Donnerstag, 14. November 2013

Der Fall Maddie – Just five hours in May

Der Fall „Maddie“ hat verständlicherweise in Großbritannien weit höhere Wellen geschlagen als bei uns hier in Deutschland. Wir hatten dafür unseren Fall „Weimar“, ein ähnlich gelagerter Fall im Jahre 1986. Die älteren Leser werden sich noch gut an diesen Fall von Kindermord erinnern, und nicht nur an den komplizierten Indizienprozess, sondern auch an die besondere Rolle der Medien in diesem Fall. Nun ja, die Briten mochten es schon immer etwas dicker als wir, und dementsprechend war „unser“ Indizienprozess im Fall Weimar gegen den immer noch andauernden Fall McCann auch ein regelrechter „Peanuts“-Fall der internationalen Kriminalgeschichte.

Der Grund für das weite Interesse am Fall Maddie McCann ist natürlich einerseits die Aura des Undurchschaubaren und Geheimnisvollen des Falles. Aber auch, wenn man tiefer hinter die Kulissen schaut, und selbst abseits jeder Schuldfrage, die große Rolle der Presse, Politik, der Intrige und Korruption, als auch die Psychologie des Falles und die Rolle von geschürten Emotionen, ja selbst unterschwelligem bis offenem Rassismus. So wie zuletzt bei den „heißen Spuren“ von Zigeunermädchen Maria oder jetzt der tote junge Schwarze Traktorfahrer. Letzterer, der nun tatsächlich eine „irrsinnige“ Ähnlichkeit mit dem Gesuchten und gut beschriebenen Hauptverdächtigen aus 2007 hat. Nun ja, was nicht passt, wird halt passend gemacht. Und daran sind allerdings nicht nur einfach die McCann's Schuld, sondern vor allen Dingen die Presse und die Masse der „Cut-and-Paste“-Journalisten, die alle guten Vorsätze kritischen Journalismus längst vergessen haben. Oder es sich aus finanzieller Not, weil von der Hand in den Mund lediglich nach Anzahl veröffentlichter Zeilen bezahlt, auch gar nicht mehr leisten können in irgendeiner Weise noch investigativen Journalismus zu betreiben.

Das ist umso ärgerlicher, als dass die kompletten Ermittlungsakten bereits seit 2008 veröffentlicht wurden und in digitaler Form im Internet vorliegen (mccannpjfiles.co.uk). Ein Umstand der allerdings auch mir bis vor kurzem nicht bekannt war, nun ja, ich bin ja auch kein Brite. Und in Britannien ist entsprechend der Fall auch in etlichen darauf basierenden Veröffentlichungen und auch in Blogs ausreichend diskutiert worden. Zur Ehrenrettung Aller muss man allerdings auch sagen, dass die schiere Menge des Materials auf den ersten Blick mehr als überwältigend und daher auch eher abschreckend ist. Alleine nur die offiziellen PJ Akten enthalten mehr als 11000 Seiten (als Einstieg lese man vielleicht nur den vorläufigen Abschlussbericht). Dazu kommen dann nochmal mindestens genauso viele ebenfalls unmittelbar kriminalistisch verwertbare Quellen aus Interviews und Medien, die in der Sammlung  mcccannfiles.com zu finden sind. Obendrauf kommen dann noch eine ganze Reihe von Blogs und der Gleichen, deren Inhalte sich mit den vorgenannten seriösen Quellen zum Teil decken und noch einige zusätzliche, manchmal allerdings auch halbgare, Informationen beitragen.


MindMap

Um überhaupt sinnvoll durch das Gestrüpp der Fakten zu kommen, nutzt man am besten einen modernen Zettelkasten. Mit einer flexiblen Mind-Map lassen sich gesammelte Information besser verwalten und sortieren oder auch Weizen von Streu trennen. Andernfalls geht man in dem gewaltigen Wust von Fakten förmlich unter. Ich stelle meine MindMap per Download zur Verfügung, so dass Jeder der gerne weiter daran arbeiten möchte diese als Einstieg nutzen kann. Für alle Anderen gibt es auch eine HTML-Seite dieser MindMap, die allerdings nicht den Komfort und die Anpassungsfähigkeit einer MindMap bietet. Darin enthalten sind die nötigen Quellen und Belege und eine ganze Menge weiter führender Links, für die Leser, die sich weiter mit Details des Falles beschäftigen möchte. Wegen der Menge der Informationen beschränke ich mich hier in diesem Blog-Beitrag nur aufs Wesentliche.Was auch schon fast zu viel ist.

Just five hours in May - Nur fünf Stunden im Mai

Der Untertitel des zweiten Maddie-Artikels „Just five hours in May - Nur fünf Stunden im Mai“ bezieht sich auf den wesentlichen Kern der Sache, den wir hier erst einmal nach den Vernehmungsprotokollen und Faktenlage der örtlichen Polizeibehörde rein sachlich rekonstruieren werden. Diese fünf Stunden beziehen sich auf die Zeit von 17:30 bis 22:30 des 3. Mai 2007 im Oceans Club in Praia da Luz. Die erste Zeitpunkt betrifft die letzte verbürgte Sichtung von Maddie, der letzte Zeitpunkt ist die Uhrzeit um die man etwa die örtliche Polizei informierte. Genau in diesen fünf Stunden liegt das Geheimnis um das Verschwinden von Madeleine Beth McCann verborgen. Nach der Rekonstruktion der Faktenlage werden wir uns dann den möglichen Schlussfolgerungen und Interpretationen derselben widmen.

Timeline nach den PJ-Akten. Download MindMap
Der Morgen des 3-Mai-2007

Um diese Zeit brauchen wir uns nicht allzu viele Gedanken zu machen, denn Maddie war zunächst am Morgen vom 9:10 bis 12:15 und nach dem Mittagessen dann wieder von 14:30 bis 17:30 im Mini Club. Das ist nicht nur durch den Eintrag in die Anwesenheitsliste sondern auch durch eine Unabhängige Zeugin, ihr Kindermädchen und Angestellte des Hotels, Catriona Baker definitiv bestätigt.

Der Nachmittag

17:30 Maddie wird von der Kinderkrippe abgeholt

Dies ist gut belegt durch den Eintrag in die Anwesenheitsliste als auch durch die betreuende Kindergärtnerin C. Baker verbürgt. Sie ist die letzte unabhängige Zeugin die Maddie McCann gesehen hat.

18:00 Tennisplatz

In der Zeit 18:00 bis 19:00 fand täglich freies Tennistraining für Männer statt. Gerry McCann war gegen 18:00 dort anwesend, was nicht nur durch seinen Freund David Payne sondern auch durch den Tennistrainer bezeugt ist.

ca. 18:30 David Payne schaut nach Kate und den Kindern

Die genauen Zeiten sind etwas schwammig, aber gegen 18:30 soll Gerry seinen Freund David, wie beide bezeugen, zu einem Kontrollgang hin zu Kate und den Kindern im Apartment bewegt haben. David behauptete, dieser wäre nur sehr kurz gewesen. Gerry sagte zunächst aus, dass dieser aber eine halbe Stunde, bis 19:00 Uhr gedauert hätte. Später nahm er diese Aussage wieder zurück, und behauptete das David doch Recht habe und bereits nach kurzer Zeit zurück kam. Nach Rückkehr von David verlässt Gerry dann den Tennisplatz und geht zu Kate.

Der Abend

ca. 20:35 Die Reisegruppe („Tapas 9“) geht zur Tapas Bar

Ab etwa 20:35 bis 20:45 beginnt das Treffen für das Abendessen in der Tapas Bar, wo sich der Freundeskreis täglich trifft.

ca. 21:05 (21:15) Jane Tanner beobachtet einen Mann mit Kind

Gegen 21:15 soll Jane Tanner den Tisch verlassen haben um nach ihren Kindern zu schauen. Auf dem kurzen Weg trifft sieht sie, dass Gerry, der ebenfalls um diese Zeit nach seinen Kindern schaute, mit einem anderen Urlauber, Jez Wilkins auf dem Gehweg im Gespräch ist. Dabei, fällt ihr später ein, beobachtete sie einen Mann mit einem Kind im Arm, der am oberen Ende die Straße quert. Jez Wilkins kann sich nach seiner Aussage jedoch an keinen Mann erinnern, obwohl er sich sicher war dass er diesen auch hätte sehen müssen. Von Scotland Yard wurde inzwischen ein unverdächtiger britischer Tourist identifiziert, der tatsächlich um diese Zeit und an diesem Ort seine Tochter nach Hause trug.

ca. 21:30 bis 21:50 Kinder Checks

Am späteren Abend dieses Tages werden die Tapas 9 eine Zeitleiste verfassen. Darauf ist verzeichnet, das Russell O'Brian und Matthew Oldfield in dieser Zeit nach den Kindern der benachbart wohnenden Familien schauen und auch bei den McCann's schauen ob alles ruhig ist. Auf der am nächsten Morgen abgestimmten Liste die sie der PJ übergeben, fehlt dieser Eintrag dann jedoch.

Die erste und zweite Timeline der Tapas 9. Unterschiede markiert.
ca. 21:40 (22:00; 22:13):  Der Alarm wird von Kate Healy – McCann ausgelöst.

Von vier völlig unabhängigen Zeugen des Hotels wird bezeugt, dass der Alarm von Kate um ca 21:40 ausgelöst wurde (Zeugen und Zeitangaben: ca. 21:20 bis 21:40 der Executive Chef, ca. 21:30 bis 21:40 der Property Manager, vor 21:45 der Restaurant-Kellner, und zwischen 21.30 und vor 22:00 durch einen Fitness Instructor).

Die McCann's und ihr Freundeskreis („Tapas 7“) fertigen wenig später allerdings eine Timeline an, in der man sich gemeinsam auf 22:00 für den Alarm einigt. Diese Liste wird am nächsten Morgen noch einmal ins Reine geschrieben und dann der Polizei vor den Vernehmungen am 4.ten Mai übergeben. Gerry McCann unterschreibt diese Timeline mit „Gerald“ und übergibt sie der Polizei. Eine Woche später, am 10. Mai 2007, macht Gerry McCann dann jedoch noch eine weitere Wendung: Jetzt gibt er an, dass es definitiv schon 22:03 gewesen wäre, als Kate den Tisch in Richtung Apartment verlassen hätte. Und das man denn weitere 10 Minuten bis zum Alarm warten musste. Demnach also der alles entscheidende Alarm um frühestens 22:13 statt gefunden hätte.

ca. 22:00 Die Familie Smith beobachtet einen verdächtigen Mann

Die letzte Rechnung bezahlt die Familie Smith um 21:50, was aus den Kassenbons der Kneipe nahe des felsigen südwestlichen Strandes hervor geht. Dann brechen sie Richtung Norden auf, um zu ihrem Hotel zu gehen. Etwas höher am Berg treffen sie auf einen Mann, der ein regloses Kind in hellem Pyjama, ohne Schuhe, in die entgegen gesetzte Richtung Fels-Strand bergab transportiert. Es ist bei dieser Begegnung eine Zeit zwischen 21:55 bis 22:05 anzunehmen. Die Stelle der Begegnung liegt 375 Meter in südwestlicher Richtung des McCann Apartments. Die recht eindeutige Beschreibung des möglichen Täters, des bis heute Hauptverdächtigen, wird später der Polizei zur Kenntnis gebracht. Die Phantombilder werden allerdings dann fünf Jahre durch die McCann-Foundation zurück gehalten und kürzlich erst der Öffentlichkeit im Rahmen der neuen Scotland Yard Operation Grange als „neue Spur“ präsentiert.

Bis ca. 22.30 - Mehrere erste Suchaktionen nach Maddie

Nach dem Alarm durch Kate suchen sowohl Mitglieder der Tapas 9 als auch das Hotel Personal und sonstige freiwillige Helfer die nähere Umgebung nach der möglicherweise fort gelaufenen Maddie ab. Neben der Hotelanlage selbst betrifft das vor allen Dingen das Gebiet südöstlich der Anlage bis zum südlich gelegenen beliebteren Sandstrand.

Nach ca. 22.30 Die Polizei wird alarmiert

Gegen 22:30 wird die Polizei alarmiert. Außerdem informieren die McCann's nach ihren Verwandten auch ihre Verbindungen zu Presse und Politik. Auch ein Priester wird kontaktiert, da Kate diesen braucht.

Zu diesen Fakten gehören natürlich auch noch die Spuren am Tatort. Oder eigentlich genauer gesagt, das völlige Nichtvorhandensein irgendwelcher Spuren, die auf einen Einbruch und/oder gewaltsame Entführung hindeuten würde. Im letzten Artikel hatte ich schon so einiges dazu gesagt, wobei ich auch ausdrücklich allen Kommentatoren für weitere Hinweise und Beiträge danke. Die späteren Diskussionen um die gerichtliche Verwertbarkeit der gefunden DNA und Leichenspuren im Apartment und dem Mietwagen der McCann's können wir an dieser Stelle ruhig für später aufsparen.

Der vorgebliche Tatort -  Bildquelle PJ Files
Entscheidend ist zunächst, dass man zwar durchaus in solche typischerweise schlecht gesicherten Hotelapartments eindringen kann, jeder Amateureinbrecher kann das, allerdings nicht ohne wenigstens etwas kaputt zu machen. Prinzipiell konnte man in das Eck-Apartment 5A durch die Verandatür auf der Pool- und Barseite hinein, als auch durch den eigentlichen Vordereingang, der zur hinteren Straßenseite gelegen ist. Welche Seite würde ein Einbrecher nehmen? Die Verandatür ist nur durch einen sehr schmalen Treppenaufgang zu erreichen, der an der Straßenseite wiederum selbst durch eine schmale Türe gesichert ist, und diese Seite ist vom Pool und auch von der Tapasbar her gut einsehbar und beleuchtet. Der eigentliche Haupteingang dagegen liegt am Eckende eines Parkplatzes, recht versteckt aber mit ausreichend Platz, unbeleuchtet und mit guten potentiellen Fluchtwegen versehen. Jeder halbwegs vernünftige Fremde würde daher diesen wählen müssen.

Die Tür dort war allerdings nur mit Schlüssel zu öffnen und das dort gelegene Fenster, dass direkt in Maddies Schlafzimmer führte, war zwar angeblich nur angelehnt wie die McCann's aussagten, aber mit einer Rollade versehen, die fast vollständig herunter gelassen war. Ein Einbrecher hatte dem zu Folge also die Wahl mit einem ordentlichen Tritt die Tür aufzubrechen oder die Rollade mit Gewalt hochzuschieben und durch das Fenster zu schlüpfen. Beides ist zwar möglich, aber es hinterlässt immer erkennbare Gewaltspuren, von denen nicht das Geringste zu finden war. Später testet auch die Polizei mit einer Dummypuppe, ob und wie eine Entführung durch das Fenster möglich gewesen wäre. Wie sich zeigte war das ohne Hinterlassung einer Menge Unordnung und Spuren nicht möglich. Selbst die kleinen Kinderbettchen der Zwillinge standen noch artig an ihrem Platz, obwohl sie den Weg eines Einbrechers behindert hätten. Könnte ein Einbrecher, egal wo und wie er herein gekommen war, beim Verlassen der Wohnung, mit einem Kind in den Armen, noch Zeit und Geduld gehabt haben, verrückte und umgestoßene Gegenstände, geöffnete Türen oder auch Rolladen und das Fenster wieder in den Zustand zu versetzen, wie er sie vorgefunden hatte? Natürlich kann man ein solches Szenario konstruieren, aber es wäre schon eine völlig ungewöhnliche Sache gewesen. Nun es ist Fakt, und damit die Crux, dass es tatsächlich keinen einzigen Hinweis gibt, der den geäußerten Verdacht einer Fremdeinwirkung auf Maddie objektiv stützen könnte.

Nun soweit die kurze Zusammenfassung der zeitlichen Abläufe nach den dokumentierten Polizeiakten.

Aufgrund dieser Faktenlage muss man sich nun fragen, welche der beiden vorgetragenen Versionen (1) Tötung und Beseitigung des Kindes durch die Eltern, oder (2) Entführung durch einen spurlos gebliebenen Dritten, die wahrscheinlichere ist.

Das deutliche Indiz gegen die geäußerte Entführungsthese (2) ist neben der völlig fehlenden Spurenlage die unbestreitbare Tatsache, dass die McCann's und die Tapas 7 bezüglich der entscheidenden Zeitschiene ganz offensichtlich manipuliert haben. Ihnen, oder wenigstens den McCann's muss es also schon an dem Abend daran gelegen gewesen sein, die Zeitschiene um ca. 20 Minuten in die Zukunft zu verlegen. Dazu wurden die Aussagen sogar vor den polizeilichen Vernehmungen durch die Tapas 9 gemeinsam gesammelt, abgestimmt und schriftlich auf 22:00 festgelegt. Gerry McCann's korrigierende Aussage vom 10. Mai setzt dann sogar noch mal einen oben drauf, und er behauptet dann sogar, dass der Alarm und die dann folgende Erstsuche erst nach 22:13 erfolgte.

Das die McCann in diesem speziellen Punkt die Wahrheit gründlich verbogen haben, ist also ganz offensichtlich. Aber warum? Warum sollte es einen Grund geben, sich mit der Gruppe zügig auf einen deutlich späteren Zeitpunkt des Alarmes zu einigen? Es wäre schließlich kein Problem gewesen, wenn jeder ehrlich die Zeit genannt hätte, wie er sie festgestellt oder geschätzt hatte. Auf ein paar Minuten mehr oder weniger wäre es schließlich nicht angekommen. Erst rund drei Wochen später wurde der Polizei die fatale Smith-Sichtung um ziemlich genau 22:00 Uhr östlich der Anlage bekannt. Befürchtete McCann, dass er vielleicht irgendwann einmal ein bombensicheres Alibi für die Zeit um 22:00 Uhr benötigen würde? Angesichts der Tatsachen, insbesondere die jetzt erst bekannt gewordene 5-jährige Zurückhaltung der Phantombilder der Smith-Sichtung, die Gerry McCann so fatal ähnlich sehen, sprechen ganz deutlich für diese Annahme.

Der merkwürdige Umgang mit der neuen S.Y. Suche auf der FindMadeleine Seite
Selbst die FindMadeleine-Seite der McCann's gibt immer noch nicht die neuesten Erkenntnisse Scotland Yards wieder. Stattdessen wird munter Informationen aus unterschiedlichen haltlosen Verdächtigungen und der längst durch Scotland Yard als obsolet erkannte Tanner-Sichtung präsentiert. Ja, noch nicht einmal die Phantombilder der Smithsichtung werden auf den vorgeblich um die Wahrheit so bemühten Find-madeleine Seite gezeigt. Man beachte dabei allerdings die Internet bedingten „amüsanten“ Feinheiten: Die McCann-Foundation-Suche ist auf der Unterseite unidentified people zu finden. Dort steht dann aber im Sinne der neuen S.Y.-Ermittlungen völliger Unfug. Das eigentliche Eingangsportal der Seite ist wiederum die Seite  (Home.html) Home-Seite. Die Default-Seite einer jeden Webseite ist nun die Seite, die angesteuert wird, wenn keine home-Seite vorhanden ist, nämlich die Index-Seite (/index.html).

Steuert man die Index-Seite an, die man automatisch erhält wenn man /home nicht extra angibt, dann erhält man nun die Scotland-Yard Seite mit einem Verweis (oben) auf die eigentliche Home-Seite der McCann's. Da wiederum gibt es „natürlich“ eine Seite mit den „neuesten“ Bitten um Nachsuche. Da wiederum ist dann wirklich nichts zu finden was aktuell oder für die McCann's unangenehm sein könnte. Wie auch immer, es ist ganz offensichtlich ein weiterer Versuch einer gezielten Täuschung der Öffentlichkeit. Die andere Feinheit ist aber auch: Offensichtlich hat Scotland Yard bei den McCann's insofern auf den Tisch gehauen, dass die Seite der Metropolitan Police der McCann-Seite vorgeschaltet wurde, damit zumindest eine Chance besteht das Besucher der McCann's die wahre Information bzgl.des  Hauptverdächtigen 1A, 1B, die Smith-Sichtung, doch noch bekommen können. Nun ja, Chief Inspector Andie Redwood ist halt nicht ganz so einschienig, wie dass manche Menschen wohl gerne hätten.

Auch dass man die in der Nacht abgestimmte Version der Zeitleiste am nächsten Morgen nochmals änderte, nämlich dahin gehend das nun um 21:15 eine mögliche Tätersichtung ins Protokoll geschrieben wurde, und die zunächst in die Liste geschriebenen Kontrollgänge zwischen 21:30 und 21:50 wegfielen. Warum? War etwa den Kontrollgängern Oldfield und O'Brian aufgefallen, dass die so zusammen gestöpselte Zeitliste nicht stimmen konnte, dass sie um diese Zeit tatsächlich nicht unterwegs gewesen waren, denn da etwa wurde ja genau der von den Hotelangestellten bezeugte Alarm schon ausgelöst? Oder war es vielmehr Gerry McCann gewesen, dem aufgefallen war, dass dann der vorgebliche unbekannte Entführer nur 5 Minuten, nämlich von 21:50 bis 21:55, als Kate an den Ort kam, für eine offensichtlich spurlose Entführung gehabt hatte? Dafür kam nun aber die Tanner Beobachtung in die Liste, die von Gerry McCann mit „Gerald“ abgezeichnet und der PJ zu geführt wurde. Am Vorabend erschien Tanner die Beobachtung als unwichtig, am nächsten Tag jedoch schon, obwohl, und da ist auch wieder Täterwissen zu vermuten, die McCann's von Anfang an von einer Entführung redeten. Vermutlich hat Jane Tanner, und das zeigten ja auch die Ermittlungen von Scotland Yard, ihre Beobachtung eines britischen Touristen im Nachhinein ein wenig, wahrscheinlich unbewusst, dem Druck der Entführungsthese folgend aufgepeppt.

Nun es gibt noch dutzende solcher Punkte an denen man sehen kann, dass die McCann's in ganz wesentlichen Punkten nicht die Wahrheit sagen, oder gar nichts sagen wollen, oder eben verfrühtes Täterwissen offenbaren. Zu erwähnen ist hier nur der ultrafrühe Start der Medeinkampagne, die einem eventuell noch lebenden Opfer mit Sicherheit nicht gut getan hätte. So insbesondere auch das insistieren der Eltern darauf das unveränderliche Merkmale Maddies, der kleine Fehler in der Iris ihres rechten Auges, öffentlich zu plakatieren: „Look into my eyes...“. Obwohl gerade die PJ sie eindringlich warnte dies zu tun, da es das Leben ihrer Tochter ggf. in höchstem Maße gefährden würde. Denn ein potentieller Entführer würde durch den Druck einer solchen Kampagne und mit der Tatsache der Unveränderlichkeit des Merkmals konfrontiert, geradezu zu einem Mord genötigt werden.

Nun also, fassen wir nur kurz das Wesentliche zusammen:
  • keinerlei objektive Spuren einer Entführung
  • Versuch der Verschiebung der zentralen Zeitleiste durch die McCann's und Freunde um bis zu einer halben Stunde in die Zukunft
  • Frisierte Aussagen bezüglich dem Ablauf der verschiedenen Kontrollgänge der Freunde, die ein mögliches Entführungs-Zeitfenster sonst praktisch auf Null gebracht hätten
  • Vermutbares Täterwissen auch beim Ablauf der Suche, Kate sucht gar nicht, sagt ihrer Mutter telephonisch „Sie ist tot“, lässt einen Priester kontaktieren. Gerry sucht nur Anfangs und setzt noch in der Nacht die britische Pressemaschine in Gang.
  • Schon am nächsten Morgen wird in der Folge die Arbeit der portugiesischen Polizei massiv unter Druck gesetzt, Pressevertreten rufen reihenweise an, und der britische Konsul erschient schon gegen 10 Uhr in den Räumen der Polizei und posaunt unter Anwesenheit der Polizisten gleich ins politische London, dass die „Polizei hier gar nichts tun würde“.

Letzteres klingt wie ein schlechter Witz, ist aber verbürgte Tatsache. An diesem Tag startet also eine mediale, politische und juristische Kampagne die in der Kriminalgeschichte ihres Gleichen sucht. Es dauerte aber noch 4 Monate, bis die McCann's Anfangs September 2007, nach unzähligen weiteren Ermittlungen und Verdachtsmomenten, in den Stand eines Beklagten, Arguido, erhoben wurden. Ungeachtet dessen dauert die Kampagne nun schon sechseinhalb Jahre an und gipfelt zur Zeit im „Libel“(Verleumdungs-)-Prozess gegen den leitenden Polizeibeamten der PJ von 2007, Goncalo Amaral. der bis spätestens Februar 2014 entschieden sein soll. Ein Prozess, der zwar „nur“ ein Zivilprozess ist, bei dem es für die McCann's allerdings trotzdem um Kopf und Kragen geht. Historisch Vergleichbares kann man an diesem Punkt nur beim O.J. Simpson-Fall  finden.

In der ganzen Zeit, bis heute, werden dabei die McCann's von den besten, gerissensten und teuersten Anwälten Großbritanniens und auch Portugals vertreten. Echte „Winkeladvokaten“ die es durch politische und juristische Winkelzüge tatsächlich schafften, den Spieß zwischen Angeklagten und dem Ankläger komplett umzudrehen. Zunächst schaffte man es Amaral vom Fall McCann zu suspendieren, weil er angebliche vertrauliche Ermittlungsergebnisse durchsickern ließ. Damit nicht genug, stellte man ihm weiter nach. Schließlich gelang es Amaral selbst auf die Anklagebank zu bugsieren, in einem ganz anderen Fall, bei dem eine ebenfalls wegen Kindermordes Angeklagte behauptete, von den ermittelnden Polizeibeamten geschlagen worden zu sein. Damit hatte Amaral zwar direkt nichts zu tun, aber er war höherer Vorgesetzter der Beschuldigten und hätte nach Meinung seiner Ankläger den Fall seiner Kollegen aber vor Gericht zerren müssen. So aber konnte man ihm die Sache in die Schuhe und seine Person endgültig aus dem Amt schieben.

Als er dann seine Geschichte, mit den längst bekannten und veröffentlichten Ermittlungsakten als Buch (Madeleine - Die Wahrheit über die Lüge) herausbrachte, setzten die McCann's zu Krönung noch eine Verleumdungsklage und ein vorläufiges Verbot seines Buches durch. Mit der wenig kleinlichen Streitsumme von 1 Million Pfund übrigens. Geld, das Amaral das Genick endgültig brechen würde, für die McCann's dagegen nicht viel mehr als der Inhalt der Kaffeekasse wäre. Die McCann's selbst haben natürlich auch ein Buch heraus gebracht über Madeleine, das mit Hilfe der Harry-Potter-Erfinderin und Milliardärin Joanne K. Rowling zusammen geschustert wurde und mit unbelegten Bezichtigungen von Amaral und der PJ nur so gespickt ist. Ein Millionenschwerer Verkaufserfolg versteht sich dabei fast von selbst.

Hinter dieser unglaublichen Geschichte steckt auf der notwendigen Finanzseite ein britischer Multimilliardär der die McCann's nicht nur mit diesen für Normalsterbliche unbezahlbaren Anwälten versorgt, sondern auch sonst noch mit nahezu unbegrenzten Geldspritzen wo immer es nötig erscheint einspringt. Neben dieser finanziellen Seite hat der Fall natürlich auch eine erhebliche politische und gesellschaftliche Dimension, die bis in die höchsten Ämter des Vereinigten Königreiches reicht, anfänglich durch PM Gordon Brown, zwischenzeitlich selbst durch Prinz Charles und heute weiterhin auch durch ungewöhnlich persönlichen Einsatz vom aktuellen PM David Cameron. In vergleichbaren Fällen britischer Touristen im Ausland kann man dergleichen nichts beobachten. Aber es macht diesen Fall, emotionslos betrachtet, nun erst wirklich so richtig prickelnd. Aber diese spezielle Geschichte müssen wir uns für einen weiteren Beitrag aufsparen.

Eine mögliche Rekonstruktion des 3.ten Mai

Zum Abschluss kommen wir zu einer möglichen(!) Rekonstruktion des 3.ten Mai nach den vorliegenden Fakten, wobei natürlich bis zu einem Urteilsspruch in der Sache, gegen wen auch immer, die Unschuldvermutung in einem Rechtsstaat im Vordergrund steht. Diese gilt nicht nur für die McCann's, sondern genauso für Alle bisher und in Zukunft noch Beschuldigten im Rahmen der Kampagne, so für die angeblich deutsch oder niederländisch sprechende Drücker oder auch den toten schwarze Traktorfahrer aus den Cap Verden oder noch sonstige Menschen die zufällig nur ein Handy zu der Zeit und in der Gegend eingeschaltet hatten. Was in den medialen Schuldvermutungen gegenüber diesen bislang immer noch unschuldig gewesenen „Verdächtigen“ ja wenig genug beachtet wurde und weiter wird.

Nun, wie also könnte es gewesen sein?

Die McCann's sind in 2007 beide angesehene Ärzte, Gerry ist Kardiologe am Glenfield Hospital in Leicester und Kate zu dieser Zeit „General Practitioner (GP)“, also Allgemeinmedizinerin in Melton. Ursprünglich hat sie allerdings Gynäkologie studiert und lernte dann das Fach einer Anästhesistin. GP wurde sie erst mit den Kindern, weil diese Beschäftigung mehr zeitliche Flexibilität erlaubte. Sie reisen mit einer Gruppe guter Freunde (später die Tapas 7 oder Tapas 9 mit den McCann's genannt), alles Ärzte und Lebenspartner in vergleichbarer Stellung und auch sind sie schön öfters gemeinsam in Urlaub gewesen. Gerry und Kate sind beide hochtrainierte Amateursportler, Gerry zudem auch noch Sportmediziner. Als Medizinerpaar erzielen sie ein wirklich gutes Einkommen und haben für sich und ihre nun drei Kinder ein schönes Einfamilienhaus gebaut, dass zu dieser Zeit aber noch längst nicht abbezahlt ist.

Die Tapas 7 plus J. Wilkins - Bildquelle mccannfiles.com
Kurzurlaub in Portugal

Ende April beginnen Sie einen nur einwöchigen Kurzurlaub in Portugal, der am 5. May mit dem Rückflug enden sollte. Sie wählen eine Hotel, dass sowohl hervorragende Möglichkeiten zur Versorgung aller Kinder als auch reichliche Sportmöglichkeiten bietet, den Ocean Club in Praia da Luz. Dort bekommen sie Apartments zu geteilt, die alle recht nahe beieinander liegen, wobei das Apartment 5A der McCanns das Eckapartment am Nordöstlichen Ende des Hauptblocks ist. Das Hotel verfügt über professionel geführte Kinderkrippen für jedes Alter. Für Maddie ist der Mini Club die Wahl. Dort wird sie regelmäßig von Morgens bis zum späteren Nachmittag durch englisch sprechende Kinderpflegerinnen betreut, so dass die Eltern trotz der üblichen Kindersorgen einen erholsamen Sporturlaub verbringen können. Da gibt es nicht allzu viel gegen zu sagen, denn schließlich ist die Arbeit der Ärzte hart genug und eine Woche Urlaub auch viel zu kurz. Und die für alle Eltern von Kleinkindern übliche rund-um-die-Uhr-Versorgung der Kids ist nicht unbedingt das, was man allgemein unter jungen Leuten, die vor kurzem noch Sport vernarrte typische „Yuppies“ waren, als erholsam bezeichnen würde. Das lernt man erst mit der Zeit.

Karte des Ocean Clubs - mccannPJfiles.co.uk
Tapas Bar

Abends geht man regelmäßig in die Tapas Bar, um mit den Freunden zu essen und danach nach Möglichkeit noch „einen drauf“ zu machen. Auch dagegen ist wenig einzuwenden, wenn es denn geht, aber insbesondere Maddie hat noch öfters Probleme gemacht weil sie nicht ein- oder durch schlafen wollte. Es ist bezeugt (Pamela Fenn) dass sie zumindest am 1.Mai nachts stundenlang nach ihren Eltern schrie, die wohl noch aus zum Feiern waren.

Der 3.te Mai

Der 3.te May ist wird nun aber der letzte Tag zum Feiern sein. Denn am 5.ten wird man früh aufstehen müssen um zum Flughafen zu kommen. Der letzte Abend des 4.May fällt damit also für die Abschiedsfeier unter den guten Freunden definitiv aus. Der Tag verläuft wie üblich, man macht Sport und alles drum und dran und Maddie ist bis 17:30 versorgt. Das ist auch klar bezeugt, und um 17:30 wird Maddie vom Mini Club abgeholt und ins Apartment gebracht. Dort ist jetzt Kate, die die drei Kinder auf die Nacht vorbereitet und Gerry, der sich für das tägliche Herren Tennis von 18:00 bis 19:00 bereit macht.

Eine Schnapsidee

Kate's Beruf ist es nun mal gewesen regelmäßig Menschen jeden Alters kontrolliert in den Schlaf zu versetzen. Sie hat das schon tausend mal gemacht und es hat auch immer problemlos geklappt. Sie kann das und sie weiß auch, dass sie es kann. Die gelernte Anästhesistin Kate kommt nun vermutlich auf eine geradezu sprichwörtliche Schnapsidee. Damit die Abschlussfeier nun wirklich mal in Ruhe und ohne Kindersorgen klappt, verabreicht sie den Kurzen ein Beruhigungsmittel. Welches könnte man nur vermuten, sei es nun irgend etwas ganz spezielles aus ihrem Ärztefundus oder eben ein häufig für solche Zwecke verwendetes Diazepam (Valium). Normalerweise ist das Zeugs tatsächlich Nebenwirkungsfrei, in der Regel schadet es Niemanden, man schläft gut und ruhig danach. Natürlich muss die Dosierung stimmen, was für eine gelernte Anästhesistin aber nun wirklich kein Problem darstellen sollte.

Es ist auch so, das Valium Gaben selbst an Kleinkinder überhaupt nichts ungewöhnliches sind, hier nur der kurze Ausschnitt aus dem Beiblatt von Valium: „The recommended dose of diazepam for adults ranges from 2 mg to 10 mg, taken 2 to 4 times daily. For children older than 6 months, the initial dose usually ranges from 1 mg to 2.5 mg, taken 3 or 4 times daily. “

Es passiert, was noch nie passiert ist

Wenn Kate also tatsächlich etwas wie Valium verabreichte, dann ist das vielleicht aus Sicht erfahrener Eltern in diesem Falle etwas, na ja, sagen wir, ein nicht gerade selbstloses Handeln. Aber es ist auch keineswegs verrückt oder abwegig, es ist selbst für größere Babies schon erlaubt und möglich. Für gelernte und geübte Ärzte ist es erst recht keine so abwegige Idee sondern liegt durchaus im normalen Rahmen ihrer Kompetenz und war zumindest medizinisch gesehen ohne weiteres vertretbar. Wieso also nicht in diesem Ausnahmefall der Abschlussfeier?

Was aber selbst viele Ärzte nicht realisieren ist, dass z.B. Diazepam durchaus Nebenwirkungen haben kann. Die sind zwar als äußerst selten und ungewöhnlich zu bezeichnen, aber wenn sie dann doch mal vorkommen, dann sind sie so richtig heftig: „...Auch Schlafstörungen, vor allem Einschlafstörungen sprechen gut auf Benzodiazepin-Tranquilizer an, ohne dass man gleich zu Schlafmitteln greifen muss. Über die gängigen Nebenwirkungen wurde bereits ausführlich berichtet. Sie sind in der Regel eher lästig als quälend oder gar gefährlich. ...Die unerwünschten Begleiterscheinungen der Benzodiazepine sind darüber hinaus [aber] noch ein psychopharmakologisch fast einzigartiges Phänomen: Zum einen von einer schier unfassbaren Vielfalt, wie sie scheinbar kaum auf eine einzige Stoffklasse zurückgeführt werden kann, zum anderen weitgehend unbekannt, ja beschönigt - und zwar nicht nur in der Allgemeinheit, sondern auch lange Zeit in Ärztekreisen. Die häufigsten Nebenwirkungen, die bereits nach kurzer Einnahmezeit durch Tranquilizer und Schlafmittel vom Benzodiazepin-Typ auftreten können, sind: Blutdruckabfall, Atembeschwerden, Mundtrockenheit, Muskelschwäche..... [Besonders] wenn man die Benzodiazepine intravenös zu rasch oder zu hoch dosiert, kann es im Extremfall zu ernsten Herz-Kreislauf-Folgen, insbesondere zu einem bedrohlichen Blutdruckabfall kommen.“. Valium gibt es in verschiedensten Verabreichungsformen, so Tabletten, Saft oder auch Ampullen zur Injektion.

In dem sehr seltenen Fall kann es zum gefürchteten allergischen Schock (Anaphylaxis) kommen: „Anaphylaxis is a severe allergic reaction of rapid onset affecting many body systems. There have been cases of death occurring within minutes. The risk is greatest in young people and females. Death from anaphylaxis is most commonly triggered by medications. In a person who died from anaphylaxis, autopsy may show an "empty heart" attributed to reduced venous return from vasodilation and redistribution of intravascular volume from the central to the peripheral compartment.“. Es muss übrigens noch nicht einmal Valium gewesen sein, selbst das für Kinder häufig verwendete Paracetamol (engl.: Calpol; med. Gruppe der NSAID) kann solche Folgen haben: „Any medication may potentially trigger anaphylaxis. The most common are β-lactam antibiotics (such as penicillin) followed by aspirin and NSAIDs “. Das ganze Syndrom kommt, nebenbei bemerkt, auch fast so selten vor wie der gefürchtete Sexualmord an Kindern, nämlich in UK rund 20 mal im Jahr: „Currently, anaphylaxis leads to 500–1,000 deaths per year (2.4 per million) in the United States, 20 deaths per year in the United Kingdom (0.33 per million), and 15 deaths per year in Australia (0.64 per million)“.

Kurz nach 17:30

Nun jedenfalls, ohne böses Denken ist es möglich, dass Maddie und auch die Zwillinge kurz nach 17:30 erst einmal etwas zu Trinken bekamen, wo Kate eine ganz normale und erlaubte Dosis Valium untermischte. Und auch gut möglich, dass Gerry das ebenso wusste und genauso als vertretbar erachtete. Die normale Wirkung würde sein, dass die Kinder im Verlaufe des Abends, bis zum verabredeten Treff in etwa drei Stunden richtig schön müde würden und dann ganz entspannt in einen erholsamen Schlaf fallen würden. So weit so gut. Es sind also etwa 17:40 und Kate und Gerry beginnen sich frisch zu machen, Kate vielleicht im Bad und Gerry sammelt sein Tenniszeugs ein und zieht seine Tennissachen an. Als sie ein paar Minuten später wieder zu den Kindern kommen dann der Schock: Während die Zwillinge noch munter spielen liegt Maddie auf dem Boden vor dem Sofa im Wohnzimmer. Gerry, der von seinem Freund David in der späteren Vernehmung als ungewöhnlich cool, ja als stoisch beschrieben wird, eine Fähigkeit die ihn für seinen besonderen Beruf des Herzspezialisten und Chirurg besonders auszeichnet, wird natürlich sofort eine Reanimation versuchen. Bei einem „empty heart“-Syndrom aber sind alle Körperflüssigkeiten des geschockten Körpers in die Peripherie verschoben. Als er ihren kleinen Brustkorb zur Herzmassage heftig eindrückt, spritzen ihm die verdrängten Körperflüssigkeiten, Blut und Lymphe, aus Maddies Körperöffnungen förmlich entgegen. Daraus dürften die zahlreichen Flecken von resultieren, die die PJ Monate später noch an den Wohnzimmerwänden vorfinden und Maddie zuordnen kann. Maddie ist tot, und der Herzspezialist Gerry weiß auch sofort, das hier beim besten Willen nichts mehr zu machen ist. Die bei weitem weniger coole Kate dürfte an diesem Punkt in einen völlig konsternierten und paralysierten Schockzustand gefallen sein.

Etwa 18:00 Uhr

Es sind nun etwa 18:00, was also soll Gerry nun tun? Zwar ist Gerry dafür bekannt, dass er auch in den heikelsten Situationen kühlen Kopf bewahren kann, aber in dieser furchtbaren Situation gibt es doch einen psychologischen Kurzschluss bei ihm. Er könnte wie in solchen Fällen üblich jetzt Notarzt und Freunde informieren, und das ganz folgende Prozedere über sich ergehen lassen. Polizeiliche Vernehmung, und eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung auf dem Fuße. Aus der heutigen Ferne zum Ereignis betrachtet, wäre es die bessere Lösung gewesen. Denn es bestand noch eine realistische Chance juristisch mit einem blauen Auge davon zu kommen. Denn ihr Handeln war vielleicht moralisch fragwürdig, medizinisch gesehen aber eigentlich nicht. Mit der extrem seltenen Nebenwirkung konnten und mussten sie nicht rechnen. Gut möglich, dass man sie freigesprochen hätte und sie ihre Jobs hätten behalten können.

Nun aber fühlen sich beide so was von schuldig, wie man sich nur eben schuldig fühlen kann. Dadurch dürfte ihm und auch Kate der ebenso denkbare Extremfall nun als ganz selbstverständliche Folge durch den Kopf geschossen sein: Man würde ihnen ein Verfahren wegen Medikamentenmissbrauchs und fahrlässiger Tötung anhängen. Mit der Folge dass sie beide ihre Approbation als Ärzte und damit ihre gut bezahlte Arbeit verlieren würden. Schlimmer noch, auch das Haus würden sie dann verlieren, denn das war noch längst nicht abbezahlt. Auch was die gesellschaftliche Stellung angeht wäre es verheerend, der Abstieg aus der Oberschicht ins Prekariat war vorgezeichnet und das gleiche galt dann automatisch auch für die unschuldigen Zwillinge, die Haus, Ausbildung und Zukunft verlieren würden. Ob man jemals wieder, dann schon in den Vierzigern, den harten Weg von Unten zurück nach Oben kommen würde? Eher unwahrscheinlich.

PJ - Files : Der mögliche Tatort des Unglücks
David Payne

Statt des sowieso sinnlosen Herbeirufens eines Notarztes und der Polizei beschließt er daher erst mal seinen besten Freund im Team der Tapas 9 hinzu zu holen, David Payne, der Senior Consultant der auch zum Tennisplatz kommen wollte. Jetzt oder auch später, wird er den toten Körper Maddies in den Kleiderschrank legen, wo einige Zeit später die Leichenhunde noch anschlagen werden. Das dürfte schon notwendig gewesen sein, um zu Verhindern das Kate beim Anblick der Leiche durchdreht. Auf dem Tennisplatz trifft er dann auf David, den er informiert und der daraufhin zu Kate läuft. Gerry folgt ihm einige Minuten später.

Wieso ausgerechnet David? Nun, mit ihm hat er offensichtlich ein recht intimes Freundschaftsverhältnis, wie später aus einer Zeugen Aussage der Gaspars hervorgeht, das Majorca-Event oder die „Payne-Allegation“. Diese Aussage wurde am 16. Mai der Polizei zu Protokoll gegeben. Frau Gaspar war in einem früheren Mallorca-Urlaub mit dem Ärztefreundeskreis unterwegs gewesen und hatte eine Beobachtung gemacht, die sie als möglicherweise relevant erachtete, da zu dieser Zeit ja noch nach dem unbekannten Entführer gesucht wurde. Die Beobachtung war: „...One night, when we were on holiday, the adults, in other words, the couples that I mentioned were on a patio outside the house where we were staying. We had been eating and drinking. I was sitting between Dave and Gerry whom I believe were both talking about Madeleine. I don't remember the conversation in its entirety, but it seemed they were discussing a possible scenario. I remember Dave telling Gerry something like ?she?, referring to Madeleine, ?would do this?. When he mentioned ?this?, Dave was sucking on one of his fingers, pushing it in and out of his mouth, whilst with the other hand he circled his nipple, with a circulating movement over his clothes. This was done in a provocative manner there being an explicit insinuation in relation to what he was saying and doing. I remember that I was shocked at this, and looked at Gerry, and also at Dave, to see their reactions. I looked around (page 4) to see ?did anyone else hear this, or was it just me?. There was a nervous silence noted in the conversations of all the others and immediately afterwards everyone began talking again. I never spoke to anyone about this, but I always felt that it was something very strange and that it wasn't something that should be done or said.“.

Nun, der ungeheure Verdacht hier war, dass David und Gerry in sexueller Kumpanei irgendwas mit kleinen Kindern machen würde. Ich glaube das eher nicht, sondern vermute mal das Frau Gaspar, ähnlich wie Jane Tanner mit ihrer Beobachtung eines angeblich Verdächtigen, lediglich im Angesicht der Fahndungslage eine Erinnerung emotional über interpretierte. So oder so, auf jeden Fall bezeugt die Aussage aber, dass beide ein besonders intimes Freundschaftsverhältnis hatten. Das ist auch heute noch so. Denn während alle anderen den Kontakt mit den McCann's abgebrochen haben, werden sie später nur noch von den Payne's und, na raten sie mal, Frau Tanner besucht (Flash Magazine,30.04.2009) : „….Maddie's mother does not leave the house and the father grows ever more distant from his wife. Two years after the child's disappearance, Madeleine's grandmother Susan tells Flash! she "lost both her daughter and granddaughter that wretched night." ...Nowadays the McCanns are not a part of the area's social scene, unlike before. "They are insular." According to the source the residents are tired of the media, that's why they distance themselves. At most the house is visited by close family and three others "of the group of nine friends (seven friends) who were with them in the Algarve when Maddie disappeared, that is David and Fiona Payne and Jane Tanner, as they are connected with them."“

Die Zeit von 18:30 bis 19:00 

In der Zeit von 18:30 bis 19:00 dürften dann Gerry, Kate und David die Sache mit der Entführung ausgebrütet haben, wobei David sicher nicht selbst Hand anlegen wollte. Nur alle sind Ärzte und verstehen die Nöte die die McCann's nun haben. Wenigstens verspricht er ihnen, sie bei der Sache zu decken indem er sich ggf. „blöd“ stellen würde, soweit man ihn dazu befragen würde. Man sieht das auch schön an seiner Aussage zu den strittigen genauen Zeitabläufen in besagter halben Stunde: „Err after we had the meal we got some ice cream and then err we decided that we were gonna go up and play tennis so I left err with err Russell, we left the, err the girls at the restaurant and we went up to the, err back up to the Ocean Club. Err I, as I say I'm not sure you know what happened to Matt and Russell at that particular moment but I remember then you know I went over to see err Gerry at the err you know tennis courts, just to see you know what was happening, and err decided that we'd, you know I'd come, come back to play tennis and err Gerry had asked me just to pop in and check everything was alright err with Kate or you know again I can't remember the exact reason whether he was just making sure it was alright that he could stay there and you know more time but you know he'd asked me to pop in. So I walked back err from the tennis courts, err back to err you know Kate and Gerry's apartment and the time you know looking at, you know we've looked obviously at photographs since then and you know the time that we've got that I was you know going to Kate's about six thirty, err and I went into their apartment through the patio doors. The three children were all you know dressed you know in their pyjamas, you know they looked immaculate, you know they were just like angels, they all looked so happy and well looked after and content and I said to Kate, you know it's a bit early for the you know, for the three of them to be going to bed, she said ah they've had such a great time, they're really tired and you know err so I say, you know I can't remember exactly what, what you know the night attire, what the children were wearing but white was the predominant err colour, but you know just to reinforce they were just so happy, you know seeing you know obviously Gerry wasn't there but they were just all, just so at peace and you know they looked like a family who'd had such a fantastic time and err yeah then I left there, went and got my stuff, went back to the tennis courts and then err there was me, Matt and Russell and I think Gerry played a little, for a little while but he decided that he'd, he'd played enough tennis for that day and err was going back and so it left with me, Russell and err Matt and err Dan who was the, the you know the tennis coach from Mark Warner.“. Nun, alles verstanden? Err, err, you know?

Nach 19:00 Uhr - Zurück zum Tennisplatz

David geht also zurück zum Tennisplatz wo er auf die beiden restlichen Männer der Truppe trifft: Matthew Oldfield und Russel O'Brian. Weiht er sie nun in die Sache ein? Vermutlich ja, die Last kann er nicht so auf sich alleine sitzen lassen. Was können die Männer nun tun? Alle gehören zu dem gehobenen Medizinerkreis und sind alte Freunde. Sie können die fürchterliche Situation in der nun die McCann's stecken nur zu gut verstehen. Sollen Sie, allerdings nur passiv, mitmachen in dem sie aus Solidarität mit ihrem Freund und Kollegen einfach nur still halten, nichts sagen und die McCann's ihr Ding durchziehen lassen? Was soll ihnen dabei schon passieren, wenn's gut geht dann steht halt irgendwo ein unbekannter Entführer im Raum, der nie gefunden wird. Wenn's schief läuft ist es nicht ihr Problem, sondern das der McCann's. Oder sollte nun doch einer aufbegehren und sagen, nein ich mach da nicht mit, ich rufe jetzt die Polizei? Nein, alle sind geschockt, verwirrt, und halten aus durchaus verstehbarer Solidarität erst mal still. Man will zwar später nicht lügen wollen, aber die, die eingeweiht sind, wollen sich zumindest bzgl. des Mitwissens dumm stellen, was man den Freunden zugestehen möchte und für sie später auch kein allzu großes Problem darstellen sollte. Die Lebenspartnerin von Russel O'Brian ist Jane Tanner, die später die Beobachtung von 21:15 angibt, die bis vor kurzem noch im Raume stand und in der Tat, wenn sie zutreffend gewesen wäre, Gerry und Kate McCann entlastet hätte. Die Frau von David ist Fiona Payne, die lange Zeit mit Kate zusammen gearbeitet und gelernt hat. Mit auf Reise ist auch Fiona's Mutter, Diane Webster. Bleibt noch Matthew Oldfield mit seiner Frau Rachel.

Wer von Ihnen zu welcher Zeit eingeweiht war bleibt hier offen. Der für die McCann's im Nachhinein günstige Effekt scheint gewesen zu sein, dass nun sukzessive über Stunden und Tage, scheibchenweise die Gruppe immer mehr in die Sache hinein gezogen wurde. Spätestens mit der abgestimmten Zeitleiste war man zwar nicht unmittelbar in die Sache verwickelt, aber mittelbar an der Verschleierung beteiligt. Kein Wunder dass keiner der damals Beteiligten heute noch viel von der Sache, ja noch nicht einmal mehr von den McCann's wissen wollen, geschweige denn an einer Live-Reconstruction vor Ort Interesse anmelden. Denn man könnte sie wegen Beihilfe ebenfalls vor Gericht zerren, und dass stand ab September 2007 auch bereits im Raume. Mit absehbaren Folgen für die Karrieren der Beteiligten. Im November 2007 fand daher das geheime Rothley-Meeting der Tapas-Gruppe statt, bei dem offensichtlich noch einmal das weitere Verhalten der Gruppe bezüglich der Zeitleiste abgestimmt wurde. Danach zerstreuen sich die ehemals festen Beziehungen der Tapas-Gruppe.

20:45 Tapas-Bar

Um 20:45 beginnt dann das Treffen an der Tapas-Bar, wobei man davon ausgehen muss, dass wenigstens ein wesentlicher Teil der Gruppe eingeweiht ist. Natürlich hält man die Spannung nicht ewig aus, und ungewöhnlich früh, nämlich nach Aussage der unabhängigen Zeugen, zerstreut sich die Gruppe bereits deutlich früher als später von diesen behauptet: Vielleicht schon um 21:20, spätestens jedoch so etwa um 21:40. Kate müsste jetzt, bevor sie Alarm gibt, eigentlich für etwas Unordnung und Gewalteinwirkung an den zur Straßenseite gelegenen Fenster und Tür sowie im Schlafzimmer der Kinder anrichten, aber so cool ist sie einfach nicht. Es reicht gerade mal dazu, das Fenster im Kinderzimmer einen Spalt offen stehen zu lassen. Gerry aber muss nun die Leiche erst einmal ungesehen aus dem Haus zu bringen, wobei die nicht Eingeweihten der Gruppe das keinesfalls mitkriegen dürfen und natürlich auch sonstige Zeugen zu vermeiden sind.

Aus unserer rückwärts gewandten Sicht von heute wird man vielleicht spontan sagen „aber das ist doch viel zu riskant?“. Nur macht man dann den Fehler, der so häufig bei historischen Betrachtungen passiert. Denn aus rückwärts gewandter Sicht vertauschen Ursache und Wirkung ihre Reihenfolge. Was aus rückwärtiger Sicht unlogisch erscheint ist aus der Zeit heraus gesehen dann nämlich durchaus logisch, während Dinge die aus heutiger Sicht logisch erscheinen, etwa „das hätten die doch unmöglich so planen können!“ in Wirklichkeit völlig irrelevante Betrachtungen sind.

Natürlich weiß weder Gerry noch sonst ein Mitwisser was nun genau passieren würde. Aber er hat halt nun keine andere Möglichkeit, als es wenigstens zu versuchen. Und bei sachlicher Betrachtung, was soll schon groß passieren können? Im schlimmsten Fall fliegt die Sache sofort auf, und naja, dann steht man auch nicht viel schlechter da, als man vor drei Stunden auch bereits da gestanden hatte. Was soll's. Was könnte sonst noch so passieren? Wenn er erst mal mit der Leiche ungesehen aus dem Resort verschwinden kann, in die westlich gelegene weniger frequentierte und wildere Gegend, und er mit der Leiche „gestellt“ würde? Na, dann könnte er im schlimmsten Fall einfach behaupten, er hätte Maddie just in diesem Moment gefunden und der Täter müsste noch irgendwo in der Gegend herum laufen.

Phantombilder nach Smith-Sichtung. Die Bilder wurden durch die McCann-Foundation fünf Jahre zurückgehalten.
22:00 Family Smith

Auf der möglichen Suche nach einem geeigneten Versteck trifft er gegen 22:00 auf potentielle Zeugen, nämlich die Familie Smith. Die denkt sich zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht viel dabei, und McCann kann wenigstens darauf hoffen, dass es wenigstens für längere Zeit auch dabei bleibt. Jetzt muss er die Leiche nur noch irgendwo verstecken, auf einem der wilden Grundstücke, oder am felsigen Strand in irgendeiner Höhle oder Spalte des Terrains. Wichtig ist dabei zunächst noch nicht einmal, dass die Leiche nie gefunden wird. Es reicht völlig aus wenn sie wenigstens für ein paar Stunden oder Tage nicht gefunden wird. Je länger die Zeit, desto besser natürlich. Man kann sie später ggf. in ein sichereres Lager umbetten, und auch die Spuren des Geschehens sind mit jedem zusätzlichen Tag für die Ermittler um so schwerer zu deuten und einem Täter zu zu ordnen.

Zeitlich ist der Ablauf auch kein allzu großes Problem. Denn selbst vom Strand aus gesehen ist die Entfernung zum Apartment nicht besonders groß. Der Treffpunkt mit den Smiths lag genau 375 m entfernt und bis zum felsigen Strand sind es etwa 500 Meter. Für Gerry McCann, der als Jogger genauso hoch trainiert ist wie seine Frau, ist dass kein Zeitproblem. Im strammen Schritt schafft er die 375 m in gut 2 Minuten. Zurück, ohne Leiche, kann er auch völlig unverdächtig Joggen, schließlich sucht er offiziell seine Tochter, und da schafft er die 500 Meter sogar locker in nur anderthalb Minuten zurück.

Etwa 22:15

Als er nun vielleicht um etwa 22:15 zurückkehrt, kann er genauso wie Kate es bereits gemacht hat, erst einmal loslassen. Er wird von den Zeugen dann auch in einem verzweifelten Zustand beschrieben, wie keiner es dem sonst so ober-coolen Gerry je zu getraut hätte. Beide rasten regelrecht aus in Wut, Trauer und Verzweiflung. Das wird später damit erklärt werden, dass man direkt „gefühlt“ habe, dass Maddie von einem Pädophilen entführt und möglicherweise umgebracht worden sei. Aber das ist insbesondere in Bezug auf den immer als ruhig und vernünftig beschriebenen Gerry hin kaum glaubhaft. Normal für ihn wäre gewesen, erst mal nicht vom Schlimmsten, sondern von einer nur entlaufenen Maddie aus zu gehen. Wenn er aber wusste, dass sie tot und er selbst mit schuld daran war, dann ist die nun so vehement und vorzeitig vorgetragene Wut und Verzweiflung nur zu gut verständlich.

Polizeiruf 22:50

So um 22:30 oder auch etwa später, der erste verzeichnete Anruf bei der Kriminalpolizei ist für 22:50 verbürgt, geht man auf die Polizei zu. Diese trifft dann etwa ab 23:00 Uhr ein und beginnt mit ihrer Arbeit. Hier werden natürlich einige Fehler gemacht, weil man die Sachlage in ihrer zukünftigen Dimension völlig unterschätzt. In den allermeisten ähnlich gelagerten Fällen handelt es sich ja nur um ein vorübergehendes Verschwinden und die Befürchtungen der sorgenden Eltern lösen sich in Luft auf. Hier aber würde das leider nicht der Fall sein, wie die PJ später leidvoll erfahren musste.

Timeshift

Nach dem Gerry dann wieder abgeregt und bei Sinnen ist, war ihm vermutlich klar, dass nun erst die richtige Arbeit an der Verschleierung notwendig wurde. Denn die Begegnung mit den Smiths, die zu seinem Glück erst drei Wochen später bekannt werden würde, musste ihm nun aber akute Sorgen bereiten. Das bedingte zweierlei: Erstens die Abfassung einer abgestimmten Zeitleiste der Gruppe, wobei es für ihn darauf ankam, den Zeitpunkt des Alarms möglichst weit in die Zukunft zu schieben, so dass er für die Zeit um 22:00 ein halbwegs vertrauenswürdiges Alibi haben könnte. Bei der Abfassung werden also er und die, die zu der Zeit bereits eingeweiht waren, also mindestens noch Kate und David, die abhängigen Zeugen auf die Zeit von 22:00 für diesen Alarm gedrängt haben. So ganz genau wusste es wahrscheinlich ja auch keiner angesichts des allgemeinen Schocks.

Zweitens war ihm vermutlich klar, dass die örtlichen Polizeibehörden ja auch ihren Job gelernt haben und über kurz oder lang den Braten riechen würden. Es war also notwendig die Polizei so lange und intensiv wie möglich auf die falsche Spur festzulegen. Diesen notwendigen Druck aufzubauen war am ehesten durch eine Entfesselte britische Boulevardpresse möglich. Noch im Verlaufe der Nacht ließ er deshalb seine Beziehungen zu Presse und Politik spielen. Mit Erfolg. Noch vor den ersten Vernehmungen am nächsten Tag trommelten die Presseanfragen auf die PJ ein und der britische Konsul schlug schon um 10:00 morgens in der Dienststelle auf und machte mächtig Dampf in der Bude. Und das wurde dann mit jedem Tag schlimmer, was am Ende rund vier Monate Zeitgewinn brachte, bis die PJ den Braten endlich gefunden hatten. Oder glaubten gefunden zu haben, wie die McCann's bis heute betonen, weil die PJ ja nun angeblich völlig unfähig wäre. Die in der Nacht abgestimmte Timeline wurde dann noch mal überarbeitet, wobei die Tanner-Beobachtung hinein kam, und die vorgeblichen Kontrollgänge von 21:30 bis 21:50 raus flogen, offensichtlich weil sie das Entführungsfenster zu klein machen würden. Gegen Mittag begannen dann die ersten Vernehmungen der Zeugen. Zunächst beliebt es bei den 22:00 Uhr, eine Woche später erhöht Gerry McCann dann noch mal auf 22:13, wie schon erwähnt. Nochmal zwei Wochen später wird dann die fatale Smith-Sichtung der PJ zur Kenntnis gebracht.

Nun, soweit also der vermutliche(!) Ablauf aus Sicht der PJ-Akten. 

Was dann noch gerichtlich festgestellt werden sollte und müsste. Wozu es aber nie kam. Stattdessen sucht man jetzt erneut nach der Stützung der Version (2). Die setzt aber voraus, dass die zweimal in wesentlichen Punkten unterschiedlich abgefasste Timeline quasi zufällig und im Stress deutlich in die Zukunft verlegt wurde; das sich insbesondere Gerry, trotz einer Woche Überlegung, sogar um eine halbe Stunde in der realen Zeit getäuscht hätte; das der Einbrecher, der nach der ersten Timeline gemessen nur gute fünf Minuten für seine Tat gehabt hätte trotz der Eile keinerlei Spuren hinterlassen hätte; dass die später ermittelten DNA und der von Spürhunden ermittelte Leichengeruch ebenfalls zufallsbedingt durch unbekannte Dritte gelegt wurden; die oben drein zufällig noch zu Maddie sehr ähnliche DNA besessen hätten. Und das sind nur die größten Ungereimtheiten die wie ein dutzend weiterer Merkwürdigkeiten einer nachvollziehbaren Erklärung harren.

Nun gut, nach der Unschuldsvermutung dürfen wir, nein müssen wir annehmen, dass diese zweite Version auch noch möglich wäre. Wenn auch weniger wahrscheinlich.

Wie könnte man, als letzten entscheidenden Beleg, 
zwischen den beiden Versionen definitiv unterscheiden?

Nun, das wäre im Prinzip gar nicht so schwierig und wurde auch schon als Ansatz von der PJ verfolgt. Und, hätte natürlich auch bei den groß angelegten Öffentlichkeits-Suchen von Crimewatch und Aktenzeichen XY eine zentrale Rollen spielen müssen. Denn die Kleidung des Verdächtigen bei der Smith-Sichtung wurde recht gut beschrieben.


Die Frage ist also, was hatte Gerry McCann tatsächlich an dem Abend getragen? 

Natürlich ist die PJ dieser Frage auch nachgegangen. Aber angeblich haben die Tpas 9 keinerlei Aufnahmen an dem Abend gemacht, obwohl sie alle entsprechend Handy's bzw. Smartphones und auch Fotoapparte besaßen. Und die Einsatzkräfte am Tatort haben es versäumt bei ihrem Eintreffen erst einmal alles und Jeden zu fotografieren. Das wurde erst nach Räumung des Tatorts gemacht, wo Gerry längst nicht mehr anwesend war. In seiner späteren Vernehmungen als Tatverdächtiger behauptet er, zu diesem Punkt befragt, eine ganz andere Kleidung als wie der von den Smith's gesichteten Verdächtigen getragen zu haben. War das die Wahrheit oder nur eine weitere Lüge? War es die Wahrheit, dann ist er tatsächlich draußen aus dem Schlamassel. Hatte er doch die gesichtet Kleidung an, dann ist es allerdings zappenduster für ihn. Selbst die FindMadeleine-Campagne müsste eigentlich auch an so einem Foto zur möglichen und endgültigen Entlasstung der McCann's interessiert sein, wobei sich natürlich die Frage stellt, warum dies nie versucht wurde.

FAHNDUNGSAUFRUF

Der in den Sendungen von Crimewatch und Aktenzeichen XY peinlich vermisste Aufruf muss daher also lauten:
  • Hat irgend Jemand, sei es Tourist, Hotelmitarbeiter oder Resident oder sonst wer, zufällig ein Foto zwischen ca. 20:30 und 22:30 am 3. Mai 2007 an oder in der Nähe der Ferienanlage in Praia da Luz gemacht, auf dem, eventuell nur im Hintergrund eine Person erkennbar ist, bei der es sich um Gerry McCann handeln könnte?
  • Es sind dabei auch Fotos von Interesse, die nicht direkt an der Ferienanlage, sondern auch im westlich davon gelegenen Teil gemacht wurden.
  • Insbesondere auch solche, wo möglicherweise im Hintergrund ein unverdächtig erscheinender Jogger zu sehen ist, der in diesen Straßen unterwegs war und keineswegs ein Kind tragen muss.
  • Im westlichen Bereich befinden sich auch einige Bars, an denen der suchende(?) Gerry McCann und/oder der (abhängig oder unabhängige?) Tatverdächtige vermutlich vorbei musste.
  • Insbesondere auf Blitzlichtaufnahmen könnte Gerry McCann, und/oder der Verdächtige, im Hintergrund des Bildes vorhanden sein, ohne dass man das auf den ersten Blick hin erkennen könnte. Durch digitale Bildbearbeitung lässt sich häufig jedoch der Hintergrund soweit aufhellen, dass die zufällig mit fotografierte Person wieder erkennbar wird.
  • Dies gilt für alle digitalen Aufnahmen von Kameras oder Videogeräten. Ebenso gilt dies auch für alle klassischen Aufnahmen auf Chemiefilmen. Bei diesen muss lediglich ein guter Scan vom Negativ oder auch nur von einem noch vorhandenen Abzug gefertigt werden.
  • Sollten sie um die Zeit in Praia da Luz gewesen sein und Fotos oder Videos gefertigt haben, so gehen sie diese Aufnahmen noch einmal kritisch nach einem möglichen Beleg durch.
  • Sollten sie etwas finden, dann melden Sie das der örtlichen Polizei.
  • Geben sie niemals Originale aus der Hand (Negative) sondern immer nur Kopien. Sollte die ausgewiesene(!) Polizei das Original rechtmäßig zur forensischen Untersuchung fordern, so behalten sie trotzdem immer noch eine gute Kopie. Es besteht sonst immer die Gefahr einem der vielen in den Fall eingeschalteten privaten Detekteien auf den Leim zu gehen.
  • Besonders digitale Bilder enthalten einen Zeitstempel. Bei der Suche in ihrem Material beachten Sie bitte, ob ihr Aufnahmegerät die richtige Ortszeit eingestellt hatte. Sonst steht da ggf. eine andere Zeit, etwa die Deutsche, die dann eine Stunde später als tatsächlich vor Ort anzeigen würde.
  • Bei der ersten Beurteilung und digitalen Bildverarbeitungen eines Fotos/Video kann auch ich ihnen helfen, sofern Sie mir nur eine digitale Kopie z.b. per Email zukommen lassen.
  • Belohnung: Ob sie die offerierten 20.000 Pfund dafür bekommen die Scotland Yard ausgesetzt hat, ist zwar wegen der Ausrichtung der Operation Grange ein wenig zweifelhaft. Aber wenn es zur Klärung des Falles führt, ist es trotzdem durchaus möglich und für Sie ggf. sogar rechtlich durchsetzbar.
Die möglichen Bewegungsprofile von Gerry McCann am Abend des 3.ten Mai 2007 im Rahmen der Erstsuche. Der rote Pfeil bezeichnet den Weg vom Apartment 5A bisd zur Stelle der Smith-Sichtung um ca. 22:00 Uhr. Der Rückweg kann über etliche Wege, selbst über die Hauptstraße erfolgt sein.  Der blaue Pfeil ist der Weg von der Tapas Bar zum Veranda-Eingang von Apartment 5A. Interessant sind alle Fotos von ca. 20:30 bis ca. 22:30 aus dem gesamten Bildbereich, auf dem eventuell Gerry McCann sichtbar ist. Ein solches Foto könnte sowohl der endgültigen Belastung als auch der endgültigen Entlastung der McCann's dienlich sein. (Bild: Googleearth, historisches Luftbildmaterial von 2007)
Also, schaunmermal. Egal wie der Fall ausgeht, ein besonderer Punkt des Falles will ich in einem zukünftigen Artikel aber noch weiter beleuchten: Nämlich wie kommt das enorm Durchsetzungskräftige Beziehungsgeflecht in finanzieller, medialer und politischer Dimension zustande, das hinter der FindMadeleine-Kampagne der McCann's steht? Denn das ist, ganz abseits der eigentlichen Schuldfrage, eine wirklich höchst interessante Geschichte für sich.


P.S.:  Unter diesem ->Link ist ein Wiki zum Thema eingerichtet.



Sonntag, 3. November 2013

WWIII - Israel und der Iran – war da was?

Gehen wir in Gedanken mal nur ein Jahr zurück. Israel stand kurz vor dem scheinbar fest geplanten Angriff auf den Iran. Die USA saßen, mehr unfreiwillig aber immerhin, noch mit im Boot. Netanjahu hatte eine Neuwahl herbei geführt, von der er sich eine stabilere Pro-Kriegs Koalition erhoffte. Anfang 2013 kam da die erste Ernüchterung: Die neu gewählte Koalition die er mühsm noch zusammen zimmern konnte, war noch weniger auf seiner Linie eingeschworen, als die alte. Und der Syrienkrieg eskalierte immer weiter, während die USA in atemberaubenden Tempo wirtschaftlich, militärisch und moralisch abbauten. Da waren die in der Zwischenzeit zweimal notwendig gewordenen Schuldengrenzenerhöhungen und dem damit verbundenen Nerven zerrenden politischen Streit, der vor kurzem sogar in einen zeitweiligen Shutdown der USA gipfelte.


Da war das Gasdebakel mit Syrien, wo die bereits aufmarschierte US-Flotte wieder den Rückzug antrat, nachdem Obama nicht in der Lage war eine ihm zustehende schnelle Entscheidung zu treffen, sondern schwächelte und diplomatisch die Schlacht gegen den inzwischen mächtigsten Mann der Welt, Vladimir Putin, verlor. Auch das Desaster von Detroit gehört in diese Reihe, denn hier kollabierte eine US Großstadt unter dem Druck der Schulden, insbesondere unter den Pensionslasten der Angestellten und Beamten der Stadt. Ein Grundproblem, dass mit Detroit gerade mal den Anfang eines gewaltigen finanziellen und sozialen Kollapses markiert. Auch die Diskussion um das Fracking, dass die USA angeblich von nahöstlichem Öl unabhängig machen soll, trägt nicht unbedingt zur Bündnistreue der Staaten bei.

Und dann noch der Iran selbst: Mit der Wahl, ebenfalls in 2013, eines neuen moderat daher kommenden Präsidenten, ging die Wortführerschaft im Israel-Iran-Konflikt auf die Perser über, während der nach wie vor aggressiv auftretende Netanjahu selbst im weißen Haus kaum noch jemanden findet, der gerne mit ihm über diplomatische Höflichkeit hinaus gehende Gespräche führen würde. Stattdessen ist der Iran bei den US-Diplomaten vom Paria zum möglicherweise zukünftigen und strategisch wichtigeren Partner aufgestiegen. Sei es bei Atomgesprächen oder bei sonstigen wirtschaftlichen, militärischen und diplomatischen Diskussionen um die Zukunft in Nahost, der Iran nimmt an Gewicht zu und Israel gerät zunehmend in die Situation eines Staates auf der Abwicklungsliste der Weltpolitik. Man könnte es mit Liebesentzug in einer endenden, zunehmend zerstrittenen, Beziehung vergleichen, „..wir hatten gemeinsam eine schöne Zeit, wir müssen in Zukunft aber getrennte Wege gehen. Lass uns einfach Freunde bleiben....“. Nun, wir kennen alle das Problem mit dem „Freunde bleiben“. Die Wahrheit ist in der Regel „such Dir neue Freunde oder kauf dir einen Hund. Ich bin jedenfalls dann mal weg!“.

Während gerade mal vor einem Jahr der Shootout im Nahen Osten nur eine Frage von wenigen Wochen sollte, scheint er jetzt in weiter Ferne zu liegen. Nun ja, wir mögen uns darüber freuen, aber je nachdem, könnte uns das Lächeln noch leicht im Gesicht erfrieren. Denn aus Sicht der Falken in Tel Aviv ist die Sache längst noch nicht vom Tisch, im Gegenteil macht die für Israels Strategen sehr ungünstige Entwicklung des verflossenen Jahres den Shootout sogar noch dringlicher. Und viel schwieriger, und das wird von Tag zu Tag problematischer. Denn die Zeit spielt klar gegen Netanjahu, und man muss es auch aussprechen, gegen den Staat Israel und seine Existenz.

Und die Zeit agiert gleich auf mehreren Schlachtfeldern gegen Israel. 

Da ist einmal natürlich die Zeit die der Iran noch braucht um sein mutmaßlich militärisches Atomprogramm zu einer oder mehreren Einsatzfähiger Atombomben zu führen. Niemand weiß so genau, wie weit der Iran damit schon ist. So oder so, für uns hier in Europa oder gar in den USA, spielt es keine nennenswerte Rolle, ob in Zukunft mit dem Iran möglicherweise eine zusätzliche offizielle oder halboffizielle neue Nuklearmacht auf dem Planeten existiert. Unmittelbar bedrohen können und werden uns iranische Atomwaffen nicht, denn abgesehen von der Frage ob der Iran überhaupt erfolgreich einen Sprengkopf nach Europa schießen könnte, es wäre ja nur Selbstmord ohne militärischen Sinn. Die Bedrohung ist für weit entfernt und nur sehr mittelbar, für Israel dagegen sehr direkt: sie besteht darin, dass die lokale Vormachtstellung Israels im Nahen Osten grundsätzlich unterminiert wird. Die ständige latente Atomdrohung Israels gegen seine Nachbarn würde obsolet werden, die Drohung beschränkt auf die klassischen militärischen Fähigkeiten der IDF beschränkt bleiben. Die ist zwar auch alles andere als gering, hängt aber sowohl am Gelde wie auch an der unverrückbaren Rückenstärkung durch die EU und der USA. Die autarke Atomdrohung Israels als Backup für den schlimmsten Fall aber wäre ade: Denn schon ein oder zwei atomare Detonationen würden das kleine Israel praktisch unbewohnbar machen. Israel dagegen hat schon wenig genug Freunde in der Welt, es kann sich auch nicht leisten seine Atombomben überall runter regnen zu lassen, es wäre ebenfalls militärisch-politischer Selbstmord. Das der Iran diplomatisch inzwischen wieder gut gelitten ist in der westlichen Welt, ist aus israelischer Sicht daher pures Gift und verschafft den atomaren Aktivitäten Irans die nötige Ruhe und Zeit voran zu kommen. Da helfen dann auch nicht die regelmäßigen Mordanschläge auf iranische Wissenschaftler und Anlagen weiter.

Bank of Israel - Bildquelle: wikipedia, Ester Inbar
Das zweite Schlachtfeld der Zeit sind die Finanzen: Nicht nur die USA bauen weiter ab, alle drei Monate drucken sich die Amerikaner so viel neue ungedeckte Dollar, als es das gesamte jährliche BIP der Israelis ausmacht. In Israel sieht das kein bisschen besser aus, die Finanzen sind dort schon aufgrund der geringen Größe des Landes und der fehlenden Autarkie traditionell desolat, die letzte Währungsreform von 1986 liegt da nicht so weit zurück. Das Investmentunwesen treibt, den USA gleich, in Israel seine stärksten Blüten: „Israel has over 100 active funds operating throughout the country ...In 2004, international foreign funds from various nations around the world committed over 50% of the total dollars invested ….Israel's venture capital sector has rapidly developed from the early 1990s, and has about 70 active venture capital funds (VC)....In 2008, venture capital investment in Israel, rose 19 percent to $1.9 billion. Between 1991 and 2000, Israel's annual venture-capital outlays, nearly all private, rose nearly 60-fold, from $58 million to $3.3 billion; companies launched by Israeli venture funds rose from 100 to 800;... By 1999, Israel ranked second only to the United States in invested private-equity capital as a share of GDP.....In addition to venture capital funds, many of the worlds leading investment banks, pension funds, and insurance companies have a strong presence in Israel to financially back Israeli high-tech firms and benefit from its burgeoning high tech sector. These companies include Goldman Sachs, Bear Stearns, Deutsche Bank, JP Morgan, Credit Swiss First Boston, Merrill Lynch, CalPERS, Ontario Teachers Pension Plan, and AIG. Israel also has a small but fast growing hedge fund industry. Within the last five years between 2007 to 2012, the number of active hedge funds have doubled to 60 while the total asset values that the funds control have quadrupled since 2006. Israel based hedge funds have registered an increase of 162% since 2006 ...The ever growing hedge fund industry in Israel is also attracting a myriad of investors from around the world, particularly from the United States.“ Es wundert wenig, dass auf beiden Seiten des Teiches genau die gleichen Kraken ihr Geschäft betreiben, das im Prinzip darin besteht, mit möglichst wenig eigener Produktivität soviel Geld wie nur geht aus einer Volkswirtschaft und seinen arbeitenden Bürgern heraus zu quetschen. Mit einem Gini-Koeffizient von knapp 40% und einer Armutsquote von 22,5% in 2012 liegt man dementsprechend weltweit gut platziert im Ranking der Renditen-Ausbeutung.

Und es wird bald wieder knallen an der Finanzfront, nicht nur jenseits der Meere, sondern auch in Israel selbst. Denn die Immobilienblase ist gerade in Israel auf absurde Rekordhöhen geklettert: „Israel holds record in rising home prices Goldman Sachs study reveals apartment prices in Israel have soared some 40% since 2009, highest rate among OECD countries.…Another troubling figure from the study relates to the ratio between apartment prices and rent in Israel, which is among the highest in OECD countries....Opposition Chairwoman Shelly Yachimovich said in response to the figures, "The dubious honor of winning the first place in the rise in housing prices in recent years joins our leadership of the poverty and inequality rankings under the OECD index. This is a serious social problem which holds far-reaching implications for the life and economic situation of many Israelis."“

Für Israels Militärstrategen läuft die Zeit also weg. 

Auch was die öffentliche Meinung hüben wie drüben angeht. Nichts kann so unpopulär sein und weiteren Hass erzeugen als ein weiterer Krieg im Nahen Osten, zumal wenn er so unnötig wie ein Magengeschwür erscheint aus Sicht der Weltöffentlichkeit, aber auch aus Sicht eines nicht unerheblichen Bevölkerungsanteils in Israel selbst. Hinzu kommen die „Friedensgespräche“ mit den Palästinensern, die durch die Siedlungspolitik der Vergangenheit und der Gegenwart faktisch von vorne herein zum Scheitern verurteilt sind. Denn das den Palästinensern nach internationalem Recht zustehende Land ist schon längst durch die Siedlungen bis zur Unkenntlichkeit zerfasert und okkupiert, Tendenz weiter steigend. Ein tragbare Friedenslösung aber würde nur möglich durch einen ganz wesentlichen Rückzug dieser radikalen Siedler aus ihren unter Verletzung des Völkerrechts entstandenen Ortschaften. Daran ist aber Realpolitisch gesehen kein Denken. Diese ultraorthodoxen militanten Siedler unterscheiden sich in ihrem Denkorgan so gut wie gar nicht von den Wahnsinnigen alla Al Kaida und Konsorten. Die IDF wird diese wenn überhaupt nur mit massiver Waffengewalt zum Rückzug bewegen können. Faktisch besteht die Innenpolitische Wahl nur zwischen Bürgerkrieg oder eben dem weiter gehen auf dem schon lange eingeschlagenen Weg der Gewalt und des exterritorialen Krieges.

Die V-22 Osprey im Einsatz
Letzter Weg aber hat als eine conditia sine qua non den Beibehalt der alleinigen Überlegenheit und der atomaren Bedrohung zur Voraussetzung, um sich vor den um das kleine Land gruppierten wenig begeisterten arabischen Regimen zu schützen. Auch dies war vor dem arabischen Frühling kein so großes Problem, denn mit käuflichen selbstgerechten Diktatoren ins Geschäft des relativen Friedens zu kommen, war nicht so schwierig. Nun aber breiten sich Bürgerbewegungen und mit diesen im Schlepptau auch islamistische Gruppen um Al Kaida wie Pilze auf dem Waldboden aus. Und die sind weit weniger leicht in den Griff zu bekommen. Inzwischen ist die einzige noch ruhige Grenze die zu Jordanien im Osten. Der Rest ist eine eingemauerte Festung Israel mit Mauern, Todesstreifen und Schießbefehl. Die weitere Existenz des Staates Israel steht daher an einem Scheideweg: Für eine grundsätzliche Änderung der Politik hin zu einer allseits verträglichen Friedenslösung besteht keine realistische Möglichkeit mehr. Die einzig mögliche Weiterführung des harten Konfrontationskurses wiederum hängt am alleinigen Besitz „der Bombe“ und an der unumstößlichen Backup-Haltung der westlichen Alliierten. Die USA zeigt gerade wieder, dass sie noch einigermaßen "auf Linie" ist mit der Lieferung von Spezialgerät für den vorgesehen Iraneinsatz der IDF: "Die USA wollen Israel sehr bald sechs Spezialflugzeuge liefern, die bei einem Angriff auf iranische Atomanlagen eine entscheidende Rolle spielen könnten. Wie die Tageszeitung "Haaretz" am Sonntag berichtete, könnte mit den Senkrechtstartern vom Typ V-22 Osprey eine Kompanie von Elitesoldaten bis weit in den Iran vordringen, ohne vom Radar erfasst zu werden und auf Landebahnen angewiesen zu sein."

Somit ist uns die Frage des Irankrieges, trotzt aller scheinbaren Ruhe, erhalten geblieben: „Der amerikanische Kasino-Milliardär Sheldon Adelson sagte bei einem Vortrag in New York, dass Verhandlungen mit dem Iran die falsche Politik seien. ...Adelson ist der größte finanzielle Einzelunterstützer der Republikaner. Er hat 92,8 Millionen Dollar für republikanische Partei-Gliederungen gespendet. Adelson ist in der Forbes-Liste auf Platz 15 der reichsten Menschen der Welt...Und Adelsons Forderung nach einem Nuklear-Schlag gegen den Iran fiel nicht ohne innenpolitischen Zusammenhang: Der frühere Verteidigungsminister Dick Cheney sagte bei George Stephanopoulus auf ABC, ein Krieg gegen den Iran sei „unvermeidlich“. Dick Cheney auf die Frage, ob ein Krieg unvermeidlich sei: „Ich habe Schwierigkeiten zu sehen, wie wir unsere Ziele ohne das erreichen werden. Ich zweifle sehr stark, dass Diplomatie zu einem Ergebnis führen wird, wenn es nicht eine Perspektive gibt, die bedeutet: Das Scheitern von Verhandlungen führt zu einer Militär-Aktion.“
Sheldon Adelson, Bildquelle wikipedia, user bectrigger
Nun, der Superreiche Adelson mag nur arrogant sein, Dick Cheney allerdings eher nicht, von Natanjahu und seinen Falken wollen wir dabei schon gar reden. Das hinter allen Kriegen letztlich eine Frage des Geldes (sprich: Verteilungsfrage) steht, wird recht hübsch durch Adelson weitere Aktivitäten karrikiert: „In Europa ist Adelson in Spanien engagiert: Er will in der Nähe von Madrid eine Kasinos-Stadt mit dem Namen „Eurovegas“ errichten. Dafür hat die Regierung [Spaniens] bereits mehrere Gesetze geändert – schließlich geht es um ein Investment von 20 Milliarden Euro. Doch das Projekt droht nun, wie das SAZ berichtet, am Rauchverbot in Spanien zu scheitern: Adelson besteht auf der Erlaubnis zum Rauchen. Die Regierung in Madrid ziert sich noch. Madrid scheint auch zu befürchten, dass die Mehrkosten für die Kasino-Stadt am spanischen Pleitestaat hängenbleiben könnten.“.

So ist es. Erstmal muss der spanische Staat das ganze Drum und Dran finanzieren. Und ein Spielcasino ist schließlich genau das, was der Spanische Bürger jetzt am dringendsten braucht, nachdem man diese aus den mit unbezahlbaren Krediten belasteten Häusern vertrieben hat. Warum ein Investor und Banker wie Adelson nun ausgerechnet ein gigantisches Casino betreiben möchte? Nun es ist noch besser als eine Investmentbank, die nach dem gleichen Grundprinzip arbeitet. Allerdings mit einem deutlich höheren Risiko für die Investmentbank, sofern sie es nicht schafft als „System relevant“ zu gelten. Bei einer Spielbank ist das viel einfacher. Diejenigen, die zur Spielbank kommen, hoffen und glauben zumeist, dass sie ihren Einsatz vervielfachen können und das Casino als Gewinner verlassen. Einige schaffen das tatsächlich, die Meisten natürlich nicht. Während im Falle einer Investmentbank die geleimten Kunden mit dem Rechtsanwalt drohen, ist hier der Gewinn für die Spielbank garantiert. Der geleimte Kunde kommt in aller Regel sogar wieder, um weiter sein sauer verdientes Geld (oder auch das sauer ergaunerte Geld, das Andere für ihn sauer verdienen mussten) erneut in die Plastikchips der Spielbank zu wechseln: Einmal „muss“ es ja klappen, nicht wahr? Was in jedem Fall klappt, ist der Gewinn des Spielbankbesitzers, den er aus der betroffenen Gesellschaft, ohne wesentliche eigene Produktivität , heraus pumpen kann.

Israel produziert ein jährliches Defizit von rund 8 Milliarden Dollar, die irgendjemand auffangen muss. Die ungerechte kapitalistisch bedingte Verteilung der Einkommen und Steuerlasten führt schon zu Engpässen beim wichtigsten Überlebensgarant, der IDF(israel defence forces): „Finance Minister Yair Lapid said Thursday that Israel can't afford to give the army the budget it wants. "We need to address the crises that cost money and the army has to pull its weight," Lapid said in a special interview with Ynet. "An entire generation is collapsing, who will enlist in 10 years if we don't deal with Israel's lost generation? Security is as important to me as it is for them (defense officials) but my job is to look at the bigger picture, to see the housing crisis, the middle class. "“

So ist es mit einer gescheiterten Beziehung: 
„...such Dir neue Freunde oder kauf dir einen Hund!“. 

Nun der Hund (IDF) und sein Futter werden für Israel zunehmend zu teuer, bleiben nur noch neue Freunde als Möglichkeit für eine weitere Zukunft. Wenn Israel eine Chance haben will, seine Hundertjahrfeier in 2048 noch zu erleben, dann muss es sich jetzt ganz schnell neue und potente Freunde im Osten suchen, bei Russland und China etwa, die den Job des Backups und Defizitspenders übernehmen. Allerdings sind deren Interesse wirtschaftlich-militärisch orientiert und sie haben keinen moralischen Hintergrund aus ihrer Historie in die Waagschale zu werfen. Was die Attraktivität der gebotenen Braut schmälert. Wie dem auch sei, der zur Zeit noch eingeschlagene Weg dagegen führt für Israel unaufhaltsam in die Katastrophe des Untergangs. Da beißt die Maus keinen Faden ab.