existiert da nicht, die Schuldenberge durchbrechen über kurz oder lang die Stratosphäre. Man schlägt also nun den der USA ein. Mit absehbar gleichem „Erfolg“. Ein bis zum Erbrechen aufgeblasene Zentralbankbilanz und unbegrenzt zur Verfügung der Investmentbranche bereitgestellter Vermögen auf Rechnung Dritter.

Ohne ernsthafte Währungs- und Vermögensreform wird man auch die EU unvermeidlich in ihre Einzelteile zersprengen. Und die Bevölkerung, aber auch ihre Repräsentanten, zunehmend „auf Krieg bürsten“. Zwar entgeht den meisten Menschen die wahren Ursachen für Unrecht und Hunger, aber der sich aufbauende Hass und die Wut gegen das nationale und internationale Establishment wird sich seinen ungehobelten Weg ebnen. Gepaart mit Rassismus und Glaubenskriegen, denn wenn man der Schuldigen nicht Namhaft werden kann, dann gibt man den vermeintlich Schuldigen eben Einen. Im kommenden Weltkonflikt werden die Juden, bzw. der jüdische Staat, auch wieder einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Denn es ist der Fluch der Geschichte des letzten Jahrhunderts, die Okkupation arabischen Raumes zunächst weltanschaulich-religiös über die zionistische Brieftasche; anschließend imperialistisch-britisch flankiert um endlich dann israelisch-militärisch vollendet zu werden, der sich nicht so einfach abschütteln lässt, wie wir es hierzulande gerne sehen möchten.

Der Wahnsinn hat Methode. Nicht viel anders als in Arabien. Mal sind es satanische Verse, mal Karikaturen, und jetzt eine C-Klasse Produktion aus Kleinhollywood, was die islamische Seele zum wiederholten Überkochen bringt. Nicht das letztere Produktion von einer „Laienschauspielertruppe“ gewesen wäre, wie es manche Gazetten in vorauseilendem Gehorsam behaupteten, denn wer den Trailer auf Youtube gesehen hat, weiß dass es sich um durchweg sehr gute Profidarsteller handelte. Natürlich ist das Werk sehr polemisch angelegt, so gut oder schlecht wie auch manch ein entsprechendes Werk über das Christentum. Die Episoden des Filmes lehnen sich im groben Ganzen an Überlieferungen an, welche von Mohammed und seiner Aischa teils eigenhändig überliefert wurde. Aus der Sicht von modernen säkularen Historikern würde man allerdings den Lebensweg von Mohammed (570-632) eher mit dem eines somalischen Warlord vergleichen, als mit dem Propheten oder Messias wie es das gemeinsame bronzezeitliche Alte Testament von Juden, Christen und Moslems verlangte. Das Glück von uns Christen ist jedoch, das wir über den Propheten Jesus so gut wie nichts aus erster Hand wissen, und das Glück der Juden, dass sie noch gar keinen Messias vorzuweisen haben, auf dessen menschlichen Unzulänglichkeiten wir somit herumreiten könnten.

Nach unserem westlichen Verständnis historische Umstände, die heute, vorsichtig ausgedrückt, nicht mehr so ganz gesellschaftsfähig sind. Moralische Ansichten darüber was sich ein Feldherr oder Prophet leisten darf, haben sich eben mit der Zeit verändert. Zumindest hierzulande in den dreieinhalb Jahrhunderten seit dem Dreißigjährigen Krieg, der am Nahen Osten allerdings größtenteils spurlos vorbei ging, auch an so manchem orthodoxen Rabbi dort. Im entsprechend phobischen „political correctness“-Sprech drückt sich der Focus so aus: „..Der Film „Innocence of Muslims“ („Unschuld der Muslime“) nimmt für sich in Anspruch, die Lebensgeschichte des Propheten Mohammed darzustellen. Tatsächlich handelt es sich um eine äußert schlecht produzierte Verunglimpfung. So heißt es beispielsweise, Mohammed und seine Anhänger würden die Kinder ihrer Feinde erst missbrauchen und dann als Sklaven verkaufen. Mohammed wird als blutrünstig, sexhungrig und wahnsinnig dargestellt. An anderer Stelle heißt es, der Koran sei eine Mischung verzerrter Stellen aus der Thora und dem Alten Testament...“. Nun ja, wer denn die Wikipedia lesen kann, dem möge geholfen werden.

Mindestens zwei Dutzend Tote hat es schon gegeben, insbesondere sah man sich veranlasst, vorsorglich in Libyen den amerikanischen Botschafter und sein Personal zu massakrieren: „In Ägypten hat ein salafistischer Imam eine Fatwa zur Tötung aller Beteiligten an dem in den USA produzierten Anti-Islam-Film erlassen. Wie das auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE mitteilte, rief Ahmed Fuad Aschusch die "jungen Muslime in den USA und in Europa" in seinem religiösen Gutachten auf, die Macher und Schauspieler des Films sowie alle, die zu seiner Verbreitung beitrugen, wegen Verunglimpfung des Propheten Mohammed umzubringen. Die Fatwa wurde SITE zufolge auf mehreren dschihadistischen Foren im Internet veröffentlicht.“ Man fragt sich aber derweil, ob nicht auch eine Fatwa gegen die Wikipedia auszusprechen wäre, denn dort findet man schließlich historische Fakten, die man nach salafistischen Maßstäben unbedingt auch als Beleidigung des Propheten auffassen muss.

Die Heftigkeit der ausgelösten Unruhen hat viele Erklärungen. Einerseits natürlich die hinter den Protestierenden, ausgenutzt und angefeuert durch radikale Islamisten und Terroristen, stehenden „failed states“, die ihren Bürgern außer Unterdrückung, Hunger und Perspektivlosigkeit wenig bieten können. Und der naive westliche Glaube, der Wechsel von mittelalterlichen Diktaturen zu postmodernen Demokratien würde an diesen Zuständen schnell etwas ändern können, trägt auch dazu bei. Denn Demokratie lebt viel weniger von ihren theoretischen Freiheiten, als von der praktisch fühlbaren Verteilungsgerechtigkeit und allgemeinem Wohlstand, die sie so vollmundig verspricht, und oft genug nicht hält oder halten kann. Wahlzettel alleine sind hier kaum als nahrhaft anzusehen, und unter welchem politischen Deckmantel man zu leiden hat, ist den Menschen auf der Straße am Ende schnurz-piep-egal. Als letzte Stütze bleibt da Vielen nur die Religion mit ihren vergleichsweise süßen und kostenlosen Heilsversprechungen. In mehr oder weniger ferner Zukunft versteht sich, und praktischerweise obendrein in einer anderen Welt. Was sich, oh Wunder, besonders glücklich für die überall herrschenden Eliten fügt, denn was man auf das gefällige Jenseits vertagen kann, das braucht man sich im Diesseits eben nicht aus den persönlich näherliegenden Rippen zu schneiden. Es ist die immer gleiche Geschichte des Monotheismus', dass er sich nun mal prächtig zur geneigten Führung und Manipulation der Massen eignet.

Quelle: wikipedia - Beschneidung
Und davon bleibt auch die Politik nicht verschont. Vor kurzem noch das drohende Beschneidungsverbot. Beschneidung ist wie jede OP, juristisch und medizinisch objektiv eine Körperverletzung. Und keineswegs so ungefährlich, wie regelmäßig suggeriert wird. Insbesondere wenn man Kindern, die sich weder wehren noch einen eigenen Willen artikulieren könnten, an ihrem kaum entwickelten besten Stück herumschnippelt, mit der ernsthaften medizinischen Gefahr verbunden, es gründlich zu vermasseln. Archaische Tradition hin oder her, es gehört nicht in die moderne aufgeklärte Welt, so wenig wie Teufelsaustreibung und Hexenverbrennungen. Solche Traditionen muss man halt an die Moderne anpassen und durch unblutige Ersatzhandlungen ersetzen, auch wenn die zugegebenermaßen einen geringeren Unterhaltungswert aufweisen.

Der Aufruhr also war und ist immer noch groß, und besonders den Berliner Gutmenschen der grünen Politszene war kein Argument zu fade, das einem säkularen Staat zustehende demokratische Grundrecht auf Schutz vor körperlicher Unversehrtheit zu relativieren. Aber auch Charlotte Knobloch, die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden, verstieg sich in die polemische Kernaussage: „..Ich frage mich, ob die unzähligen Besserwisser aus Medizin, Rechtswissenschaft, Psychologie oder Politik, die ungehemmt über "Kinderquälerei" und "Traumata" schwadronieren, sich überhaupt darüber im Klaren sind, dass sie damit nebenbei die ohnedies verschwindend kleine jüdische Existenz in Deutschland infrage stellen. Eine Situation, wie wir sie seit 1945 hierzulande nicht erlebt haben....“. Man könnte fast von unzulässiger Relativierung des Holocaust reden. Liebe Frau Knobloch, man kann auch anders taufen, mit Weihwasser zum Beispiel. Das schadet keinem. Obwohl, wenn ich daran denke dass ich beim Sonntäglichen Kirchgang meine Hand in ein kleines Schälchen Wasser tauche, wo auch mindestens fünfhundert mangelhaft gewaschene Finger vorher drin waren...naja, vielleicht grenzt das auch schon an Körperverletzung. Aber immerhin, ich mach's ja freiwillig.

Alles Theaterdonner im Vergleich zur Antiwestlichen Revolte im islamischen Raum wegen eines privaten Filmprojektes. Das Monotheisten nicht gerade unter zuviel Kritikfahigkeit oder Humor leiden, ist ja auch aus unserer gar nicht so alten Vergangenheit bestens bekannt. Und so geizen insbesondere US-amerikanische Fundamentalchristen ja auch nicht mit vergleichbaren mentalen Flatulenzen: „Der US-Prediger Terry Jones hat das gegen ihn verhängte Einreiseverbot als "absurd" kritisiert. In einer am Dienstag von der rechtspopulistischen Splittergruppe Pro Deutschland veröffentlichten Erklärung schreibt der Geistliche, Versuche zur Begrenzung der Meinungsfreiheit seien "der Anfang vom Ende westlicher Gesellschaften". Jones wollte den islamfeindlichen Film "Die Unschuld der Muslime" in Deutschland vorführen.“. Nun, Jones ist bekannt für seine etwas eigensinnige Art mit dem heiligen Buch des Islams umzugehen, sprich, es wieder in seine Kohlenstoffbestandteile zu zerlegen. Was in Absurdistan dann regelmäßig mit „not amused“ und eine paar Selbstmordbomben auf US-Einrichtungen quittiert wird. Da kommt ihm der kleine Hollymud-Streifen natürlich ganz praktisch daher um wieder etwas Zauber in die Bude zubringen. Ein bewusster Tanz auf dem Vulkan, der weltweit immer mehr Druck ansammelt.

Senkaku-Inseln: die mit Abstand größte hat nur 4,5 qkm Fläche.
Aber auch die Asiaten, die im allgemeinen weniger unter unseren drei Derivaten monotheistischer Wahnvorstellungen zu leiden haben, geraten in dieser gestressten Welt zunehmend in Rage. Allerdings aus mehr handfesten Gründen, auch wenn es sich vordergründig nur um ein paar unbedeutend kleine Eilande in den Piraten verseuchten Gewässern im China-Korea-Japan-Dreieck handelt. Spinnefeind seit Kaiser's Zeiten kämpfen diese Staaten um die Eilande in deren Umgebung begehrte Rohstoffe vermutet werden. China, solange es militärisch-wirtschaftlich schwach war hielt es sich zurück, aber nun bricht es aus der Volks- und Parteiseele übermächtig hinaus: „Der Inselstreit mit Japan hat die Emotionen in China erneut hochkochen lassen. Mit Kriegsaufrufen und chinesischen Fahnen zogen Tausende Demonstranten durch die Städte. Ein großes Polizeiaufgebot sicherte die japanische Botschaft in Peking. "Löscht alle japanischen Hunde aus", war auf einem Plakat zu lesen...“. Selbst eine Atombombe als adäquate Antwort ist dort nicht zu schade: „...Brennende Geschäfte, Angriffe auf japanische Fabriken und hasserfüllte Slogans zeugen davon, dass der chinesische Nationalismus eine neue Intensität erreicht hat...Doch die Botschaft ihrer Sprechchöre und Transparente ist häufig finster, sie rufen nicht nur zum Boykott japanischer Produkte auf: Ein bulliger Chinese trägt ein Plakat, auf dem Atombomben abgebildet sind. "Bitte werft noch eine ab", steht darauf geschrieben. "Erklärt Japan den Krieg!", fordern andere Banner. ..."China muss jetzt mutig sein und notfalls den Krieg erklären"....“

Und für das Kriegsgeschrei gibt es, wie auch in den USA, gute ökonomische Gründe. Günter Hannich schreibt in seiner Investoren-Mail„...Im Glauben an das ewige Mega-Wachstum ist in China eine Immobilien-Blase entstanden, wie sie die Welt bisher noch nie gesehen hat. Niemand kennt die genauen Zahlen. Hier sind die vorsichtigen Schätzungen von Insidern : Allein in Peking sollen 4 Millionen Wohnungen leer stehen. Wohnungen, die Investoren gebaut haben. Nach Schätzungen von Insidern stehen in ganz China insgesamt 60 Millionen neugebaute Wohnungen leer....Sie wissen, was das bedeutet: Wenn Wohnungen mit Krediten gebaut werden und dann leer stehen – dann werden Kredite zu faulen Krediten. Und wenn 60.000.000 Wohnungen leer stehen, dann gibt es bald 60.000.000 faule Kredite …Multiplizieren Sie 60 Millionen nur einmal kurz mit den durchschnittlichen Kosten für den Bau einer Wohnung. Hier ist die größte Immobilien-Blase aller Zeiten entstanden. Wenn diese Blase platzt, wird die Weltwirtschaft ins Wanken kommen....Allein in diesem Jahr haben in China 3.000 Maklerbüros dichtgemacht, weil es keine Nachfrage mehr nach Immobilien gibt. Die Preise bestehender Häuser sind innerhalb von 9 Monaten um 6,7 % gefallen...Hinzu kommt: Chinas Finanzwirtschaft wird mitbestimmt von inoffiziellen Banken, von Schattenbanken...Hauptaufgabe dieser Schattenbanken: Sie vergeben Kredite an Unternehmen, die kein Geld von den offiziellen Geschäftsbanken bekommen. Dafür zahlen sie bei den Schattenbanken dann teilweise horrende Zinsen ...Die Konsequenz: In manchen Provinzen sollen mehr als 60 % der Firmen und Privatleute in Geschäfte mit solchen Schattenbanken verwickelt sein. Brechen diese Banken beim Platzen der Immobilienblase nun zusammen, ziehen sie ganze Heerscharen von Firmen mit in den Abgrund … Eine verhängnisvolle Kettenreaktion beginnt.“

Ja wirklich, es sind sie! Die Königlichen.

Finanz-, Religions- und Imperialismuswahnsinn feiern also fröhliche Urständ in der Welt. Die Situation ist heute tatsächlich die gleiche wie vor hundert Jahren: 1912, die „unsinkbare“ Titanic sticht in See, das Britische Empire nähert sich seinem ökonomischem Untergang während das Deutsche Reich wie heutzutage China expandiert, und den zwangsläufig kommenden Weltenbrand vermag niemand wirklich ernst zu nehmen. Wir schreiben 2012, Kreuzfahrtschiffe und ebenso „unsinkbare“ Währungen laufen auf Grund, die USA verabschiedet sich als ökonomische Weltmacht während die asiatischen Konkurrenten diese dunkle Seite der Macht für sich reklamieren. 1912 übrigens war auch das Jahr, in dem das Chinesische Kaiserreich endete. Am 1.1. wird die Republik China proklamiert und leitet damit all die Umwälzungen ein, die nunmehr in den erstarkten neuen Drachen münden. Am 12. Januar fand in Den Haag damals auf Initiative der Vereinigten Staaten die erste Internationale Opiumkonferenz statt, die auf eine strenge staatliche Kontrolle des Drogenhandels zielte. Ein Problem das trotzdem auch hundert Jahre später nicht gelöst, sondern im Gegenteil deutlich zugenommen hat. Das Milliarden-Geschäft an der Mexikanischen Grenze, Tonnen von Rauschgift für amerikanische Konsumenten gegen Dollars und Wagonladungen von Waffen an die mexikanischen Kartelle fordert bei weitem mehr Tote als der Afghanistankrieg. Und US-Banken mischen bei der Vermarktung und Waschung der erzielten Gewinne kräftig mit. Am 5. November 1912 wurde dann der Demokrat Wilson zum Präsidenten gewählt. Vielleicht ein gutes Omen für den 6. November 2012, obwohl auch, der genauso wie Obama ambitionierte, Wilson das Schicksal der Welt nicht wenden konnte.

Ein Glück, dass es auch noch wichtigere Sachen gibt. Etwa der nackte Arsch von Prinz Andrew in Las Vegas oder die Titten der Princess Kate: „...Die skandalträchtigen Bilder waren nach "Closer" auch von dem irischen Blatt "Daily Star" veröffentlicht worden – was einen Streit unter den Verlegerfamilien der Zeitung auslöste. Am Montag zeigte sie ein weiteres Berlusconi-Blatt, die italienische Illustrierte "Chi". Britische Blätter haben bislang auf die Veröffentlichung verzichtet und halten sich damit an den seit dem Tod von Diana im August 1997 geltenden Comment. Der Fall wird noch ein längeres juristisches Nachspiel haben, da das Königshaus auch ein Strafverfahren gegen "Unbekannt" eingeleitet hat, um gegen den Fotografen der Bilder vorzugehen. Es ist allerdings fraglich, ob dieser je ermittelt werden wird, da er nach französischem Presserecht Quellenschutz genießt...“. Zur Not empfehle ich dem Britischen Königshaus ebenfalls eine Fatwa auszusprechen die dann von den heißblütigen Anhängern der Blaublütigen umgesetzt werden kann.


Besser aber, und da bin ich mir halbwegs sicher, wird man es mit dem britischen Humor halten. Der war zwar auch schon mal besser, und Monty Pythons Blasphemie Klassiker „Das Leben des Brian“ sei jedem ans Herz gelegt, der es mit archaischen religiösen Riten und Schriften allzu ernst nimmt. „always look on the bright side of life ...“, wenn auch die hellen Seiten auf dieser Erde immer seltener werden, so hier doch zum gefälligen mitsingen:

Some things in life are bad
They can really make you mad
Other things just make you swear and curse
When you're chewing on life's gristle
Don't grumble, give a whistle
And this'll help things turn out for the best

And always look on the bright side of life
Always look on the light side of life

If life seems jolly rotten
There's something you've forgotten
And that's to laugh and smile and dance and sing
When you're feeling in the dumps
Don't be silly chumps
Just purse your lips and whistle, that's the thing

And always look on the bright side of life
Come on!
Always look on the right side of life

For life is quite absurd
And death's the final word
You must always face the curtain with a bow
Forget about your sin
Give the audience a grin
Enjoy it, it's your last chance anyhow

So, always look on the bright side of death
A-just before you draw your terminal breath

Life's a piece of shit
When you look at it
Life's a laugh and death's a joke, it's true
You'll see it's all a show
Keep 'em laughing as you go
Just remember that the last laugh is on you

And always look on the bright side of life
Always look on the right side of life

C'mon Brian, cheer up!

Always look on the bright side of life
Always look on the bright side of life

Worse things happen at sea, you know
Always look on the bright side of life

I mean, what have you got to lose
You know, you come from nothing, you're going back to nothing
What have you lost? Nothing!

Always look on the right side of life...

Nothing will come from nothing, you know what they say?
Cheer up you old bugger, c'mon give us a grin!
There you are, see, it's the end of the film
Incidentally, this record is available in the foyer
Some of us have to got live as well, you know

Who do you think pays for all this rubbish
They're not gonna make their money back, you know
I told them, I said to them, Bernie, I said they'll never make their money back

Mittwoch, 5. September 2012

Kommando 12. September: Wie man's macht, man macht's verkehrt...


Der Finanzminister hat offensichtlich alles im Griff:  „Er [Schäuble] sei sicher, dass die Richter in Karlsruhe den Fiskalpakt und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM nicht blockieren würden,.. Wenige Stunden später wiederholte er seine Überzeugung in Hannover: „Wir haben keinen Plan B, und den brauchen wir auch nicht!“. Natürlich, seiner Überzeugung nach kann man sich auf Karlsruhe „verlassen“, womit er vermutlich auch recht hat: „...Man sei sehr vorsichtig vorgegangen und bisher sei noch nie ein europäischer Vertrag vom Verfassungsgericht blockiert worden.“. Nun denn, dann ist ja alles in warmer Butter. Großzügigerweise lässt Schäuble den lieben Richtern jedoch etwas Spielraum, oder besser, etwas Raum zum (Richter-)Spielen: „Die Prüfung sei aber selbstverständlich richtig. Die Richter in Karlsruhe wollen am Mittwoch kommender Woche (12. September) ihre Entscheidung über Eilanträge gegen den Fiskalpakt und den Rettungsmechanismus ESM verkünden...“, schreibt der Focus.


Nun Schäubles „Kommando 12. September“ bleibt trotzdem spannend, denn trotz aller Vorsicht können diese Richter manchmal auch recht „eigensinnig“ sein. Denn falls Sie, im Gegensatz zu den meisten Bundestagsabgeordneten, den Vertrag wirklich studiert haben, dann müssten sie die Hände förmlich über dem Kopf zusammenschlagen. Mit Verfassungstreue hat der ESM-Vertrag nun wirklich nichts gemein, er ist sogar ein eklatanter Verfassungsbruch, jedenfalls an der inzwischen ziemlich vernachlässigten deutschen Version einer solchen. Man mag den EU-Idealismus über die Verfassung stellen, das „Vertrauen“ der ach so gebeutelten internationalen Investoren erst recht, aber Höchstrichterlich absegnen kann man es bestenfalls unter intensiv wurmender juristischer Selbstverleugnung.

So schreibt Die Welt und zitiert dabei den Autor Gunnar Beck, welcher EU-Recht an der University of London lehrt und auch ehemaliger Rechtsberater im EU-Ausschuss des House of Commons war, und sein Urteil ist wahrlich verheerend: „...Der ESM darf direkt von Euro-Zone-Staaten Staatsanleihen aufkaufen oder diesen Kredite gewähren. . ...Entgegen der Zusicherung von Kanzlerin Merkel beschränkt Artikel 8(5) des ESM-Vertrags das Fondskapital nicht auf den Nominalwert von 700 Milliarden Euro, sondern auf den Ausgabewert. Der ESM-Gouverneursrat kann gemäß Artikel 8(2) beschließen, dass der Ausgabewert den Nennwert übersteigt. So könnte ein Großteil des ESM-Kapitals etwa zum Doppelten des Nominalwertes ausgegeben werden,....Gemäß Artikel 25 Absatz 2 haften solvente Mitgliedsstaaten für Fehlbeträge, die sich dann ergeben, wenn ein anderes ESM-Mitglied seiner Einzahlungspflicht nicht nachkommt. Deutschland haftet bereits jetzt stellvertretend, weil Griechenland und Portugal gar nichts einzahlen können. Laut Artikel 21 kann der ESM unbeschränkt Kredite aufnehmen sowie Anleihen an den Kapitalmärkten begeben. Hierdurch werden faktisch die von Merkel selbst verurteilten "Euro-Bonds" eingeführt, ...und dies ohne Kredit- und Haftungsgrenze. Nicht ausgeschlossen ist durch Artikel 21 zudem, dass der ESM sich von der EZB unbeschränkt weitere Mittel beschafft, die die EZB einfach drucken wird.....Der Eindruck der Irreleitung von Parlament und Öffentlichkeit durch die deutsche Regierung verdichtet sich bei weiterer Betrachtung, so durch die Diskussion, ob der ESM eine Banklizenz erhalten solle. Gemäß Artikel 32(9) braucht der ESM keine Lizenzierung als Kreditinstitut, auch nicht, um sich an den Finanzmärkten Geld zu leihen. …. Als "bad bank" kann sich der ESM direkt und unbegrenzt Kredit bei der Notenbank beschaffen. Artikel 19 erlaubt darüber hinaus ohne Vertragsänderung schon jetzt die Rettung insolventer Banken......Das Bundesverfassungsgericht hat erklärt, dass weitere Hilfen nicht ohne parlamentarische Zustimmung erteilt werden dürfen. Laut Artikel 4(4) kann der ESM-Gouverneursrat jedoch auf Empfehlung von Kommission und EZB finanzielle Soforthilfen genehmigen. Stimmt das deutsche Ratsmitglied ohne parlamentarische Prüfung zu, genießt es gemäß Artikel 35 uneingeschränkte Immunität, während einmal gefasste ESM-Ratsbeschlüsse laut Artikel 32 nicht justiziabel sind. .....Durch den ESM-Vertrag könnte die Haftung Deutschlands für Schulden angeschlagener Euro-Staaten auf 700 Milliarden Euro ansteigen, zusammen mit bestehenden Garantien und Krediten nach Zahlen des Ifo-Instituts in München sogar auf anderthalb Billionen Euro. ...Die Budgetautonomie des Deutschen Bundestages wäre damit selbst bei Teilverlusten aufgehoben. ….Dem ESM wird nun gestattet, was der EZB im Mindesten gemäß den Verträgen untersagt ist......EZB-Präsident Draghi hat bereits angekündigt, dass er Anleihekäufe durch den ESM zur Rechtfertigung nähme, dass die EZB nicht mehr durch Beschränkungen des Artikels 123 gebunden wäre. Vertragswidrig befinden sich bereits jetzt über 40 Milliarden Euro griechischer Staatsanleihen in der EZB-Bilanz, 100 bis 150 Milliarden schlummern dort als Pfand für Bankkredite. ….Der ESM-Vertrag vergemeinschaftet die Staatsschulden durch Direkthilfen, Garantien, ESM- oder Projektbonds und mögliche über den ESM gesteuerte EZB-Kredite. Es gibt keine Obergrenze für diese gemeinschaftlichen Schulden – ein Bruch des "No bail"-Prinzips des EU-Vertrages....Der ESM-Vertrag begründet ein System, mit dem durch Immunität geschützte ESM-Banker über hohe Summen nationaler Steuergelder verfügen und die Kontrollrechte der nationalen Parlamente umgehen können. Damit und durch die Schuldenvergemeinschaftung verstößt der ESM gegen Grundgesetz wie EU-Verträge....“

Trotz dieser eigentlich haarsträubenden Fakten ist wenig Hoffnung auf Besserung angebracht, so Beck weiter: “...Ist der ESM einmal in Kraft, ist die Grundlage des National- und Rechtsstaats infrage gestellt: das Budgetrecht des Bundestages und seine Fähigkeit, durch Steuer- und Ausgabepolitik die Lebensverhältnisse der Bevölkerung erheblich zu bestimmen. Dennoch erwartet kaum jemand, dass das Bundesverfassungsgericht oder der EuGH den ESM zu Fall bringen; allenfalls geringfügige Korrekturen gelten als denkbar. Es wäre eine rechtsstaatliche Tragödie, wenn das Bundesverfassungsgericht bei eindeutiger Rechtslage nicht den Mut aufbringt, Verfassung und Bürger gegen die "große politische Koalition" zu schützen....“.

Nun besonders der letzte Satz ist bedeutsam: Der Rechtsstaat ist tatsächlich zu einem großen Teil, insbesondere die Verfassung, dazu da die Bürger vor den Herrschenden, und damit ihren Politikern, zu schützen. Und nicht um politische Wolkenkuckucksheime zu rechtfertigen, die die Substanz der Verfassung aushöhlen und zum Gespött der internationalen Märkte macht.

Zur neuen Kohl-Biographie schreibt selbiges Blatt  „...In seiner monumentalen Biografie Helmut Kohls hat der Historiker Hans-Peter Schwarz soeben sehr überzeugend dargelegt, dass der stets tief misstrauische Machtpolitiker Kohl in der Europa-Frage von Anfang an ein glühender Idealist gewesen ist und dass dieser unbedingte Vorrang der Idee vor nationalen und anderen Interessen seine Europa-Politik geprägt hat. …..Nicht, dass Helmut Kohl in seiner Europa-Politik nicht genauso taktiert, finassiert und zur Not seine Gesprächspartner über den Tisch gezogen hätte wie andere auch. Aber eines stand für ihn seit seinen Jugendtagen vollkommen unerschütterlich fest: Der europäische Vereinigungsprozess muss "unumkehrbar" werden.....Für Kohl hatte – man muss sagen: aus persönlich-biografischen Gründen – der Bezug zu Frankreich absoluten Vorrang. Und das machte ihn und die Bundesrepublik Deutschland wenn nicht erpressbar, so doch leicht zu beeinflussen. Kohl ließ zu, dass 1985 mit Jacques Delors ein – sozialistischer – Politiker EG-Präsident wurde, der vollkommen in der Tradition Colberts und des französischen Etatismus stand und der zügig daran arbeitete, Brüssel mit möglichst viel Kompetenzen auszustatten...“

Nun, und diese vom ESM-Vertrag nun verlangten Kompetenzen gehen weit über das hinaus, was unsere Verfassung zulässt. Ein unsinniges Vertrauen darauf, dass die den Rechtsstaat aushebelnden Vertragsklauseln schon nicht zum Zuge kommen würden, ist nicht nur naiv, sondern grob wirklichkeitsfremd und hochgradig fahrlässig: „...Ausgerechnet der Föderalist Helmut Kohl hat also geholfen, das Subsidiaritätsprinzip in Europa in die Defensive zu treiben. Von Mitterrands Berater Jacques Attali stammt der Satz: "Die Macht Deutschlands beruht auf der Wirtschaft, und die D-Mark ist Deutschlands Atombombe." Diese durch die Überführung in den Euro zu entschärfen und der Deutschen Bundesbank den Schneid abzukaufen – das war das Ziel von Kohls Traumpartner Mitterrand. Kohl war wirklich der Meinung, eine gemeinsame Währung helfe, schnell einen erfolgreichen politischen Zustand gegenseitiger Verschränkung zu schaffen. Er wollte nicht sehen, dass für Frankreich der Euro ein Mittel war, deutsche Dominanz zu beenden. Der Streit zwischen Mario Draghi und Jens Weidmann, den Letzterer offenkundig verloren hat, ist nichts anderes. ...Aus Kohls Unumkehrbarkeit ist Merkels Alternativlosigkeit erwachsen. Es geht darum, den Laden auf Biegen und Brechen zusammenzuhalten. Nur so konnte es geschehen, dass eine Tabuzone um den möglichen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion errichtet wurde: Fällt Griechenland, fallen drei bis vier weitere Staaten. Warum eigentlich? Erst das besinnungslose Beharren auf der griechischen Mitgliedschaft hat die Domino-Theorie ins Spiel gebracht – und damit die Gefahr miterzeugt, vor der sie warnen sollte...“.

Ist diese „Domino-Theorie“ wirklich angebracht? Nun ja, es ist wie immer bei einem Domino-Spiel, reiht man mehr und mehr Dominosteine in komplizierten Mustern aneinander, dann kommt zwangsläufig irgendwo der Punkt, wo ein Stein stürzt und alle anderen sukzessive mitreißt. Natürlich könnte Griechenland da der erste Stein sein, aber egal, ist es nicht Griechenland, dann wird es eben der nächste wackelige Stein sein, der dem Euro den Garaus macht. Nur, auch da ist es wie im Spiel, der Erste der einen Stein zum Fallen bringt ist genau Derjenige, dem man anschließend die Schuld für das Desaster unterschiebt. Wohl wissend, dass es nicht der spezielle Stein und auch nicht der Arme der in auslöste die Ursache war, sondern der überzogene Ausbau des Dominospiels. So ist es auch weniger der Euro an und für sich, der Dollar hat schließlich exakt dieselben Probleme, der das kommende Desaster zu verantworten hat, sondern das völlig aus dem Ruder gelaufene globalisierte Finanzinvestment. Wo privaten Banken im Rahmen des Eigengeschäfts die Möglichkeit zu unbegrenzter Geldschöpfung aus dem Nichts und ultraschnellen Finanzbewegungen über alle Grenzen hinaus ermöglicht wurde, und das ohne effektive Kontrolle und ohne bedeutsamen steuerlichen Eingriff. Wenn der Staat dieses elementare Instrument so leichtfertig aus der Hand gibt, dann ist das im Effekt nicht anders als wenn man Armee und Polizei ohne Kontrolle in private Hände übergibt. Und sich dann ein paar Jahre später darüber wundert, dass man von Privatarmeen nach Belieben erpresst und am Nasenring öffentlich durch die Arena gezogen wird.

Zu so einem Zeitpunkt hilft es dann auch nicht mehr, sich auf das zu besinnen, was man bereits am Anfang hätte tun müssen: Die Banken harsch kontrollieren. Jetzt ist dieses Bemühen genauso Erfolg versprechend wie eine unbewaffnete UN-Beobachtertruppe in Syrien. Besser bewaffnet ist da das Bundesverfassungsgericht, aber ob es seine Waffen nutzt, ist mehr als fraglich. Denn eine klare Entscheidung, sowohl für als gegen den ESM/Fiskalpaket, der Euro geht so oder so den Bach hinunter. Die Wahl besteht bestenfalls zwischen einem Ende mit Schrecken oder einem Schrecken ohne Ende.

Wie man's macht, man macht's verkehrt, und für beides müsste das BVerfG später als Sündenbock herhalten. Die Betroffenen müssen sich nur selbst fragen, ob sie dabei lieber als diejenigen in Erinnerung bleiben wollen, die dem Recht und der richterlichen Unabhängigkeit Geltung verschafft haben, oder ob sie den Ihnen nahestehenden Parteien eine Gegengefälligkeit tun wollten. Denn niemand wird oder wurde Verfassungsrichter, ohne massive politische Unterstützung seiner Gönner. Aus dieser Zwickmühle kommen diese bestenfalls heraus, indem sie ein „salomonisches“ Urteil fällen, indem unterm Strich gerechnet einer weiteren „höheren“ Institution der schwarze Peter zugespielt wird. Also etwa dem EuGH, oder per Volksabstimmung, dem Wähler selbst überträgt. Letzteres wäre für mich wenig verwunderlich, denn schließlich handelt es sich mit 37.000 Antragstellern um die Größte dem BVerfG je vorgelegte Klage. 

Ganz so blauäugig wie Schäuble „"Nicht in einem Punkt gab es jemals den geringsten Hinweis, das das Bundesverfassungsgericht etwas der Meinung sei, dass die Übernahme der Verantwortung durch den Fiskalvertrag und den ESM nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Deshalb schließe ich ein Daumensenken nun wirklich aus", hatte er gesagt. "Wir haben keinen Plan B und den brauchen wir auch nicht." “ wird das Gericht wahrscheinlich also nicht sein.