Dienstag, 22. April 2014

Wer bietet mehr Weniger – Rente mit 65, 70, 80, 90?

Oster-Eier sind ja dafür verschrien, dass sie angeblich aufgrund ihres Colesteringehaltes die Hirnarterien verstopfen. Ich weiß nicht ob die Heroen der heutigen Leitartikel zu viel davon genossen haben. Es wäre immerhin keine Schande wenn man nur etwas krank ist. Oder dumm oder dreist oder beides, wo bei ich nicht so sicher bin ob das irgendwie moralisch zu verdammen wäre. Das das EU-Parlament und seine Bürokraten nun auffällig oft seltsame Vorschläge macht, sei es Glühbirnenverbote, Staubsauger entkräften oder Kaffemaschinen-Automat-nach-5-Minuten-Abstellungs-Maschinen zu entwerfen, was ja damit zu entschuldigen ist, dass das Parlament gegenüber der nicht direkt gewählten EU-Kommission ehedem nichts zu sagen hat und man daher diesen Königen eben die richtig große Politik überlassen muss.

EU-Kommissar Oettinger und Ökonomen plädieren für Rente mit 70


Aber manchmal dürfen die unteren EU-Sprachrohre, selbst wenn sie völlig fachfremd sind, wenigstens die Steilvorlagen für die richtiggroße Politik liefern: „Schwarz-Rot führt die Rente mit 63 ein. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hält die Pläne aber für einen schweren Fehler. Er will das Renteneintrittsalter deutlich erhöhen. ...Ökonomen unterstützen Oettingers Forderung. "Es ist richtig, dass sich EU-Kommissar Oettinger die Forderung nach einem allgemeinen Renteneintritt ab 70 zu eigen gemacht hat", sagt Klaus Zimmermann, Chef des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). "Mit der Rentenparty, die die deutsche Bundesregierung gerade auf Kosten der jungen Generation vorbereitet, gibt Deutschland in Europa seinen Anspruch auf Führung in rentenpolitischen Zukunftsfragen auf." …."Durch die steigende Lebenserwartung und die demografische Wende ist die Frage der Rente mit 70 unausweichlich", meint auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Wegen der Alterung der Gesellschaft müsste die heute jüngere Generation in Deutschland entweder später als mit 67 in Rente gehen können, höhere Beiträge zahlen oder eine geringere Rente erhalten.... In die gleiche Kerbe schlägt auch Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln). "Das Problem der Fachkräftesicherung bei Gesundheit, Bildung, und mathematischen und ingenieurwissenschaftlichen Berufen kann nur gelöst werden, wenn das Rentenzugangsalter steigt", sagt Hüther. Zuwanderung, ein niedrigeres Berufseinstiegsalter und eine geringere Teilzeitquote allein würden nicht reichen.“


Immerhin gibt es, ohne auch nur Ansatzweise den Kern der Sache zu treffen, ein bisschen contra: „...SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte.."Herr Oettinger wäre gut beraten, sich auf die wichtigen energiepolitischen Fragen Europas zu konzentrieren, damit hat er wahrlich genug zu tun." Die wirtschaftspolitische Führungsrolle Deutschlands in Europa könne nicht darin bestehen, permanent über ein höheres Renteneintrittsalter zu reden. "Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen länger arbeiten können", sagte Fahimi. .....Gewerkschaften halten zudem das Argument vieler Ökonomen, dass ein höheres Renteneintrittsalter wegen der demografischen Entwicklung unumgänglich sei, für nicht stichhaltig: Sie argumentieren, das Rentensystem könne trotz der Alterung der Gesellschaft finanziert werden, weil die Produktivität der Arbeitnehmer steige – und sie deshalb in der Lage seien, mehr Rentner finanzieren zu können.“

Aber auch diese Einwände sind nicht zielführend: Denn erstens ist die SPD Behauptung man müsse nur die „Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen länger arbeiten können“ ein schlechter Witz, wenn man bedenkt dass Arbeitssuchende über 58 Jahren gar nicht mehr offiziell gezählt werden, da sie, seltsam dreiste Logik, nicht mehr vermittelbar seien. Das Argument der Gewerkschaft klingt schon ein bisschen besser,ist es aber auch nicht: Ein Blick in die Statistiken würde genügen um zu sehen, dass der Produktivitätsgewinn seit Jahrzehnten nicht mehr weitergereicht wird. Während die Produktivität seit Mitte der 90er Jahren um mehr als 20% gestiegen ist, ist die Bruttolohnsumme in Relation zum BIP aber gesunken. Anders gesagt, bei einer Lohnsumme die in der BRD etwas mehr als 1500 Mrd. Euro pro Jahr beträgt, werden also inzwischen mindestens rund 300 Mrd.€ pro(!) Jahr den Arbeitnehmern vorenthalten und von wenigen Händen einkassiert. Da liegt dass Problem der fehlenden Renten: Dass man nicht da kassiert, wo der Gewinn ist, sondern da wo man meint sowieso alle Probleme und Lasten abladen zu müssen. Das hat erstaunlicherweise noch nicht einmal die Gewerkschaft begriffen.

Nun,um es ohne Umschweife zu sagen: Es gibt und gab auch in den letzten Jahrzehnten, nie irgendeinen zwingenden Grund dafür die Rentenbeiträge zu erhöhen, noch die Rentenbezüge zu erniedrigen, noch das Renteneintrittsalter in die Höhe zu schrauben.

Wieso? Ganz simpel: Das BIP in der BRD ist seit jeher ständig inflationsbereinigt pro(!) Kopf gestiegen. Praktisch jedes Jahr, vom Baby bis zum Greis, ungeachtet des Standes und ob mit oder ohne Arbeit. Aber die Lohnsumme anteilig am BIP, ja diese ist immer weiter gefallen. Irgendwelche Netto-Lohnerhöhungen, so es sie denn überhaupt gibt, ändern daran wiederum nichts weil sie immer weniger trifft, weil die explodierte Produktivität weniger Kräfte benötigt. Der Produktivitätsgewinn aber wird von Unternehmen und Banken einkassiert und inzwischen im Volkswirtschaftlichen Durchschnitt kein bisschen mehr weiter gegeben.

Es ist der Produktivitätsgewinn durch zunehmende Mechanisierung und Digitalisierung, den man gründlich abschöpfen müsste, um dass vehement zunehmende Verteilungsproblem zu entkräften. Solang man aber Steuern und Abgaben aller Art fast ausschließlich aus Lohn und Verbrauchssteuer kassiert, ist das Problem nur dadurch „behebbar“ dass man die Renten immer weiter kürzt bis am Ende zwar die höher gewordenen Beiträge immer noch existieren, die Auszahlungssumme aber lächerlich wird. Und die berühmte Alterspyramide spielt dabei überhaupt keine Rolle solange das BIP nicht kleiner wird! Es ist ein reines Scheinargument um vom eigentlichen Problem, das ein pures Verteilungsproblem ist, abzulenken. Das ist in der Tat nun dreist oder dumm oder beides. Dumm wenn man es nicht sehen kann oder will, dreist wenn man darum weiß und nicht vehement darauf hinweist.

Aber vielleicht sollte man die Dinge besser in einer einfachen Parabel erläutern (Die folgende Geschichte ist natürlich frei erfunden. Irgendwelche Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und im schlimmsten Falle unvermeidlich):

Das Märchen vom dreisten Bauern, der Dreschmaschine und dem saublöden Öding


Stellen Sie sich vor, sie leben wie früher auf einem Bauernhof. Na ja, das war früher anders als heute, da lebten drei Generationen einträchtig zusammen und erarbeiteten gemeinsam ihre Lebensgrundlage. Nun, sagen wir da sind nun neben dem Bauern noch 12 Leute und die arbeiten und ackern tagtäglich mit ihren Händen und das Ergebnis wird am Ende einträglich verteilt. Die die noch nicht oder auch nicht mehr arbeiten können, werden natürlich mit versorgt. Ehrensache und Anstand nannte man das. Und alle sind auch satt und recht zufrieden.


Nun kommt der Bauer auf die naheliegende Idee, einen Trecker anzuschaffen. Damit wäre nun, sagt er, mehr zu erzeugen und man müsste sich auch weniger die Hände schmutzig und den Buckel krumm machen. Gesagt, getan. Das mit dem Trecker funktioniert prima, der Hof wirft tatsächlich 20% mehr ab. Was nun mit dem, neudeutsch: Produktivitätsgewinn, anfangen? Nun, es könnten einfach alle 20% weniger arbeiten, bei gleichem Wohlstand. Oder alle arbeiten genauso viel wie vorher bei einem fünftel mehr Wohlstand, einschließlich der kleinen und Alten natürlich. Alle wären so oder so 20% besser dran.

Das ist dem Bauer aber gar nicht recht, denn schließlich hatte er ja diese Superidee, und er setzt im Familienrat, wo er zufälligerweise natürlich auch noch den Vorsitz hat, sein viel schlaueres Wirtschafts-Modell durch: "Nun 20% von zwölf, äh, das sind ja genau 2,4 Personen. Also wir machen dass ganz einfach: Erstmal brauchen wir 2 Arbeitskräfte weniger, schmeißen wir also die beiden Schwächsten raus, die liegen uns sowieso nur auf der Tasche. Mit der halben Portion von 0,4 Arbeiter kann ich eh nichts anfangen, da gebe ich euch allen eine Lohnerhöhung, äh natürlich nur den 10 übrigen, von 0,4/10, mhm, dass sind satte 4% Lohnerhöhung, was meint ihr!".  "Super" schreien alle, außer natürlich die beiden Gelackmeierten, aber die sind eh zu schwach und nicht mehr in der Lage laut genug zu jammern. Aber immerhin, der Bauer hat natürlich ein großes Herz: "Nun ja für die zwei da müssen wir auch noch was tun, also sagen wir die Hälfte von den 4% die gebt ihr alle als Umlage für die beiden da hinten ab, dass nennen wir jetzt einfach mal Rente. O.k. 2% mal 10 gibt wieder 20% eines Lohnes, also kriegen die beiden jetzt ein Rentenniveau von satten 10% fürs glatte Nichtstun! Wenn das nun keine Großzügigkeit ist!". "Super" sagen wieder alle, was für einen genialen und großartigen Bauern wir doch da haben!

Dasselbe passiert dann im nächsten Jahr, der Bauer hat eine Mähmaschine gekauft, wieder 2 Arbeiter weg, nun haben wir schon 40% mehr Produktion, aber 4 Rentner, oder Arbeitslose dass klingt besser, zumindest wenn man die schlaue Verteilungsgerechtigkeit des dreisten Bäuerleins rechtfertigen will. Also dann noch 8 Arbeiter und eben das Bäuerlein. Die 8 Arbeiter verdienen nun insgesamt etwa 4% mehr und sind überglücklich. Der Bauer aber kassiert nun rund 90% des Zugewinns und die vier Gelackmeierten, na eben Arbeitslose oder Rentner wenn sie denn so wollen, die sind bei 14% ihres alten Niveaus angelangt. Jawohl, 14% und nicht 10, denn der Hof wirft ja tatsächlich nun weit mehr ab, sein BIP ist auf 140% geklettert. Und schön, nein wirklich genial, für das schlaue Bäuerlein: für den Unterhalt der jetzt 4 Arbeitslosen kommt nicht er, der ja den absoluten Löwenanteil des Gewinnes einkassiert hat, auf, sondern die acht Deppen die noch Arbeit haben berappen dass jetzt! Genau die, die sich gerade diebisch über ihre paar lumpigen Prozentchen freuen. Und von nun an bei jedwedem finanziellen Problem im Laden auf die angeblich faulen Arbeitslosen oder völlig unnützen Rentner rumhacken.

Was das Bäuerchen umso mehr freut, denn jetzt kann er auch noch eine Dreschmaschine durchsetzen. Das Bäuerchen hat es natürlich jetzt nicht mehr nötig sich einfach nur „Der Bauer“ zu nennen, sondern er nennt sich jetzt „Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Bäuerchen zur Zukunft der Arbeit und Wirtschaftsforschung“. Und er muss sich auch nicht mehr selbst erblöden, sondern kann es sich leisten einen der vier "Taugenichste" auszuwählen um die frohe Kunde zu verbreiten. Er wählt den dümmsten, den Öding, der ist mal in den Jaucheteich gefallen und seitdem ein bisschen pflegebedürftig, aber ansonsten immer fromm und ganz, ganz lieb gewesen. Der darf nun den Schmäh vortragen. Die Begründung ist seinem Volke, ja Familie war einmal, nun ganz einfach beizubringen: Da ja die Kosten für die Arbeitslosen nun so sehr auf den Untertanen drücken würden, könne nur eine weitere Produktionssteigerung, ja weiteres Wachstum, helfen! Natürlich hat er nicht vor den schönen Gewinn gleichmäßig zu verteilen, so blöd ist er ja nun wirklich nicht.



Die Dreschmaschine bringt also auch wieder ihre 20% BIP Zuwachs, die er sich in die Tasche steckt, abzüglich ein bisschen Lohnerhöhung für die nun nur noch 6 Arbeiter die jetzt für die Versorgung von 2 weiteren Rentnern/Arbeitslose aufkommen müssen. Also 6 für 6? Das geht doch nicht meint da der Öding, und rechnet den verblüfften Restarbeitern vor, dass um diese Lasten zu stemmen, da die faule Rentner ja auch einfach nicht schnell genug sterben wollen, doch von nun an länger zu arbeiten und obendrein noch etwas mehr von ihrem Lohn für die da unten zurück zu legen. Die 6 Arbeiter rechnen nach so gut sie können, und das war ja noch nie allzu viel, und kommen zu dem absolut überzeugenden Ergebnis das der Öding wohl oder übel recht haben müsse.

Da holt der Bauer, Verzeihung Direktor, den Öding in einer stillen Stunde bei einer Flasche Bier zu sich und lobt: Also Öding, du bist ja wirklich ein dreistes kleines Arschloch mein Volk so sauber über den Tisch zu ziehen, supi, dass hätte ich dir ja gar nicht zu getraut! Nein sagt der Öding, "ich bin sogar ein saudummes dreistes asoziales Arschloch, weil ich nicht nur fromm bin sondern das Ganze sogar erzählt habe ohne es zu durchschauen und Dir nur in deinen fetten Arsch kriechen wollte.". "Und deswegen passen wir beide so gut zu einander", meinte der Bauer da! Und so wurden die beiden ein glückliches und immer reicheres und reicheres Paar.

Aber selbst das Volk war total zufrieden mit den immer gleichen, so schön unwiderlegbaren, Rechnungen die ihnen ihr Chefökonom Öding und die zunehmend vielen Bäuerchenvertreter auftischten. Und weil die so schlau sind und ihnen auch immer gleich die beruhigende Lösung auf die eigene Lohnrechnung präsentieren können, wählten sie diese auch noch in sämtliche Parlamente, auf dass die Erkenntnis des Wachstumszwanges auch niemals in Zweifel gezogen würde: So wie die Oma mit ihren 95 Jahren, die statt dankbar über ihre Rente fürs Nichtstun zu sein, in ihrer Umnachtung ständig davon faselte, dass das Ganze doch nur ein einfaches Verteilungsproblem wäre. Schließlich könne man ein ständig steigendes BIP doch nicht für Sparzwänge bei den kleinen Leuten haftbar machen, man könne doch einfach gerecht verteilen indem man genau bei denen kassiert, die den ganzen Produktivitätsgewinn eingesackt haben. Ach wie dumm und verbohrt doch alte Menschen sein können. Da musste das ganze Volk nun wirklich den Kopf schütteln.

Aber der Bauer wurde nervös und fragte den Öding, ob man dem Volke denn den selben Mist immer wieder erzählen könne, schließlich wäre er mit seinem Hof ja irgendwann am Boden der Jauchegrube angelangt. Kein Problem meinte da der manchmal gar nicht so saublöde Öding, "dann machen wir einfach alle Zäune um den Hof auf!". "Jetzt bist du aber wahnsinnig" meinte der Bauer zunächst, aber der gar nicht so blöde Öding fuhr fort: "Iwo, wir machen mit den anderen Bäuerlein, die noch nicht soweit sind, genau denselben Mist, also Wachstum, und kassieren das nochmal ganz groß ab, gell.". "SUPI", fand der Bauer, und "da können wir noch ganz andere Ausreden finden, denn Zäune die einmal offen sind die kann man ja gerechterweise nicht wieder zu machen. Das werden auch unsere Völker anerkennen müssen, denn die können ja rechnen!". "Und auf die Oma hört dann auch keiner mehr", fügte der Bauer flugs hinzu. Jaja, und da brüllten und bogen sich die beiden vor Lachen dass es weithin erschall und die Tränen des Glücks nur so flossen.

Und so wurden das Bäuerchen und der Öding noch viel glücklicher, gründeten das Weltbäuerlein Forum in Dawosvielmistgibt, in den schönen Bergen bei den sieben reichen Zwergen, wo sie sich nun jedes Jahr mit allen Bäuerlein und ihren Ödings trafen um neue bunte Supi-Ideen auszubrüten. 

Und wenn Sie inzwischen nicht gestorben sind, dann öden sie heute immer noch!



P.S.: Wer das kleine Beispiel konkret gerechnet sehen möchte, dafür habe ich eine kleine Excell-Tabelle angefertigt. Nach drei Runden steigern die Arbeiter tatsächlich ihren Lohn um "satte" 6,12% der schlaue Bauer dagegen um 695%. Hätte man das alte Verteilungsmodell beibehalten dann hätten alle(!) inklusive der Rentner und Arbeitslosen dagegen 60% mehr. In der kleinen Tabelle sieht man auch sehr schön was eine "Alterspyramide" ist und dass sie rein gar nichts mit der Rentenproblematik zu tun hat. Wer will kann ruhig realistischere Daten setzen, so etwa mehr als die jeweils 4%/2=2%-Umlage usw. Viel Vergnügen.